Der Fall
Im konkreten Fall verklagte der Mieter die Vermieterin seiner Wohnung auf Auskunft nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) über einen Mitbewohner, der sich bei ihr über ihn beschwert haben soll. Ende Juli 2019 hatte ihm die Vermieterin mitgeteilt, dass sie Beschwerden über starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus bekommen habe und eine Begehung der Wohnung durchführe wolle. Nachdem die Wohnung verwahrlost vorgefunden wurde, forderte die Vermieterin ihn auf, diese zu reinigen und zu entrümpeln. Dieser Bitte kam der Mieter sofort nach. Daraufhin wollte er Auskunft darüber, wer seiner Mitmieter sich über ihn beschwert hatte. Ob die behaupteten Geruchsbelästigungen und Ungezieferbefall im Treppenhaus tatsächlich vorlagen, blieb vor Gericht offen. Der Mieter berief sich auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Mit dem Verweis auf die datenschutzrechtlichen Interessen des Hinweisgebers verweigerte der Vermieter jedoch diese Auskunft. Außerdem bestehe die Befürchtung, dass Missstände in einem Mietshaus nicht mehr mitgeteilt würden, wenn Hinweisgeber mit Offenlegung rechnen müssten. Beide Vorinstanzen folgten der Einschätzung des Vermieters und verneinten einen Auskunftsanspruch des Mieters.
Die Entscheidung
Die eingelegte Revision des Mieters hatte Erfolg. Nach Einschätzung des VI. Zivilsenats des BGH könne bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen die Vermieterin nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 DSGVO gegenüber ihrem Mieter auskunftspflichtig sein. Denn die Berufungsinstanz hatte ausdrücklich offen gelassen, ob die von der Vermieterin verarbeitete Behauptung des Hinweisgebers über starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus tatsächlich der Richtigkeit entsprach. Laut BGH spiele dieser Umstand in der Abwägung der Interessen eine erhebliche Rolle: Im Fall einer unrichtigen Behauptung sei nicht davon auszugehen, dass durch die vom Mieter verlangte Auskunft über die Herkunft der von der Vermieterin verarbeiteten personenbezogenen Daten die Rechte und Freiheiten des Hinweisgebers beeinträchtigen würde. Denn die Offenlegung von dessen Identität durch die Eigentümerin des Mietshauses als Verantwortliche wäre dann, auch wenn der Hinweis gebende Mitmieter in diese nicht eingewilligt haben sollte, nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO rechtmäßig. Entsprechend der Ausführungen des BGH wäre dies zur Wahrung des berechtigten Interesses des Auskunft suchenden Mieters erforderlich, um mögliche Rechte gegenüber dem Hinweisgeber geltend zu machen, von dem die unter Umständen unrichtigen Daten herrührten. Aufgrund dieser noch nicht erfolgten Aufklärung der Sachlage verwies der BGH die Sache an das OLG zurück.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Februar 2022, Az. VI ZR 14/21
Vorinstanzen:
OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Dezember 2020, Az. 13 U 278/20
LG Ravensburg, Urteil vom 06. März 2020, Az. 2 O 363/19 -