WEG-Recht

Verwalterneubestellung: Alternativbewerber müssen innerhalb der Einladungsfrist bekanntgegeben werden

Neubestellung und Wiederbestellung sind das tägliche Brot des Verwalters. Die Wiederbestellung des Amtsinhabers erfordert keine Alternativangebote. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) schon vor Jahren entschieden und wiederholt bestätigt. Wesentlich strenger verfährt der BGH bei der Neubestellung eines Verwalters. Es genügt nicht, dass eine ausreichende Anzahl von Vergleichsangeboten erst in der Versammlung vorliegt.

Mit Urteil vom 24. Januar 2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 110/19 machte der BGH dem – offenbar formell fehlerhaft – neu bestellten Verwalter und den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats einen Strich durch die Rechnung. Beim Versuch, den formell mangelhaften Erstbeschluss in einer Wiederholungsversammlung (Zweitbeschluss) zu kitten, wurde ein weiterer formeller Fehler begangen. Dies genügte dem BGH, um den Bestellungsbeschluss sowie den Ermächtigungsbeschluss (Unterzeichnung des Verwaltervertrages durch den Beirat) für ungültig zu erklären. Der BGH weist darauf hin, dass die Alternativangebote der beiden anderen Bewerber oder jedenfalls deren Namen und die Eckdaten ihrer Angebote innerhalb der Einladungsfrist des § 24 Absatz 4 Satz 2 WEG allen Wohnungseigentümern hätten zugesandt werden müssen.

Der Fall

In der Eigentümerversammlung vom 14. November 2017 wurde die Neubestellung der T.-GmbH beschlossen. Gegen diesen Beschluss wurde eine Anfechtungsklage erhoben. Mit Schreiben vom 4. Februar 2018 berief die T.-GmbH unter Hinweis auf eine Beauftragung durch den Verwaltungsbeirat eine außerordentliche Eigentümerversammlung für den 20. März 2018 ein. In der Versammlung wurde die Bestellung der T.-GmbH für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis einschließlich 31. Dezember 2021 beschlossen, ferner die Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Vertragsabschluss mit der T.-GmbH nach Vorgabe des bisherigen Verwaltervertrages mit der bisherigen Firma E. Hausverwaltung. Vergleichsangebote anderer Interessenten für das Verwalteramt waren dem Einladungsschreiben nicht beigefügt, lagen aber zur Einsichtnahme in der Versammlung vor. Die Firma L. Immobilienverwaltung bot ihre Tätigkeit für 19,50 EUR netto an, die K. Immobilienverwaltung für 21,00 EUR netto. Die T.-GmbH hatte – wie der bisherige Verwalter – für 16,50 EUR netto pro Wohnung/Monat angeboten. Auf dieser Grundlage sprach sich der Verwaltungsbeirat in der Versammlung zugunsten der Firma T.-GmbH aus. Sodann wurden Bestellung und Beiratsermächtigung erneut mehrheitlich beschlossen.

Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage haben das Amtsgericht Nürnberg und in der Berufungsinstanz das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückgewiesen. Die vom Landgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision vor dem BGH hatte Erfolg.

Die Entscheidung

Anders als die Vorinstanzen sieht der BGH einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Mehrheit habe den ihr eröffneten Beurteilungs- und Ermessensspielraum auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen. Entgegen der Rechtsansicht von Amts- und Landgericht genüge es für eine ordnungsmäßige Verwalterbestellung nicht, dass die im Zeitpunkt der Beschlussfassung unstreitig vorliegenden zwei Alternativangebote in der Versammlung hätten eingesehen werden können. Eine Bekanntmachung der Namen der Bewerber sowie der Eckpunkte ihrer Angebote erst in der Eigentümerversammlung mache es den Wohnungseigentümern unmöglich, über diese vorab Erkundigungen einzuziehen, beispielsweise im Internet oder durch Anforderung der vollständigen Bewerbungsunterlagen.

