WEG-Recht

Keine Vorlagepflicht des Mietvertrages für Zustimmung zur Vermietung

Die Nichtvorlage des Mietvertrags stellt keinen wichtigen Grund zur Verweigerung der nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlichen Zustimmung zur geplanten Vermietung einer Eigentumswohnung dar.

Der Fall

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Gebäude umfasst drei Einheiten. Nach der Teilungserklärung dienen die Einheiten zu Wohnzwecken. In dieser ist festgelegt, dass die Vermietung einer Wohnung der schriftlichen Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedarf, die nur aus wichtigem Grund zu versagen ist. Der Eigentümer einer Wohnung informierte im Juni 2015 die anderen Eigentümer darüber, dass er seine Wohnung an eine Familie mit vier Kindern im Alter von zwei, vier, sechs und acht Jahren vermieten wollte. Den Entwurf des Mietvertrages legte er den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft trotz Aufforderung nicht vor. In der Zeit vom 19.6.2015 bis 31.10.2016 überließ er sodann die Wohnung der Familie unentgeltlich, nachdem die anderen Eigentümer der Vermietung nicht zugestimmt hatten. Der vermietende Eigentümer verlangte zunächst auf dem Klageweg die Erteilung der Zustimmung zur Vermietung. Nach Auszug der Familie stellte er seine Klage auf die Feststellung um, dass die anderen Eigentümer verpflichtet waren, ihre Zustimmung zu der Vermietung seiner Wohnung zu erteilen. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht hingegen wies die Klage mit der Begründung ab, die Nichtvorlage des Mietvertrages sei ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung. Denn nur anhand des Mietvertragsentwurfs hätten die übrigen Wohnungseigentümer beurteilen können, welche Nutzung der vermietende Eigentümer seinen Mietern gewähren wolle.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) folgt den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht und stellt klar, dass die übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu Unrecht verweigert haben. Zwar dürfen Wohnungseigentümer die Erteilung ihrer erforderlichen Zustimmung zur Veräußerung oder Vermietung von Wohnungseigentum davon abhängig machen, dass ihnen Informationen über den vorgesehenen Erwerber oder Mieter zugänglich gemacht werden. Die Nichtvorlage des Mietvertragsentwurfes sei jedoch kein wichtiger Grund, um die Zustimmung zu verweigern.

Zu den zugänglich zu machenden Informationen und Unterlagen gehören zwar Angaben zu Namen, Beruf, Familienstand, Wohnanschrift des Mietinteressenten und zur Zahl der Personen, die mit ihm einziehen sollen. Im vorliegenden Fall hatte der vermietende Eigentümer diese Angaben den übrigen Wohnungseigentümern allerdings übermittelt. Laut Ausführungen des BGH gehöre der Mietvertrag für die vorgesehene Vermietung dagegen nicht dazu. Denn nach überwiegender Meinung darf die Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung ebenso wie zur Vermietung einer Eigentumswohnung vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nicht von der Vorlage des Erwerbs- bzw. Mietvertrages abhängig gemacht werden. Ein wichtiger Grund für die Nichterteilung liege u. a. dann vor, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, dass sich der vorgesehene Erwerber oder Mieter in die Gemeinschaft einordnen werde oder zu befürchten sei, dass er sich nicht an die geltenden Regeln, wie die Hausordnung, halte. Das Vorliegen oder Fehlen eines wichtigen Grundes zur Versagung der Zustimmung zur Vermietung hängt damit entscheidend von der Person des Mieters und der Personen ab, die mit ihm einziehen sollen.

Aus dem Inhalt des Mietvertrages können sich zwar in besonderen Ausnahmefällen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der potenzielle Mieter die Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einhalten will. Der Vertrag werde jedoch in aller Regel keinen Aufschluss darüber geben, dass sich der Mieter der Wohnung seinen Verpflichtungen entziehen werde, so der BGH. Vielmehr würde die Vorlage des Vertragsentwurfes den anderen Eigentümern wichtige Vertragsbestandteile wie die Miethöhe und andere vertragliche Regelungen offenlegen, die für die Entscheidung der Zustimmung ohne Belang sind.

Nichts anderes gelte auch für die Vorlage des Kaufvertrages im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Veräußerung, der den Kaufpreis und andere interne Vereinbarungen des verkaufenden Wohnungseigentümers mit dem Erwerber enthält, auf die es für die Prüfung des Vorliegens oder Fehlens eines wichtigen Grundes für die Versagung der erforderlichen Zustimmung gar nicht ankomme.

Der BGH führt ferner aus, dass der Inhalt des Mietvertrages auch deshalb nicht maßgeblich sei, weil der vermietende Eigentümer dem Mieter darin mehr Rechte einräumen könnte, die über seine eigenen Befugnisse als Wohnungseigentümer hinausgehen. Er bleibe aber ungeachtet des Inhalts des Mietvertrages den übrigen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sein Mieter die ihm selbst als Wohnungseigentümer zustehenden Befugnisse zur Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht überschreitet. Geschehe dies dennoch, muss er Abhilfe schaffen. Schließlich stehe den übrigen Wohnungseigentümern bei einer zweckwidrigen Nutzung durch einen Mieter ein direkter Anspruch gegen diesen auf Unterlassung dieser Nutzung zu.

 

BGH, Urteil vom 25. September 2020 – V ZR 300/18

Vorinstanzen:

LG Karlsruhe, Urteil vom 26. Oktober 2018 – 7 S 69/1
AG Radolfzell, Urteil vom 8. August 2017 – 3 C 250/15