In einer zerstrittenen Zweier-Gemeinschaften besteht oft keine Einsicht, streitige Zahlungsansprüche bei der Gemeinschaft (rechtsfähiger Verband) geltend zu machen, statt direkt beim Miteigentümer. Anspruchsteller sehen darin eine unnötige Gängelung und Förmelei. Einmal mehr hat der Bundesgerichtshof (BGH) aber klargestellt, dass Zweier-Gemeinschaften wohnungseigentumsrechtlich keinen Sonderstatus haben. Wer Geld will, muss also über Bande spielen.
Mit Urteil vom 7.5.2021 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 254/19 hat der BGH die Zahlungsklage einer Wohnungseigentümerin gegen den Miteigentümer der anderen Wohnung abgewiesen, da es keine Anspruchsgrundlage für eine direkte Inanspruchnahme gibt. Dabei greift der BGH seine eigene Rechtsprechung aus den Jahren 2018 und 2020 auf und bestätigt sie erneut.
Der Fall
Die Parteien bilden eine aus zwei Sondereigentumseinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Einheit gehört der Klägerin, die andere steht im Miteigentum der Beklagten. Es gilt das Kopfstimmrecht, ein Verwalter ist nicht bestellt. Mit der Klage verlangt die Klägerin Erstattung der Hälfte der von ihr in den Jahren 2017 und 2018 geleisteten Zahlungen i. H. v. 1.272,40 EUR (Heizöl für die im Gemeinschaftseigentum stehende Heizungsanlage, Versicherungsprämien, Kosten Heizungsreparatur, Schornsteinfegerkosten, Stromkosten und Brandschutzprüfungskosten). Die zugrunde liegenden Verträge mit Versorgern, Handwerkern, Versicherern etc. hatte die Klägerin selbst im eigenen Namen abgeschlossen, also nicht im Namen der Gemeinschaft. Unstreitig wurde das von ihr bezahlte Heizöl auch für die Beheizung und Warmwasseraufbereitung der Einheit der Beklagten verbraucht. Amtsgericht und Landgericht wiesen die Klage ab. Das Landgericht ließ die Revision zu, so dass Karlsruhe entscheiden musste.
Die Entscheidung
Der BGH bestätigt die Vorinstanzen. Für die Zahlung fehle es an der Anspruchsgrundlage. Auch innerhalb einer zerstrittenen Zweier-EG, in der mangels abweichender Vereinbarung in der GO nach dem Kopfstimmrecht abgestimmt werde und ein Verwalter nicht bestellt ist, müsse ein Wohnungseigentümer, der Erstattung von ihm verauslagter Beträge verlangt, die Gemeinschaft in Anspruch nehmen. Ein direkter Anspruch gegen den Miteigentümer bestehe nicht. Hierbei sei unerheblich, ob auf eigene Vertragsverbindlichkeiten der Gemeinschaft gezahlt werde oder – wie hier – ein Wohnungseigentümer selbst Verträge mit Dritten abgeschlossen habe, die der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienten.
Fazit für den Verwalter
Die hier im Klinsch liegende Wohnungseigentümergemeinschaft im Amtsgerichtsbezirk Westerburg hatte keinen Verwalter bestellt. Zerstrittene Zweier-Gemeinschaften haben es in der Regel schwer, einen professionellen Verwalter zu finden. Soll die Suche von Erfolg gekrönt sein, lassen sich Verwalterkandidaten ihr Amt üppig vergüten. Eine monatliche Gebühr von 250,00 EUR netto je Einheit ist nicht unüblich. Auch die Zweier-WEG ist rechtsfähig und entsteht mit Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Die Klägerin hätte ihre Erstattungsansprüche in die Eigentümerversammlung bringen können. Es hätte die zumindest theoretische Möglichkeit bestanden, dass eine freiwillige Zahlung aus der Gemeinschaftskasse erfolgt, intern finanziert beispielsweise über eine Sonderumlage. Bei lebensnaher Betrachtung wäre freilich ein solcher Schritt reine Förmelei gewesen, weil bzw. wenn die Miteigentümer im Vorfeld bereits ihre Zahlungsverweigerung zum Ausdruck gebracht hätten. So oder so hätte die Klage nicht gegen die Miteigentümer gerichtet werden dürfen, sondern gegen die Gemeinschaft. Auch die Zweier-Gemeinschaft ist rechtsfähig und vor Gericht zu verklagen. Ist das Verwalteramt unbesetzt, vertreten alle Eigentümer die Gemeinschaft gemeinschaftlich (§ 9b Abs. 1 Satz 2 WEG). Da die Klägerin als Anspruchstellerin nicht zugleich auf der anderen Seite des Prozesses mitmischen darf, bedeutet dies im Ergebnis, dass die Miteigentümer der anderen Wohnung gesetzliche Vertreter der verklagten Gemeinschaft wären.
Abzuraten ist davon, Verträge im eigenen Namen zu schließen und nicht im Namen der Gemeinschaft. Wohnungseigentümer müssen wissen, dass sie in der vollen vertraglichen Haftung stehen.
Auch wenn der andere Eigentümer sein Sondereigentum veräußert hat und für die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft fällig gewordenen Verbindlichkeiten auf anteilige Erstattung in Anspruch genommen werden soll, muss der Anspruchsteller seinen Anspruch gegen die Gemeinschaft richten, damit diese gegebenenfalls gerichtlich gegen den Ex-Eigentümer vorgeht.
Fazit für die Gemeinschaft
Auch die Zweier-WEG mit nur zwei Eigentümern besteht juristisch aus drei Personen. Neben den natürlichen Personen steht der rechtsfähige Verband als „unsichtbarer Dritter“. Sind Gelderstattungsansprüche streitig, muss die Gemeinschaft in Anspruch genommen werden, auch vor Gericht. Wer seinen Miteigentümer verklagt, verklagt den Falschen und verliert. Also immer über Bande spielen!
Jeder Wohnungseigentümer hat gegen die Gemeinschaft einen Anspruch auf Verwalterbestellung. Dieser kann auch in einer Zweier-Gemeinschaft durchgesetzt werden, notfalls mit gerichtlicher Hilfe. Eine funktionsfähige und im Rechtsverkehr handlungsfähige Gemeinschaft ist darauf angelegt, einen organschaftlichen Vertreter zu haben.
Wie wäre es nach dem neuen WEG 2020 (WEMoG)?
Nach alter wie nach neuer Gesetzeslage haftet jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger der Gemeinschaft in Höhe der Größe seines Miteigentumsanteils unmittelbar teilschuldnerisch für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft, die während seiner Zugehörigkeit entstanden oder während dieses Zeitraums fällig wurden (§ 10 Abs. 8 S. 1 WEG alte Fassung bzw. seit dem 1.12.2020 § 9a Abs. 4 S. 1 WEG). Für interne Ausgleichsansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis (sog. Sozialverbindlichkeiten) ist diese Vorschrift aber nicht anwendbar.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
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