Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hat vom Verwalter verlangt, dass dieser im Auftrag der WEG gegen die frühere Hausverwaltung Klage erheben solle. Dieser Beschluss wurde trotz Aufforderung der Eigentümergemeinschaft von der Hausverwaltung nicht umgesetzt. Daher haben mehrere WEG-Mitglieder Klage gegen den derzeitigen Verwalter eingereicht.
Der Fall
Eine Eigentümergemeinschaft aus Nordrhein-Westfalen beauftragte mit Beschluss vom 14. Dezember 2015 ihre Hausverwaltung, Klage gegen die frühere Verwalterin mit dem Ziel zu erheben, die fehlerhaften Abrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2009 bis 2012 neu zu erstellen. Diesen Beschluss setzte die beklagte Hausverwaltung trotz einer Aufforderung durch die klagende WEG mit anwaltlichem Schreiben vom 21. Mai 2016 nicht um. Daraufhin hat die Wohnungseigentümergemeinschaft Klage gegen die derzeitige Hausverwaltung eingereicht. Die Klageschrift wurde der Hausverwaltung am 22. Juli 2016 zugestellt.
Einen Tag vor Zustellung der Klageschrift, also am 21. Juli 2016, hat die WEG in der Eigentümerversammlung beschlossen, dass die derzeitige Hausverwaltung die frühere Verwalterin unter Fristsetzung auffordert, die Abrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2009 bis 2012 neu zu erstellen, und gleichzeitig ankündigt, dass andernfalls eine kostenpflichtige Ersatzvornahme erfolgen werde. Zugleich wurde der Beschluss vom 14. Dezember 2015 aufgehoben. Der WEG-Beschluss vom 21. Juli 2016 wurde auf die Anfechtungsklage der Wohnungseigentümer mit Urteil vom 9. Januar 2017 für ungültig erklärt.
Das Amtsgericht hat der Klage gegen die Hausverwaltung stattgegeben. Nachdem auf Veranlassung der derzeitigen Verwaltung mit Schriftsatz vom 20. April 2017 Klage gegen die frühere Verwalterin mit dem Ziel der Neuerstellung der Abrechnungen erhoben worden sei, habe die Eigentümergemeinschaft den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Hausverwaltung habe dieser Erledigungserklärung widersprochen. Das Landgericht hat daraufhin die Berufung der Hausverwaltung zurückgewiesen und festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Dagegen hat die derzeitige Verwaltung Berufung eingelegt und will die Abweisung der Klage erreichen.
Die Entscheidung
Das Landgericht Düsseldorf erklärt die Klage der Eigentümer für zulässig und begründet. Diese seien berechtigt, durch eine Klage gegen den Verwalter die Durchführung einer von den Eigentümern beschlossenen Maßnahme zu erzwingen. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage sei erst entfallen, nachdem die Hausverwaltung Klage gegen die frühere Verwalterin erhoben habe und damit seiner Verpflichtung zur Umsetzung des Beschlusses nachgekommen sei. Daher sei festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe.
Der Bundesgerichtshof führt in seinem Urteil aus, dass dies einer rechtlichen Nachprüfung standhalte. Wenn ein Kläger die Hauptsache einseitig für erledigt erkläre, der Beklagte dem aber widerspreche und Klageabweisung beantrage, habe das Gericht, wie hier geschehen, durch Urteil darüber zu entscheiden, ob die Erledigung eingetreten sei oder nicht. Das Berufungsgericht habe zu Recht die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ausgesprochen, weil die Klage bei Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen und weil sie durch dieses Ereignis unbegründet geworden sei. Zutreffend nehme das Berufungsgericht an, dass ein einzelner Wohnungseigentümer vom Verwalter die Umsetzung eines Beschlusses verlangen könne.
Der Senat habe mit Urteil vom 8. Juni 2018 (» der DDIV berichtete) die umstrittene Frage, ob dem einzelnen Wohnungseigentümer ein solcher Anspruch gegen den Verwalter zustehe, entschieden. Danach könne jeder Wohnungseigentümer vom Verwalter verlangen, dass er seine gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG erfülle. Dieser Anspruch könne auch im Klageweg durchgesetzt werden. Demgemäß seien die Kläger berechtigt, den Beklagten auf Umsetzung des Beschlusses vom 14. Dezember 2015 gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Der Annahme, die Klage sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen, stehe nicht entgegen, dass der Beschluss vom 14. Dezember 2015 durch den Beschluss der Wohnungseigentümer vom 21. Juli 2016 aufgehoben worden sei. Allerdings sei für die beklagte Hausverwaltung die geänderte Vorgehensweise gegen die frühere Verwalterin verbindlich gewesen, da die Beschlussanfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung habe. Solange ein Beschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden sei, sei er nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gültig. Das führe aber nicht dazu, dass die Erledigung der Hauptsache nicht festgestellt werden könne. Diese setze nicht voraus, dass die Klage bereits im Zeitpunkt ihrer Erhebung zulässig und begründet war. Vielmehr könne sich grundsätzlich eine zunächst unzulässige oder unbegründete Klage erledigen, wenn sie nur später, nämlich im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, zulässig und begründet war. So liege es nach Ansicht des BGH hier. Das Berufungsgericht sehe das erledigende Ereignis zu Recht in der Umsetzung des Beschlusses vom 14. Dezember 2015. Die Pflicht zur Umsetzung dieses Beschlusses habe mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 9. Januar 2017, mit dem der ihn abändernde Beschluss vom 21. Juli 2016 für ungültig erklärt wurde, wieder aufgelebt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Februar 2019, V ZR 71/18
Vorinstanzen:
Amtsgericht Düsseldorf, Entscheidung vom 24. April 2017, 290a C 122/16
Landgericht Düsseldorf, Entscheidung vom 28. Februar 2018, 25 S 60/17