WEG-Recht

Immobilienerwerb durch die WEG

Im » Beitrag vom 29.03.2016 berichteten wir von einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach eine Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiger Verband mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen kann (Beschlusskompetenz) und grundsätzlich auch darf (Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung), ein Nachbargrundstück käuflich zu erwerben. Entsprechendes wird für den Kauf von Sondereigentum im eigenen Hause zu gelten haben. Der heutige Beitrag greift die damalige Entscheidung auf und liefert ein (unverbindliches) Beschlussmuster.

Zur Sachlage

Im damaligen Fall des BGH war es Parkplatzknappheit, der die Eigentümermehrheit zum Kauf des Nachbargrundstücks bewog. Im hier konstruierten Fall geht es um eine Souterraineinheit im eigenen Hause. Wegen der Hausgeldrückstände läuft bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren. Nunmehr haben sich WEG und Schuldner auf einen freihändigen Verkauf der Immobilie verständigt. Die Gemeinschaft will die Fläche zu Abstellräumen umbauen, da diese im Objekt fehlen.

Zur Rechtslage

Mit Urteil vom 18.03.2016 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 75/15 (» Beitrag vom 29.03.2016) hatte der BGH für die Praxis geklärt, dass ein Immobilienerwerb durch die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich möglich ist. Es handelt sich um eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltungen nach § 21 Abs. 3 WEG, so dass ein Mehrheitsbeschluss grundsätzlich ausreicht, um den Kauf zu legitimieren. Entsprechendes wird zu gelten haben, wenn nicht freihändig gekauft, sondern in einem Zwangsversteigerungsverfahren ersteigert werden soll. Grundbuchamt und Vollstreckungsgericht dürfen nicht prüfen, ob es einen berechtigten Grund für die Mehrheitsentscheidung gibt. Gleichwohl ist es unschädlich, in den Beschluss den Beweggrund der Eigentümer darzulegen, um für den Fall einer gerichtlichen Anfechtungsklage zu dokumentieren, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung eine entsprechende Entscheidungsgrundlage gegeben war. Der im Beschlussmuster verwendete besondere Kostenverteilungsschlüssel für die Sonderumlage ist gemäß § 21 Abs. 7 WEG zulässig. Der BGH erachtete eine flexible Kostenverteilung im konkreten Einzelfall für zweckmäßig und zulässig.

Vorschlag eines Beschlussmusters für den Verwalter (unverbindlich)

Beschlussantrag: Die Wohnungseigentümergemeinschaft ■■ als rechtsfähiger Verband kauft dem Wohnungseigentümer ■■ dessen Wohnungseigentumseinheit Nr. 1, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ■■, Blatt ■■, verbunden mit einem Miteigentumsanteil von ■■/10.000 am Grundstück und belegen im Kellersouterrain links des Gebäudes, ab. Der Kaufpreis beträgt ■■ EUR. Es wird hiermit ausdrücklich klargestellt, dass der Erwerb für die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigen Verband und nicht für die einzelnen Miteigentümer zu erfolgen hat. Der Erwerb dient dazu, in der Einheit Kellerräume zu schaffen und Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Verkäufer (Hausgeldschulden in Höhe von gegenwärtig ■■ EUR zzgl. Kosten und Zinsen) zu kompensieren.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt und ermächtigt die nachstehend benannten Personen, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft alle für den Kauf erforderlichen Erklärungen, insbesondere Kaufvertragsabschluss, Auflassung, Auflassungsvormerkung, Grundbuchumschreibung usw., in notarieller Form abzugeben und entgegenzunehmen:

1.         Frau/ Herrn ■■ als Geschäftsführer/in der zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellten ■■ GmbH, ■■ (Adresse),

2.         Frau/ Herrn ■■■ als im Grundbuch eingetragene/r Wohnungseigentümer/in

3.         ■■

4.         Frau Rechtsanwältin ■■, geschäftsansässig bei ■■ Rechtsanwälte, ■■ (Anschrift), als rechtliche Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die vorgenannten Personen sind jeweils einzeln, jeder für sich ermächtigt, die Wohnungseigentümergemeinschaft zu vertreten.

Für den Fall, dass das Grundbuchamt die Eintragung der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigen Verband ablehnen sollte, wird der Verwalter bereits jetzt ermächtigt, im Namen der Gemeinschaft die o.g. Rechtsanwaltskanzlei damit zu beauftragen, die Eintragung notfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Die Bezahlung hat nach den gesetzlichen Anwaltsgebühren zu erfolgen und wird durch Entnahme aus dem laufenden Wirtschaftsplan entnommen.

Die Finanzierung des Kaufs erfolgt durch die Erhebung einer nach m²-Wohnfläche verteilten Sonderumlage über ■■ EUR (■■ EUR Kaufpreis zzgl. 10 % Erwerbsnebenkosten), an der der Verkäufer nach dem Ergebnis der vor der Versammlung geführten Verhandlungen nicht beteiligt ist. Der auf seine Einheit Nr. 1 entfallende Anteil von 85 m² wird bei der Verteilung der Sonderumlage also nicht berücksichtigt, so dass die übrigen Eigentümer ihren Anteil an der Sonderumlage nicht auf 1.790 m² Gesamtfläche, sondern auf 1.705 m² zahlen. Die Sonderumlage ist spätestens zum ■■ zur Zahlung an die Gemeinschaft fällig. Bei Zahlungsrückstand ist der Verwalter ermächtigt, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Beitreibung einschließlich Zwangsvollstreckung zu beauftragen.

Abstimmungsergebnis:   Ja/Nein/Enthaltungen: ■■

Beschlussergebnis: Beschlussantrag angenommen/ abgelehnt ■■

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Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte PartmbB Hamburg
www.wir-breiholdt.de