Arbeitsrecht

Widerruf von Leistungen ist möglich – wenn die Richtung klar ist

Als Arbeitgeber sollte man die Finger von Widerrufsklauseln lassen. Das geht in den meisten Fällen schief. Dies zeigt auch ein Fall, der vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG) verhandelt wurde. Gestritten wurde über eine Mehrarbeitszeitpauschale, die vertraglich vereinbart wurde. Doch was passiert eigentlich bei einer Tariferhöhung mit der Pauschale?

Der Fall

A ist Angestellter mit einem 36-Stunden-Vertrag für ein Gehalt von 3.451,50 Euro. Da A höhere Vergütungsvorstellungen hatte, wurde mit der Arbeitgeberin B vereinbart:

„…in Absprache mit dem Betriebsrat und in Anlehnung an die bestehende Absprache mit dem G. Germersheim gewähren wir Ihnen mit Wirkung vom 01.05.2002 eine monatliche Mehrarbeitszeitpauschale von 17,4 Stunden. Diese hier getroffene Vereinbarung ist jederzeit widerruflich. Sie kann insbesondere dann widerrufen werden, wenn sich die Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten, unter denen sie abgeschlossen worden ist, wesentlich oder ganz ändern...”

Im Gegenzug sollte A tatsächlich 40 Stunden pro Woche arbeiten. Die Mehrarbeitszeitpauschale betrug monatlich 568,01 € brutto.

Wegen einer Tariferhöhung einhergehend mit einer Arbeitszeitverlängerung widerrief B die Mehrarbeitszeitpauschale. Schließlich müsste A nun ohnehin 39 Stunden arbeiten und würde dafür auch mehr tarifliches Grundgehalt bekommen. A ist der Ansicht, dass dies nicht möglich ist.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht gab A Recht. Denn der vereinbarte Widerrufsvorbehalt ist unwirksam.

B kann sich zwar vorbehalten, von der Mehrarbeitszeitpauschale als versprochene Leistung abzuweichen, die Pauschale also zu widerrufen. Denn die widerrufbare Leistung ist kleiner als 25 Prozent des Gesamtgehalts.

Jedoch muss ein solcher Vorbehalt unter Berücksichtigung der Interessen von B auch A zumutbar sein. Das ist nur der Fall, wenn es für den Widerruf einen sachlichen Grund gibt, der in der Klausel klar und verständlich beschrieben ist. Denn der Arbeitnehmer muss erkennen können, was gegebenenfalls auf ihn zukommt, also die Richtung, aus der der Widerruf möglich sein soll (wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers). Auch muss der Grad der Störung (z. B. wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung, nicht ausreichender Gewinn, Rückgang bzw. Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung, unterdurchschnittliche Leistungen des Arbeitnehmers, schwerwiegende Pflichtverletzungen) konkretisiert werden.

Die von B verwendete Klausel enthält „insbesondere“, was viele weitere unbestimmte Varianten zulässt. Auch die „Variante” die „wesentliche Änderung der Gegebenheiten” ist zu weitreichend und unbestimmt.

Der Tipp

Arbeitgeber sollten die Finger von Widerrufsklauseln lassen. Das geht in den meisten Fällen schief. Denn es droht immer die Gefahr, dass selbst ein eventuell konkretisierter Widerrufsgrund doch nicht ausreichend war. Leistung und damit das Gehalt sollte man eher steuern durch freiwillige Sonderzahlungen, die passgenau ausgestalten werden können.

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.07.2017 - 4 Sa 512/16