Arbeitsrecht

Haben wir uns schon einmal gesehen?

Nach dem Motto „einmal und nie wieder” sollte dem Arbeitgeber ein einziges Mal die Gelegenheit zur befristeten Beschäftigung ohne Sachgrund eingeräumt werden, danach „lebenslänglich” nicht mehr. Dies ging aus einem aktuellen Urteil des LAG Baden-Württemberg hervor. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die der Ansicht war, dass eine Befristung nur mit Sachgrund möglich war, der in diesem Falle jedoch nicht vorlag.

Der Fall

Der Kläger war vom 19.03.2004 bis 30.09.2005 befristet als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten, einer Automobilherstellerin, tätig.

Ab dem 19.08.2013 war der Kläger erneut bei der Beklagten beschäftigt und zwar befristet für den Zeitraum bis 28.02.2014 mit mehreren Verlängerungen bis zum 18.08.2015 als Facharbeiter im Bereich „Produktion und Logistik”. Nach Auslaufen der letzten Befristung begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Befristung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Denn er sei schon einmal zuvor bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Daher sei eine Befristung nur mit Sachgrund möglich, der nicht vorliegt.

Die Entscheidung

Das LAG entschied, dass die Befristung unwirksam ist. Denn sie verstoße gegen das Verbot der Vorbeschäftigung. Es spielt zudem keine Rolle, dass die letzte Befristung schon länger zurückliegt. Es gibt keine Anhaltspunkte im Gesetz, dass die „Zuvorbeschäftigung” zeitlich beschränkt ist. Der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ist eindeutig.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte eine sachgrundlose Befristung nur bei einer Neueinstellung zulässig sein, worunter er die „erstmalige Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeber” verstand. Nach dem Motto einmal und nie wieder sollte dem Arbeitgeber ein einziges Mal die Gelegenheit zur befristeten Beschäftigung ohne Sachgrund eingeräumt werden, danach „lebenslänglich″ nicht mehr.

Der Tipp

Das Urteil überrascht. Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 06.04.2011 − 7 AZR 716/09) hatte entschieden, dass Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit und vor allem der Normzweck für ein zeitlich begrenztes Verständnis des Vorbeschäftigungsverbots sprechen würde. Daher ist eine Zuvorbeschäftigung, die länger als drei Jahre zurückliegt, unbeachtlich.

Bis zu einer erneuten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer schon einmal beschäftigt war. Hierfür reicht auch eine Ferienbeschäftigung. In diesem Fall ist nur noch eine Befristung mit Sachgrund möglich. Wenn kein Sachgrund vorliegt, ist zwischen Daueranstellung oder Nichtanstellung zu wählen.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.08.2016 - 3 Sa 8/16