WEG-Recht

Unterlassungsansprüche - nach 28 Jahren verjährt und verwirkt?

Auch nach 28 Jahren kann der Sondereigentümer einer WEG einen Unterlassungsanspruch gegen einen anderen Eigentümer durchsetzen, wenn die Störung weiterhin anhält. Er kann auf die Nutzung des Sondereigentums entsprechend der Teilungserklärung bestehen. Der Anspruch verwirkt nicht alleine dadurch, dass einige Jahre auf die Geltendmachung des Anspruchs verzichtet wurde.

Der Fall:

Klägerin und Beklagte bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Während dem Beklagten die Wohneinheit 1 im Souterrain und Wohneinheit 2 im Erdgeschoss gehören, stehen die Wohnungen im Ober- und Dachgeschoss im Sondereigentum der Klägerin. Wohneinheit 1 ist in der Teilungserklärung als Hobbyräume, Kellerräume und Flur ausgewiesen und wurde vom Beklagten selbst zunächst ab 1980 als Wohnraum genutzt. Ab 1986 vermietete er die Räume als Wohnung. Nach 2007 kam es zu zwei Neuvermietungen. Die Voreigentümer der Klägerin waren mit der Nutzung einverstanden.
Die Klägerin fordert den Beklagten auf, die Nutzung zu Wohnzwecken zukünftig zu unterlassen. Der Beklagte ist der Ansicht, dass er, da er seit 28 Jahren die WE als Wohnraum nutze, auf die dauerhafte Erzielung von Mieteinnahmen vertrauen durfte. Des Weiteren macht er geltend, dass der Anspruch nunmehr verwirkt sei.

Die Entscheidung:

Der V. Zivilsenat des BGH hat der Klägerin Recht gegeben. Laut Ansicht des Gerichts ist die Nutzung von Hobbyräumen zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken dann nicht gestattet, wenn dadurch die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert wird. Da dies hier der Fall war, stand der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zu. Unerheblich ist dabei, ob die Einheit durch den Sondereigentümer selbst oder durch einen Mieter benutzt wird. Der Anspruch ist nicht verjährt. Denn solange die zweckwidrige Nutzung anhält, tritt die Verjährung nicht ein. Hält die Störung an, so spielt es keine Rolle, wann die Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung erfolgte.
Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung steht dem Anspruch nicht entgegen. Die Klägerin hat Ihren Unterlassungsanspruch nicht dadurch verwirkt, dass sie erst jetzt gegen die Nutzung vorgeht. Voraussetzung für eine sog. Verwirkung ist eine ununterbrochene, dauerhafte Einwirkung. An einer solchen fehlt es aber im vorliegenden Rechtsstreit, da noch in jüngster Zeit zwei Neuvermietungen stattgefunden haben. Diese Neuvermietungen sind als Zäsur anzusehen und damit jeweils eine neue Störung.

Die Konsequenz:

Der Gebrauch des Sondereigentums unterliegt durch die Teilungserklärung der vertraglichen Vereinbarung. Eine vereinbarungswidrige Nutzung stellt eine Störung im Sinne des § 1004 BGB dar. WEG-Eigentümer können die Nutzung der Wohneinheit entsprechend der Teilungserklärung einfordern und gegebenenfalls auch auf Unterlassen klagen. Der Anspruch besteht auch dann, wenn sie zuvor davon Abstand genommen haben (z.B. aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis).


BGH Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 178/14