Arbeitsrecht

Verzugspauschale auch bei Minidifferenzen

Arbeitnehmer und Arbeitgeber streiten über den Einbehalt von Portokosten. Streitwert: Monatlich 40,00 Euro. Der Fall landete vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber die Differenz zahlen muss. So treten im Arbeitsverhältnis Entgeltdifferenzen oft durch Abrechnungs- oder Meldefehler auf, die nicht dem Arbeitnehmer anzulasten seien.

Der Fall

Die Beklagte betreibt ein Gebäudereiniger-Handwerk, dort ist die Klägerin als Reinigungskraft beschäftigt. Die Beklagte übersandte der Klägerin die monatlichen Vergütungsabrechnungen per Post und behielt die Portokosten - 70 ct. pro Monat - vom monatlichen Nettolohn ein. Die Klägerin war nicht erfreut, mahnte den Einbehalt monatlich an und machte für jeden Monat des Abzugs die Verzugspauschale von jeweils 40,00 Euro geltend. Die Beklagte verweigerte die Rückzahlung.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht. Es entschied, dass für jede monatliche Differenz die Verzugskostenpauschale von jeweils 40 Euro zu zahlen ist.

Der neue § 288 Abs. 5 BGB ist eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Er ist auch auf Forderungen aus dem Arbeitsrecht anwendbar. Denn er dient der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr und dieser tritt in allen Lebensbereichen auf. Auch im Arbeitsrecht soll die Zahlungsmoral eines säumigen Schuldners verbessert werden.

Das Entgelt wird monatlich gezahlt, so dass auch nur monatlich Differenzen gerügt werden können. Trotz der geringen Forderungen ist die gesamte Pauschale fällig. Denn eine Pauschale wird ohne Rücksicht auf die tatsächlich entstandenen Kosten und Aufwendung gezahlt. Zudem gibt es Übrigen keinen Erfahrungssatz, dass der pauschale Aufwand für eine die Geltendmachung geringfügige Forderung geringer ist, als bei einer Forderung größeren Umfanges. Entscheidend ist nicht die Höhe der Forderung, sondern die Komplexität der Rechtslage. Im Übrigen ist es oft so, dass kleine Forderungen hohe Kosten verursachen, z. B. Gerichts- oder Anwaltskosten.

Der Tipp

Damit hat nun das 3. Landesarbeitsgericht (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 3 Sa 34/16; LAG Köln, Urteil vom 22. November 2016 - 12 Sa 524/16) bestätigt, dass auch im Arbeitsrecht diese Pauschale fällig ist. Im Arbeitsverhältnis treten Entgeltdifferenzen oft durch Abrechnungs- oder Meldefehler auf, die nicht dem Arbeitnehmer anzulasten sind. Daher könnte die Zahlungsmoral an sich gar nicht fraglich sein. Aber selbst bei solchen Fehlern zulasten der Arbeitnehmer dürfte die Pauschale zu zahlen sein. Denn auf Absicht oder Ähnliches kommt es nicht an. Der Vorwurf wird sein, nicht gründlich genug die Abrechnungen überprüft zu haben und so zum säumigen Schuldner geworden zu sein. 

Mittlerweile liegt der erste Fall beim Bundesarbeitsgericht, dessen Wort noch aussteht.

(LAG Niedersachsen, Urteil vom 20.04.2017 - 5 Sa 1263/16)