Es ist hinlänglich bekannt, dass jedenfalls vor größeren Instandsetzungsmaßnahmen Vergleichsangebote eingeholt werden müssen, um zu einer ordnungsmäßigen Beschlussfassung zu gelangen. Die Faustregel bedeutet: Mindestens 3 Vergleichsangebote. Dies bedeutet aber nicht, dass die eingeholten Angebote mit der Einladung versandt werden müssen. Vielmehr kann es genügen, wenn ein Preisspiegel beigefügt wird mit dem Angebot an die Eigentümer, bei weitergehendem Informationsbedürfnis die Angebote beim Verwalter einsehen zu können. Dies entschied das LG München I im Urteil vom 06.10.2014 (gerichtliches Aktenzeichen: 1 S 21342/13 WEG). Die Entscheidung ist lesenswert, weil die Grundsätze, die in der Rechtsprechung herausgearbeitet wurden, übersichtlich zusammengefasst werden.
Der Fall
Eine WEG in München will die gesetzlich vorgeschriebene Dichtigkeitsprüfung der Abwasserkanäle durchführen. Die Wohnanlage besteht aus 222 Wohnungen. Es wurden 3 Angebote verschiedener Firmen eingeholt und in einem Preisspiegel zusammengefasst, der den Eigentümern mit der Einladung übermittelt wurde. Ein Leistungsverzeichnis war nicht erstellt worden. In der Versammlung entschied sich die Mehrheit für eines der Angebote und beschloss, die erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen durchführen zu lassen. Hierbei wurde eine Kostenobergrenze festgelegt. Ein Eigentümer erhob Anfechtungsklage. Er beanstandete u. a., dass nicht alle Vergleichsangebote mit der Einladung versandt worden seien, das Angebot die erforderlichen Maßnahmen nur ungenau beschreibe und die vorherige Erstellung eines Leistungsverzeichnisses erforderlich gewesen sei. Das Amtsgericht München hatte der Anfechtungsklage stattgegeben, das Landgericht München I änderte das amtsgerichtliche Urteil ab. Die Klage wurde abgewiesen.
Die Entscheidung
Aus Sicht des Berufungsgerichts war der Mehrheitsbeschluss einwandfrei. Vor der Vergabe von größeren Aufträgen zur Durchführung von Instandsetzungsarbeiten seien mehrere Vergleichsangebote einzuholen, um einerseits eine technisch einwandfreie Maßnahme wählen zu können, zum anderen aber auch die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme im Marktpreisvergleich sicherzustellen. Da im vorliegenden Fall 3 Angebote verschiedener Firmen eingeholt worden waren, war diese Voraussetzung erfüllt. Entgegen der Ansicht des Klägers war es dagegen nicht erforderlich, dass der Verwalter alle Angebote mit der Einladung versandet. Es genügte im vorliegenden Fall die Versendung des Preisspiegels. Es bestehe keine generelle Pflicht zur Übersendung von Alternativangeboten an sämtliche Wohnungseigentümer. Wesentlich sei stets, ob den Eigentümern ausreichende Informationsmöglichkeiten gegeben werden. Es komme hingegen nicht darauf an, in welcher Form die verschiedenen Angebote den Eigentümern zugänglich gemacht werden. Da es vorliegend um eine Maßnahme mit überschaubaren Leistungsumfang ging und der Umfang der Maßnahmen zudem durch öffentlich-rechtliche Vorschriften weitestgehend vorgegeben war, war die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses nicht erforderlich. Den interessierten Wohnungseigentümern war es vielmehr zuzumuten, sich im Bedarfsfall die entsprechenden weitergehenden Informationen im Wege der Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu beschaffen und gegebenenfalls ergänzende Fragen in der Eigentümerversammlung zu stellen. Daher sei es freilich erforderlich, dass in der Versammlung alle Unterlagen vorgehalten wurden. Im Übrigen dürften die Anforderungen an die Informationspflicht im Hinblick auf die hier gegebene Maßnahme mittleren Umfangs und einer Belastung von rund EUR 63,00 pro Einheit (EUR 14.000,00 dividiert durch 222 Wohnungen) nicht überspannt werden.
Fazit für den Verwalter
Das LG München I betont, dass mehrere Vergleichsangebote eingeholt werden müssen. Wie viele gemeint sind, wird nicht zahlenmäßig festgelegt. Die Faustregel lautet: Jedenfalls bei großen Maßnahmen sollten es 3 sein. Im Einzelfall können aber auch weniger Angebote ermessensfehlerfrei sein.
Im entschiedenen Fall war wohl nicht ausdrücklich der Hinweis erteilt worden, dass bei weitergehendem Informationsbedürfnis die Angebote beim Verwalter eingesehen oder abgefordert werden können. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte ein Verwalter dies im Einladungsschreiben ausdrücklich betonen.
Grundsätzlich ist ein Verwalter nicht zur Versendung von Verwaltungsunterlagen verpflichtet. Vielmehr müssen Wohnungseigentümer in den Büroräumen nach Terminvereinbarung Einsicht nehmen. Freilich darf ein Verwalter dem Eigentümer anbieten, ihm gegen Kopierkostenerstattung die begehrten Unterlagen zuzusenden. Eine entsprechende Vereinbarung kann etwa recht einfach per E-Mail getroffen werden.
Fordern einzelne Eigentümer vor der Versammlung die Zusendung weiterer Unterlagen, sollte der Verwalter dem unbedingt nachkommen. Es kann sonst eine Ungültig Erklärung der Beschlüsse im Falle der Anfechtungsklage drohen.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Hamburg
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