Bei der Neubestellung eines Verwalters sei es daher regelmäßig geboten, den Wohnungseigentümern die Angebote der Verwalterkandidaten (in ausreichender Anzahl) oder jedenfalls deren Namen und die Eckdaten ihrer Angebote innerhalb der zweiwöchigen Einladungsfrist des § 24 Absatz 4 Satz 2 WEG zukommen zu lassen. Zu den fristgerecht mitzuteilenden Eckpunkten gehörten die vorgesehene Laufzeit des Vertrages und die Vergütung. Dabei sei darzustellen, ob eine Pauschalvergütung oder eine Vergütung mit mehreren Vergütungsbestandteilen (zum Beispiel Grundvergütung und zusätzliche Vereinbarung von Teilentgelten für einzelne Aufgaben oder Aufgabenbereiche im sogenannten Baukastensystem) angeboten werde, um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Da die Wohnungseigentümer im konkreten Falle keine Gelegenheit hatten, sich rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung über die Alternativangebote zu informieren, waren Bestellung und Ermächtigung rechtswidrig und daher für ungültig zu erklären.

Fazit für den Verwalter

Ähnlich wie bei der Beschlussfassung über die Genehmigung der Jahresabrechnung oder des Wirtschaftsplans müssen vor der Beschlussfassung über die Neubestellung eines Verwalters die Angebote aller Bewerber auf das Verwalteramt beschafft und grundsätzlich innerhalb der zweiwöchigen Einladungsfrist bekanntgegeben werden. Über die erforderliche Anzahl von Vergleichsangeboten lässt sich der BGH im vorliegenden Fall nicht aus. Grundsätzlich bedarf es nach immer noch herrschender Ansicht mindestens dreier Angebote.

Es müssen nicht zwingend die vollständigen Angebote übermittelt werden. Es genügt, die Namen der Bewerber und die Eckdaten ihrer Angebote bereitzustellen, wobei zu den Eckpunkten nicht nur Laufzeit und Vergütungshöhe, sondern auch die Vergütungsstruktur zählen. Nur so haben die Vergleichsangebote die notwendige Aussagekraft. Im Normalfall wird es am einfachsten sein, die vollständigen Angebote zur Verfügung zu stellen, damit jeder Wohnungseigentümer selbst die Auswertung vornehmen kann.

Die notwendigen Informationen müssen nicht zwingend mit dem Einladungsschreiben verschickt werden. Auch ein späteres Informationsschreiben kann ausreichen, sofern dieses innerhalb der Einladungsfrist zugeht. Nach gegenwärtiger Gesetzeslage beträgt die Einladungsfrist zwei Wochen, nach künftigem Recht soll sie vier Wochen betragen. Ferner sind abweichende Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung zu berücksichtigen.

Die Pflicht zur rechtzeitigen Versendung trifft den Verwalter. Lädt der Verwaltungsbeirat zu einer Versammlung ein, wird er diesbezüglich in der Pflicht sein. Der amtierende und ausscheidende Amtsinhaber ist nicht verpflichtet, vor einer Neubestellung Vergleichsangebote einzuholen. Dies ist Sache der Wohnungseigentümer, insbesondere des Verwaltungsbeirats. Anderes gilt, wenn bestandskräftig beschlossen wurde, dass der Verwalter Angebote zur nächsten Versammlung einholt.

Im vorliegenden Fall entschied sich die Mehrheit für den preislich günstigsten Anbieter. Grundsätzlich dürfen Wohnungseigentümer aber auch den teuersten Anbieter bestellen. Im Erstbeschluss waren offenbar Laufzeit und Vergütungshöhe nicht in den Beschlussantrag aufgenommen worden. Der Beschluss war daher unbestimmt. Es ist ärgerlich, dass der Wiederholungsbeschluss aufgrund eines neuen formellen Mangels ebenfalls zum Schuss in den Ofen wurde.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt

Rechtsanwälte PartmbB Hamburg

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