Arbeitsrecht

Kühlen Kopf behalten bei Verdacht gegen Mitarbeiter

Haben Sie nicht auch schon mal einen Mitarbeiter einer Pflichtverletzung verdächtigt? Oder etwa die Krankmeldung eines Mitarbeiters angezweifelt? Unser Arbeitsrechtsexperte Nikolai Rupay Dahm (Ziegenhagen Rechtsanwälte) stellt Ihnen zwei Fälle vor, in denen Arbeitgeber ihrem Verdacht nachgegangen sind:

Der Fall

Fall 1: Ein Unternehmer hatte den Verdacht, dass seine Chefsekretärin trotz Krankschreibung gar nicht arbeitsunfähig war und beauftragte einen Privatdetektiv mit der Überprüfung. Dieser überwachte die Verdächtige an vier Tagen und fotografierte sie auch im Vorgarten ihres Hauses. Als die Angestellte davon erfuhr, klagte sie auf Schmerzensgeld.

Fall 2: Ein Geldtransportunternehmen hatte den Verdacht, dass ein inzwischen ausgeschiedener Mitarbeiter einen 100-Euro-Schein unterschlagen hatte und erstattete Anzeige ohne diesen zur Sache zu befragen. Nachdem der Ex-Mitarbeiter einen Anwalt genommen hatte, wurde der Verdacht fallengelassen.

Die Entscheidung

Fall 1: Wenn der Arbeitgeber keinen konkreten Betrugsverdacht hat, darf er seine Angestellten nicht beschatten lassen. So urteilte das Bundesarbeitsgericht (19.02.2015, 8 AZR 1007/13). Wegen der Krankschreibung habe gerade kein konkreter Verdacht bestanden. Da es sich bei den Fotos aus dem Privatbereich um datenschutzrechtlich „personenbezogene Daten“ handelt, die rechtswidrig erlangt worden waren, musste der Chef seiner Sekretärin Schmerzensgeld zahlen. Doch auch bei konkretem Verdacht wären die Fotos womöglich unzulässig gewesen – diese Frage ließ das Gericht allerdings unbeantwortet.

Fall 2: Das Arbeitsgericht Köln (18.12.2014, 11 Ca 3817/14) entschied, dass der Arbeitgeber die Anwaltskosten des Ex-Mitarbeiters erstatten müsse. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht einst entschieden, dass ein gutgläubiger Anzeigenerstatter keine dadurch entstandenen Kosten zu tragen habe. Niemand soll abgeschreckt sein, im Verdachtsfalle Anzeige zu erstatten. Aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers müsse dieser jedoch zunächst den Mitarbeiter – auch wenn dieser bereits ausgeschieden ist – persönlich zum Vorwurf anhören, sonst muss er dessen Anwaltskosten übernehmen.

Der Tipp

Besteht der Verdacht, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin eine Straftat oder Pflichtverletzung begangen hat, sollte der Arbeitgeber einen kühlen Kopf bewahren und mit der Person reden, bevor er Polizei oder Detektive einschaltet – sonst kann es teuer werden.

Nikolai Rupay Dahm, Rechtsanwalt
Ziegenhagen Rechtsanwälte
Fachanwälte für Arbeitsrecht
www.wz-anwaelte.de