Die Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen der in Anspruch genommene Verwalter eine WEG verwaltet hat, ist eine nicht vertretbare Handlung, die daher nicht über einen Kostenvorschuss (Ersatzvornahme) vollstreckt werden kann. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) unlängst festgestellt.
Mit Urteil vom 23.06.2016 zum gerichtlichen Aktenzeichen I ZB 5/16 hat sich der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit einer vollstreckungsrechtlichen Problematik im Bereich des Wohnungseigentumsrechts befasst. Einige umstrittene Rechtsfragen hat er geklärt, andere für die Praxis relevante und offene Fragen klärte er nicht. In der Verwalterpraxis sind die Kernaussagen des BGH vorerst zu berücksichtigen.
Der Fall
Ex-Verwalter V war bis zum Ende des Jahres 2014 im Amt. Die WEG, die inzwischen einen neuen Verwalter bestellt hatte, verklagte ihn auf Erstellung der Jahresabrechnungen 2011, 2012 und 2013 sowie Aufstellung eines Wirtschaftsplanes für 2014. V erkannte die Ansprüche an, so dass am 03.11.2014 ein Anerkenntnisurteil erging. Da V anschließend die freiwillige Erfüllung ablehnte, musste die WEG die Zwangsvollstreckung aus dem Anerkenntnisurteil betreiben. Die WEG beantragte daher am 20.04.2015 beim Vollstreckungsgericht, sie zu ermächtigen, die dem V obliegende Verpflichtung, für 2011 bis 2013 jeweils eine Jahresabrechnung und für 2014 einen Wirtschaftsplan aufzustellen, und zwar durch eine von ihnen zu beauftragende WEG-Verwaltung, von der sie sich ein Angebot über EUR 4.784,00 hatte vorlegen lassen; in dieser Höhe beantragte sie beim Vollstreckungsgericht Kostenvorschuss gegen V. Das Amtsgericht gab dem Antrag der WEG statt. Das Landgericht Stuttgart als Beschwerdegericht änderte den amtsgerichtlichen Beschluss ab, wies den Antrag der WEG zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zum BGH zu. Diese wurde eingelegt, hatte aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Entscheidung
Der BGH führt aus, dass die Verurteilung des Ex-Verwalters zur Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen er selbst verwaltet hat, als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung und nicht etwa wie die WEG meinte - als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken ist. Nicht vertretbar in diesem Sinne heißt, dass nur der Ex-Verwalter persönlich, also kein Dritter, die geschuldete Handlung vornehmen kann (siehe § 888 Abs. 1 der Zivilprozessordnung [ZPO]). Ferner bedeutet dies, dass der Gläubiger vom Schuldner im Gegensatz zur Vollstreckung vertretbarer Handlungen (§ 887 Abs. 1 ZPO) vom Schuldner keinen Kostenvorschuss für die Vornahme der Handlung durch einen Dritten beanspruchen kann, denn nicht vertretbare Handlungen werden gemäß § 888 ZPO durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft vollstreckt. Darüber hinaus stellte der BGH fest, dass die Erstellung des Wirtschaftsplanes 2014 nicht mehr erfolgreich vollstreckt werden konnte, da das Kalenderjahr 2014 im Zeitpunkt der Antragstellung bereit abgelaufen war.
Die wesentliche Erwägung des BGH, von einer nicht vertretbaren Handlung auszugehen, ist, dass der Ex-Verwalter nicht nur im Falle der Rechnungslegung (§ 28 Abs. 4 WEG), sondern auch im Falle der Jahresabrechnung verpflichtet sei, über seine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, was zum einen die Lieferung einer geordneten Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben bedeutet (§ 259 Abs. 1 BGB), zum zweiten aber auch und darauf kam es dem I. Zivilsenat maßgeblich an die Erklärung des Verwalters, die während seiner Verwaltertätigkeit angefallenen Einnahmen und Ausgaben nach bestem Wissen vollständig und richtig angegeben zu haben; allein der Verwalter, der die Verwaltung im maßgeblichen Zeitraum geführt habe, könne und müsse den Wohnungseigentümern mit seiner Abrechnung dafür einstehen, dass er die im Abrechnungszeitraum angefallenen Einnahme und Ausgaben vollständig und richtig erfasst habe.
