WEG-Recht

Einladung an die veraltete E-Mail-Adresse

Die Einberufung der Eigentümerversammlung erfolgt in Textform. So steht es schon seit dem 01.08.2001 in § 24 Abs. 4 Satz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Daher genügt für die formgerechte Einladung eine E-Mail. Voraussetzung ist, dass der Empfänger seine E-Mail-Adresse zu diesen Zwecken zur Verfügung gestellt hat. In einem Fall aus Berlin hatte der Verwalter bei der Einladung aus Versehen die alte E-Mail-Adresse erwischt, obwohl ihm die neue bekannt war. Dies führte zu einer Beschlussklage.

Mit Urteil vom 18.01.2024 zum gerichtlichen Aktenzeichen 29 C 33/23 WEG wies das Amtsgericht Berlin-Mitte die Anfechtungsklage des Wohnungseigentümers ab. Er hatte zunächst den Falschen verklagt, sodass das AG nur Nichtigkeitsgründe zu prüfen hatte. Fragen zur Anfechtbarkeit und Kausalitätsprüfung durfte das AG dahinstehen lassen.

Der Fall

Am 20.07.2023 fand eine Versammlung statt, in der die Abrechnung 2022 genehmigt wurde. Der Kläger erhielt die Einladung samt seiner Jahresabrechnung nicht, da der Verwalter versehentlich die veraltete E-Mail-Adresse benutzte. Die Kläger rügten, erst nach der Versammlung per E-Mail vom 28.07.2023 Einladung und Abrechnung erhalten zu haben. Darüber hinaus seien die im Hause wohnenden Eigentümer schriftlich eingeladen worden, sodass er sich als auswärtiger Eigentümer in unzulässiger Weise ungleich behandelt fühle. Gegen die Abrechnung selbst erhob er ebenfalls Einwendungen. Der Rechtsanwalt des Klägers erhob die Klage vom 17.08.2023 fälschlicherweise gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Mit Schriftsatz vom 07.09.2023 stellt er klar, dass die Klage gegen die GdWE und nicht gegen die übrigen Eigentümer gerichtet wird. Den Verwalter hatte er in der Klageschrift namentlich benannt.

Die Entscheidung

Der anwaltlich vertretene Kläger hat die Anfechtungsfrist verpasst. Er hätte die GdWE verklagen müssen. Die Klageänderung erfolgte erst nach dem Ablauf der Anfechtungsfrist und war daher verspätet. Infolge der verpassten Frist musste das Amtsgericht keine Anfechtungsgründe prüfen, sondern lediglich Nichtigkeitsgründe. Diese waren nicht ersichtlich.

Die Verwendung einer nicht mehr aktuellen E-Mail-Adresse trotz vorheriger Bekanntgabe der neuen E-Mail-Adresse durch den Eigentümer führe regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Nichtigkeitsgründe seien ausnahmsweise bei einer vorsätzlichen Nichteinladung denkbar, wofür vorliegend, indes nichts ersichtlich gewesen sei.

Fazit für den Verwalter

Für eine form- und fristgerechte Einladung ist der Verwalter zuständig und verantwortlich, der insoweit die GdWE als gesetzlicher Vertreter organschaftlich vertritt. Die Verwendung der veralteten E-Mail-Adresse war eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit. Allerdings führt die unterbliebene Ladung nur in ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen zur Nichtigkeit, etwa wenn der Wohnungseigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden soll. Darüber lässt sich beispielsweise nachdenken, wenn der Verwalter wiederholt veraltete E-Mailadressen verwendet.

Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte

Nach der immer noch herrschenden Rechtsauffassung ist ein Wohnungseigentümer nicht verpflichtet, der GdWE seine E-Mail-Adresse zwecks elektronischer Kommunikation zur Verfügung zu stellen. Selbst bei entsprechenden Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung soll eine Verpflichtung nur wirksam begründet werden können, wenn der einzelne Eigentümer freiwillig zustimmt und seine E-Mail-Adresse herausrückt. Diese Sichtweise verfestigt leider die Stellung Deutschlands als digitales Schwellenland.

Gemäß § 24 Abs. 2 WEG sind Wohnungseigentümer berechtigt, Tagesordnungswünsche in Textform bei der GdWE zu Händen des bestellten Verwalters einzureichen. Geschieht dies, dürfte darin eine schlüssige (konkludente) Zustimmung des Wohnungseigentümers liegen, das - umgekehrt - Einladungen, Tagesordnungspunkte und sonstige Texte von der GdWE (Verwalter) elektronisch an ihn übermittelt werden dürfen.

Fazit für die Gemeinschaft

Stellt ein Wohnungseigentümer seine E-Mail-Adresse zu Zwecken der elektronischen Korrespondenz in Gemeinschaftsangelegenheiten zur Verfügung, wird die Adresse zu den Verwaltungsunterlagen zu zählen sein. Nach einem Verwalterwechsel darf also auch der neue Amtsinhaber darauf zurückgreifen. Anderes kann gelten, wenn der Wohnungseigentümer die Erlaubnis widerruft. In der Praxis laden Verwalter in der Regel „gespalten“ ein, also teilweise elektronisch per E-Mail und teilweise klassisch auf postalischem Wege.

Hätte der Kläger die Anfechtungsfrist gewahrt und innerhalb der Klagebegründungsfrist schlüssig dargelegt, inwieweit der Ladungsfehler sich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat, hätte die Gemeinschaft schlechte Karten gehabt, den Prozess zu gewinnen.

 

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg

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