Mietrecht

Bundesgerichtshof stärkt Mieter bei Eigennutzung zu beruflichen Zwecken

Der Bundesgerichtshof urteilte am 29. März über den sog. Berufs- oder Geschäftsbedarf (Az. VIII ZR 45/16). Dabei ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kündigung eines Mieters aufgrund der Eigennutzung zu beruflichen Zwecken möglich ist. Der BGH hat dabei die Räumungsklage gegen einen langjährigen Mieter einer Zweizimmerwohnung abgewiesen und so den Mieterschutz gestärkt.

Der Fall

Der Beklagte ist seit 1977 Mieter einer Zweizimmerwohnung in Berlin. Die klagende Vermieterin wollte die 27 qm große Wohnung des Mieters an ihren Ehemann zum Zwecke der Aktenlagerung für seine im selben Haus befindliche Beratungsfirma vergeben. Der Kündigungsgrund wäre demnach die berufliche bzw. gewerbliche Nutzung der Räume. Die Vorinstanzen haben das Vorliegen eines Kündigungsgrunds zunächst bejaht, da die angestrebte berufliche Nutzung der Räume durch den Ehemann ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB darstelle. Die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage der Vermieterin wurde jedoch jeweils mit Verweis auf das in Berlin gültige Zweckentfremdungsverbot abgewiesen.

Die Entscheidung

Im Gegensatz zu den Entscheidungen der Vorinstanzen spielte das Zweckentfremdungsverbot im Urteil des BGH keine Rolle mehr. Entscheidungsrelevant war vielmehr die Einordnung des Sachverhalts zwischen der Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB und der Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der VIII. Zivilsenat des BGH entschied, dass die Kündigung des Vermieters allein aus dem Grund, dass der Ehepartner die Räume geschäftlich nutzen will, eine größere Nähe zur Verwertungskündigung aufweist. Demnach müsste der Fortbestand des Mietverhältnisses für den Vermieter einen gewichtigen Nachteil darstellen. Ein solcher Nachteil entsteht beispielsweise, wenn durch den Fortbestand des Mietverhältnisses eine wirtschaftliche und rentable Durchführung der geschäftlichen Tätigkeit gefährdet ist oder die Lebensgestaltung beeinträchtigt wird.

Im vorliegenden Fall sollte die Zweizimmerwohnung des langjährigen Mieters für die Lagerung des bis zu 30 Jahre zurückreichenden Aktenbestands genutzt werden. Ein berechtigtes Interesse der Vermieterin oder ein andernfalls entstehender Nachteil von einigem Gewicht besteht aus Sicht des Gerichts somit nicht. Die Lagerung der Akten in einer anderen, etwas entfernter gelegenen Räumlichkeit, stellt für die Klägerin auch keinen erheblichen Nachteil dar, so die BGH-Richter.

Konsequenzen

Der BGH stoppt mit diesem Urteil die grundsätzliche Praxis, wonach der Eigenbedarf an Büro- und Geschäftsräumen einen legitimen Kündigungsgrund darstellt. Vielmehr haben die Gerichte nun stets im Einzelfall festzustellen, ob ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht.