In einer Teileigentumseinheit, die in der Teilungserklärung als Laden mit Lager bezeichnet ist, darf ein Eltern-Kind-Zentrum betrieben werden. Eine Unterlassung der Nutzung kann nicht verlangt werden, da Geräuscheinwirkungen, welche von Kindertageseinrichtungen ausgehen, keine schädliche Umwelteinwirkung darstellen.
Der Fall
Die Mitglieder einer Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft in einer Großstadt verlangen im Klagewege von einem eingetragenen Verein, der eine im Erdgeschoss belegene Teileigentumseinheit angemietet hat, welche laut Teilungserklärung aus dem Jahr 1987 als Laden mit Lager genutzt werden darf, die Unterlassung der Nutzung der Räumlichkeiten als Eltern-Kind-Zentrum. Das Zentrum ist montags bis freitags von 9 -18 Uhr geöffnet, welches vormittags als Mini-Kindergarten für Kleinkinder und nachmittags als offenes Spielzimmer für Kinder und Familienangehörige mit Kaffee und Kuchen sowie für diverse Kinderkurse und Spielgruppen in verschiedenen Sprachen genutzt wird. Auch samstags finden in dem Zentrum u.a. Sprachkurse für Kinder sowie Kinderfeiern und Flohmärkte statt. Hilfsweise verlangen die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft von den Betreibern des Zentrums die Unterlassung des Abstellens von Fahrrädern und Kinderwagen auf einer näher bezeichneten Außenfläche vor der Teileigentumseinheit. Außerdem soll durch den Zentrumsbetreiber durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Immissionen in der darüber liegenden Wohnung einen Pegel von 52 dB nicht überschreiten. Der Klage wurde von den Vorinstanzen stattgegeben.
Die Entscheidung
Der BGH ist der Rechtsauffassung der Vorinstanzen nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, dass ein Wohnungseigentümer von einem Mieter einer anderen Einheit nur dann gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung verlangen kann, wenn dieser die Einheit anders nutzt als in der Teilungserklärung vorgesehen. Das Eltern-Kind-Zentrum wird in einer gemischten Anlage genutzt, in der sowohl eine Wohnnutzung als auch eine gewerbliche Nutzung durch Büros und Läden stattfindet. Zwar sind die von einem solchen Zentrum ausgehenden Geräusche aufgrund der dort für gewöhnlich stattfindenden Aktivitäten lauter und störender als die eines Ladens mit Lager. Jedoch kommt es hier auf die Ausstrahlungswirkung des geltenden § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG auf das Wohnungseigentumsrecht an. Danach sind Geräuscheinwirkungen, die u.a. in Kindertageseinrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Das betriebene Eltern-Kind-Zentrum ist eine solche Einrichtung, da sich die Angebote überwiegend an Kinder richten und den weiteren Angeboten auch an die Eltern eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Vor dem Hintergrund, dass Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot steht und § 22 Abs.1a BImSchG eine Privilegierung ausdrücklich vorsieht, kann eine generelle Unterlassung der Nutzung als Eltern-Kind-Zentrum nicht verlangt werden. Unterlassungsansprüche wegen einzelner besonders störender Handlungsweisen sind jedoch nicht ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2019, Az. V ZR 203/18
Vorinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 17. Juli 2018, Az. 18 U 1148/17
LG München I, Urteil vom 31. März 2017, Az. 20 O 21847/10