Arbeitsrecht

Gefährliche Äußerungen bei Facebook

Die sozialen Netzwerke sind weit verbreitet und viele Menschen kommunizieren tagtäglich über Facebook und Twitter. Oft ist dann eine Trennung zwischen Arbeitnehmer und Privatperson schwer vorzunehmen. Gefährliche oder zweideutige, privat getätigte Äußerungen können schnell auch Auswirkungen auf den Job haben. Ein Fall hatte jüngst das Arbeitsgericht Mannheim auf dem Tisch.

Der Fall:

Gestritten wird über eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.

Der Kläger ist seit 14 Jahren bei der Beklagten, der Bahn, als  Zugführer beschäftigt. Über sein Facebook-Nutzerkonto hat er ein Bild geteilt, das das Eingangstor des Konzentrationslagers Auschwitz mit der Tor-Überschrift "Arbeit macht frei" zeigt. Auf Nachfrage eines anderen Facebook-Nutzers übersetzte er den Text auf dem Bild mit "Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. 

Das Facebook-Nutzerkonto wird unter einem Synonym geführt. Im Profil heißt es u.a. „Arbeitet ...“.

Auf dem Nutzerkonto befindet sich auch ein Foto, auf dem der Kläger, angelehnt an einen Triebwagen der Beklagten und in Unternehmenskleidung, abgebildet ist.

Die Beklagte forderte den Kläger auf, zu dem Sachverhalt eine Stellungnahme abzugeben. Der Kläger schrieb u.a.:

"…Diesbezüglich möchte ich mich für diese unüberlegte und dumme Tat vom Herzen entschuldigen und es tut mir sehr leid!!! Mir war es leider nicht klar, was ich mit dieser blöden Aktion anrichte. Da ich als gebürtiger Pole nicht diesen Bezug zum Thema Auschwitz habe und ich den Text der auf Polnisch auf dem Foto stand „amüsant“ fand, habe ich das Foto ohne zu überlegen und mit großem Leichtsinn geteilt.

Ich habe dieses Foto natürlich sofort nach dem Anruf von meiner Facebook Seite entfernt. Ich werde solche geschmacklosen Sachen, Bilder nie wieder weiterleiten!!

Bitte entschuldigen Sie nochmals diese dumme, leichtsinnige Tat!!!!"

Die Arbeitgeberin kündigte dem Kläger fristlos.

Die Entscheidung:

Die Richter gaben dem Kläger Recht. Zwar sei die Handlung des Klägers an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Denn hier habe der Arbeitnehmer seine Nebenpflicht, nämlich die zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Arbeitgeberin, verletzt. Das Bild auf dem Facebook-Nutzerkonto ist eine rassistische und menschenverachtende Äußerung.

Adressaten des Bildes waren die Facebook-Freunde des Klägers und – soweit das Facebook-Nutzerkonto nicht nur von einem eingeschränkten Personenkreis einsehbar war –  sogar weltweit jeder. Da der Kläger das Bild geteilt hat, hat er diesem Adressatenkreis zu verstehen gegeben, dass ihm dieses Bild gefällt und er mit dessen Aussagegehalt einverstanden ist.

Beim Betrachten des Fotos samt Text drängt sich die Aussage auf, dass Flüchtlinge in ein „Arbeitslager“ gebracht werden und dort möglicherweise auch nicht mehr lebend herauskommen sollen und damit "entsorgt" wären. Das Eingangstor von Auschwitz ist jedermann bekannt; Auschwitz ist zu einem Symbol für den Holocaust geworden. Allein schon die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung dieses Symbols oder des Satzes „Arbeit macht frei“ ist in Deutschland tabuüberschreitend. Dieses Symbols in Verbindung zu bringen mit Flüchtlingen mutet daher menschenverachtend an.

Das Foto sei auch nicht als Satire zu verstehen gewesen. Das sei nur der Fall, wenn man die polnische Sprache beherrschen oder über Insiderwissen verfügen würde.

Es ist auch keine Äußerung im rein privaten Bereich des Klägers. Denn aus dem Profil des Facebook-Nutzerkontos ist eindeutig erkennbar, dass er Arbeitnehmer der Beklagten ist. Die Beklagte hat er zum einen klar als seinen Arbeitgeber angegeben und dies zum anderen durch ein Foto in Dienstkleidung vor einem Triebwagen der Beklagten veranschaulicht. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte mit der Meinungsäußerung des Klägers in Zusammenhang gebracht wird. Die Beklagte weist nachvollziehbar darauf hin, dass in ihren Zügen auch Flüchtlinge transportiert werden. Zudem ist eine solche Äußerung eines Zugführers insofern bedenklich, als seinerzeit unter den Nationalsozialisten die in die Konzentrationslager verbrachten Menschen vornehmlich per Bahn transportiert wurden.

Aber:

Der Kläger hat beanstandungsfrei mehr als vierzehn Jahren bei der Beklagten gearbeitet. Zudem ist er unterhaltsverpflichtet. Darüber hinaus hat er das Foto auf seinem Facebook-Nutzerkonto sofort gelöscht und sich für sein Verhalten entschuldigt hat. Auch hat sich nicht die Gefahr realisiert, dass die Beklagte durch das Verhalten des Klägers eine Ruf- oder Geschäftsschädigung erlitten hat, was der Kläger ohnehin nicht beabsichtigt hatte.

(ArbG Mannheim Urteil vom 19.2.2016, 6 Ca 190/15)

Tipp für den Alltag:

Zwar ist die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Mannheim eine Einzelentscheidung. Diese verdeutlicht anschaulich, wie Gerichte in der Abwägung vorgehen. Hier kam dem Kläger erneut ein sogenannter sozialer Besitzstand zugute, nämlich dass er über lange Zeit beanstandungsfrei gearbeitet hat. Auch konnte er durch schnelle Entschuldigung vor Kündigung unterstreichen, dass er geläutert ist. Daher wäre allein eine Abmahnung rechtmäßig gewesen.