Im Übrigen (Randnummer 26 des Urteils) führt der BGH aus: Soweit ein neuer Verwalter die Jahresabrechnung für den Zeitraum erstelle, in dem der bisherige Verwalter verwaltet habe, handele es sich hingegen um eine vertretbare Handlung. Die Tätigkeit des neuen Verwalters sei insoweit aber notwendig auf die Auswertung der Unterlagen des früheren Verwalters und die geordnete Darstellung des Ergebnisses dieser Auswertung beschränkt. Die aus der Rechenschaftspflicht hervorgehende Erklärung, die angefallenen Einnahmen und Ausgaben nach bestem Wissen vollständig und richtig angegeben zu haben, könne der neue Verwalter dagegen dem Ex-Verwalter nicht abnehmen.
Zum Wirtschaftsplan 2014 meint der BGH, dass der Anspruch auf dessen Erstellung mit Ablauf des Kalenderjahres 2014 erloschen und die Pflicht zur Aufstellung einer Jahresabrechnung 2014 entstanden sei.
Fazit für den Verwalter
Jahresabrechnungen, die die eigene Amtszeit des Verwalters betreffen, sind nach § 888 und nicht nach § 887 ZPO zu vollstrecken, also Zwangsgeld bzw. Zwangshaft statt Kostenvorschuss (Ersatzvornahme). Dies gilt auch, wenn der amtierende Verwalter Jahresabrechnungen nicht erstellt und daher gegen ihn geklagt sowie vollstreckt werden muss.
Um die Jahresabrechnung 2014 ging es im entschiedenen Fall nicht. Diese war nach ganz überwiegender Auffassung auch gar nicht vom Ex-Verwalter geschuldet, sondern vom neuen Verwalter. Dies liegt daran, dass nach ganz überwiegender Auffassung die Fälligkeit der Jahresabrechnung 2014 maßgeblich sein soll für die Zuständigkeit. Die Erstellung der Jahresabrechnung 2014 dürfte spätestens zum 30.06.2015 fällig gewesen sein, als bereits ein neuer Verwalter bestellt worden war. Dieser hatte die Jahresabrechnung somit zu erstellen. Der Ex-Verwalter schuldete lediglich zum Tag seines Ausscheidens aus dem Amt (hier: Ende 2014″) Rechnungslegung. Im Gegensatz zu einer Jahresabrechnung beschränkt sich die Rechnungslegung zum Stichtag auf die geordnete Aufstellung einer Übersicht der bis dahin getätigten Einnahmen und Ausgaben des Jahres (ohne Verteilung auf die einzelnen Sondereigentümer) sowie wichtiger Unterschied zur Jahresabrechnung eine Auflistung von Forderungen und Verbindlichkeiten der WEG.
Zweifelhaft, vom BGH aber auch gar nicht weiter vertieft (Rn 33), ist die Aussage, die Pflicht zur Aufstellung der Jahresabrechnung entstehe bereits mit Ablauf des Kalenderjahres, über das abzurechnen ist. Soweit ersichtlich, wird diese Auffassung nirgendwo vertreten, auch nicht bei Matthias Becker, auf dessen Kommentierung im Bärmann (§ 28 Rn 55) sich der BGH beruft. Bei Becker heißt es lediglich, dass nach Ablauf des Kalenderjahres die Notwendigkeit einer Jahresabrechnung bestehe; zur Fälligkeit der Jahresabrechnung äußert sich Becker dort nicht. Vielmehr heißt es in § 28 Rn 105, dass die Aufstellung der Jahresabrechnung innerhalb einer angemessenen Frist nach Ablauf des Wirtschaftsjahres fällig werde, die in der Regel 3 bis 6 Monate betrage.