Arbeitsrecht

Jeder wie er kann – schlechte Arbeit als Kündigungsgrund?

Ein Arbeitnehmer wird nach langjähriger Unternehmenszugehörigkeit gekündigt, weil sein Arbeitgeber die Qualität seiner Dienste zum wiederholten Male bemängelt. Reicht die subjektive Wahrnehmung über die Arbeitskraft eines Angestellten aus, eine einseitige Kündigung auszusprechen? Das Landesarbeitsgericht der Stadt Köln entschied über den Sachverhalt in zweiter Instanz.

Der Fall

A ist seit 16 Jahren Lagerarbeiter in einer Spedition. Nach Arbeitsanweisung ist sämtliche Ware erst bei der Verladung in den jeweiligen Lastwagen zu scannen. Es ist untersagt, zunächst die zur Verladung bereitstehende Ware vollständig zu scannen und erst danach mit dem Beladevorgang zu beginnen.

A wurde bereits wegen falscher Beladung von LKW sowie verspäteter Benachrichtigungen über eine Arbeitsunfähigkeit zweifach abgemahnt.

Zur fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung führte, dass A erneut einen Lastwagen zur Belieferung mehrerer Märkte fehlerhaft belud. Als er diese Arbeit beendet hatte, fehlten fünf auf der Verladeliste vermerkte Rollcontainer sowie eine Tiefkühltransportbox für einen bestimmten Supermarkt. Auf Rüge des LKW-Fahrers musste der LKW deshalb teilweise wieder ausgeladen werden, damit das fehlende Ladegut in der Reihenfolge der anzufahrenden Märkte nachgeladen werden konnte.

Die Spedition ging gegen die Entscheidung der ersten Instanz in Berufung.

Die Entscheidung

Auch das Landesarbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam.

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt u. a. voraus, dass der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht - in der Regel schuldhaft - erheblich verletzt hat, das Arbeitsverhältnis dadurch konkret beeinträchtigt wird und Beendigung in beiderseitiger Interessenabwägung billigenswert und angemessen erscheint.

Zwar können auch Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Leistungspflichten geeignet sein eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, jedoch verpflichtet der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer „nur“ sein subjektives Leistungsvermögen auszuschöpfen. Er muss also bei der Arbeit Sorgfalt und Aufmerksamkeit walten zu lassen. Außerdem muss er ein ordentliches, marktüblich mindestens durchschnittliches und nach Möglichkeit fehlerfreies Arbeitsergebnis abliefern.

Schon die erste Instanz hatte moniert, dass nichts zur Fehlerquote vergleichbarer Lagerarbeiter vorgetragen wurde. So ist unklar, ob A längerfristig die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller mit vergleichbaren Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer deutlich überschreite.

Und selbst wenn, ist bei einer 16-jährigen überwiegend fehlerfreien Zusammenarbeit nicht davon auszugehen, dass er sein Leistungsvermögen nicht ausschöpft. Jeder mache mal Fehler.

Der Tipp

Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Die Leistungspflicht ist nicht starr, sondern dynamisch und orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Ein objektiver Maßstab ist nicht anzusetzen.

Aber: Dem Arbeitnehmer ist es nicht gestattet, seine Leistung nach seinem Belieben zu bestimmen. Er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Ob er dem nachkommt, ist schwierig zu bestimmen. Hierzu ist auf vergleichbare Arbeitnehmer abzustellen, deren Leistungsniveau der Betroffene deutliche und längerfristige unterschreitet. Das ist ein Anhaltspunkt dafür, dass er seine Reserven nicht ausgeschöpft hat, die mit zumutbaren Anstrengungen nutzbar wären.

LAG Köln, Urteil vom 24.03.2017 – 4 Sa 876/16