Der Fall
A ist bei einer Bank beschäftigt und hat Generalvollmacht über das bei der Bank geführte Sparbuch ihrer Mutter. Über dieses verfügte sie in zwei Jahren insgesamt 33 mal und buchte Beträge zwischen 500 Euro und 12.000 Euro um und zwar 29 Mal auf ihr eigenes Konto, drei Mal auf ein Konto ihrer Mutter und einmal auf das Sparbuch ihrer minderjährigen Tochter.
Die Zahlungen wurden im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips jeweils durch einen weiteren Mitarbeiter der Bank freigegeben. Geschäftsanweisungen der Bank sahen u.a. vor, dass die Mitarbeiter in eigenen Angelegenheiten weder entscheidend noch beratend mitwirken dürfen. Als die Bank von den Verfügungen erfuhr, kündigte sie fristlos, hilfsweise fristgemäß. A erhob Kündigungsschutzklage.
Die Entscheidung
Die Kündigungen sind unwirksam so das Landesarbeitsgericht. A hatte unstreitig im Verhältnis zu ihrer Mutter die Verfügungen berechtigt vorgenommen. Gleichwohl lag in ihrem Verhalten eine erhebliche Pflichtverletzung. Denn sie war aufgrund der Anweisungen der Bank nicht berechtigt, als Mitarbeiterin Buchungen zu ihren Gunsten vorzunehmen. Dadurch sollte bereits der Anschein einer Interessenkollision vermieden werden.
Aber: Die Pflichtverletzung war aber nicht so schwerwiegend, dass auf sie nicht noch durch eine Abmahnung ausreichend reagiert werden konnte. Maßgeblich ist im Kündigungsrecht das Prognoseprinzip. Es war nicht davon auszugehen, dass eine Abmahnung von vornherein erfolglos gewesen wäre und nicht zu einer Verhaltensänderung geführt hätte.
Der Tipp
Zu prüfen ist stets, welche Art der Pflichtverletzung vorliegt. Wenn lediglich gegen Anweisungen verstoßen wurde, ist fast immer zuerst abzumahnen. Denn durch diese Abmahnung wird die Anweisung wieder in den Vordergrund gerückt. Erst wenn das Verhalten des Mitarbeiters keine Änderungen erkennen lässt, kann man (fristlos) kündigen. Wenn zugleich Straftaten begangen wurden wie z.B. Arbeitszeitbetrug oder Untreue, ist eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung u.U. möglich.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2014 17 Sa 637/14