07.09.2022 Ausgabe: vdivDIGITAL 2022/2

Der „Funke der Digitalisierung“ - Die passende Software ist nur ein Faktor

Die Herausforderungen für die Verwalterbranche sind groß: Sei es die Transformation und stetige Optimierung der Geschäftsprozesse im Zuge der Digitalisierung, der Fachkräftemangel, der auch vor den Verwaltungen keinen Halt macht, oder die Wandlung des eigenen Unternehmens in einen modernen, zukunftsorientierten und agilen Betrieb. Um all diese Aufgaben erfolgreich zu meistern und am Puls der Zeit zu bleiben, benötigen Verwaltungen eine zielgerichtete und erfolgsori­entierte Zukunftsstrategie, die über den bloßen Ein­satz einer Verwaltungs-Software weit hinausgeht.

Der Einzug digitaler Systeme in die alltägli­chen Geschäftsprozesse erfolgte in vielen Immo­bilienverwaltungen schlei­chend – meistens in Form eines ERP-Systems. Ist diese Basislösung eta­bliert, folgen Software-Systeme für das Kundenbeziehungsmanagement (sogenannte CRM-Systeme). Hiermit sind auch Anwendungen mit sichtbarem Mehrwert für die Mieter möglich – beispielsweise die Bereitstellung individualisierter Mieterportale mit dem Logo und der gewünschten Farbwelt der Verwaltung. Neben schnelleren Bearbeitungszeiten und einer Verbesserung der Dienstleistungen gehen derartige Portale häufig auch mit einer Erweiterung der angebotenen Dienstleistungen einher. Die Kunden haben den Eindruck, eine hochmoderne, digitale Immobilienverwaltung zu nutzen und die Verwaltungen sind von ihrer Fortschrittlichkeit überzeugt.


Kaltes Wasser statt natürlicher Optimierung
Das Problem bei einem derartigen Vorgehen ist häufig, dass neue Mechanismen nicht durch ihre Vorzüge überzeugen, um die alltäglichen Abläufe sozusagen „auf natürlichem Wege“ zu optimieren, sondern dass die Digitalisierung der Geschäftsprozesse meist nach Beschluss durch die Geschäftsführung schlicht umgesetzt wird. Nach einem auf dem Reißbrett entworfenen Zeitplan werden Systemlösungen installiert und die Mitarbeiter sprichwörtlich „ins kalte Wasser geworfen“.


Qualifiziertes Personal durch Digitalisierung umso wichtiger
Entgegen der häufig verbreiteten Meinung, durch die verstärkte Nutzung technischer Lösungen würden die Mitarbeiter eher zweitrangig, steht für viele Experten fest: Die Digitalisierung der Immobilienverwaltung macht qualifiziertes Personal nicht weniger wichtig, sondern umso wertvoller. So weisen die technischen Entwicklungen beispielsweise den Weg in Richtung der Automatisierung ganzer Prozessketten. Das Weiterleiten von E-Mails an den zuständigen Sachbearbeiter wird mit derartigen Anwendungen schon bald Geschichte sein. Abfällig als „Praktikantentätigkeiten“ bezeichnete Aufgaben, wie das Kopieren von Rech¬nungen, die Pflege der Ablage oder das Archivieren wichtiger Belege gehören schon heute in vielen Verwaltungen der Vergangenheit an. In einigen Jahren sind sogar bereits „lernende Systeme“ denkbar, die Prozesse – beispielsweise innerhalb der E-Mail-Kommunikation einer Verwaltung – selbsttätig erkennen und die Nachrichten entsprechend archivieren und weiterleiten.

Doch wer soll diese Software-Lösungen bedienen? Wer meint, er investiert in ein entsprechendes IT-System und engagiert für deren Betrieb einen Fachmann, wird bald feststellen, dass dieses Modell an Grenzen stößt. Zum einen hat der Fachmann für Digitales meist wenig Ahnung von Immobilienverwaltung, zum anderen ist die Belegschaft auf einen Schlag überraschend unterbeschäftigt – schließlich wollen auch Software-Systeme gepflegt werden. Eine rein technische Schulung der Mitarbeiter reicht zur Zündung des „digitalen Strohfeuers“ aber meist nicht aus. Die Mitarbeiter müssen mitgenommen werden in eine neue Ära der Unternehmensführung – das klingt hochtrabend. Doch genau das trifft den Kern einer erfolgreichen Digitalisierung.


Neue Software mit frischem Mindset
Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich müssen digitale Prozesse zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeführt und hierfür auch von der Geschäftsführung politisch gewollt sein. Gleichzeitig ist der Umstieg auf digitale Bearbeitungsprozesse allein aus marktwirtschaftlicher Perspektive auch für kleinere Verwaltungen zu einer echten Notwendigkeit geworden. Wird der Schritt in ein neues – digitales – Zeitalter der Immobilienverwaltung jedoch vollzogen, hat dies nicht nur Folgen für die alltäglichen Arbeitsabläufe im Unternehmen. Der Schritt in die Zukunft muss mit einer generellen Erneuerung der Unternehmensstruktur einhergehen. Starre Hierarchien und eine Stechuhrmentalität aus Industrialisierungszeiten gehören in digitalen Unternehmen der Vergangenheit an.

Digitale Unternehmen sind geprägt von der Selbstbestimmtheit ihrer Mitarbeiter. Durch die technischen Möglichkeiten, anstehende Aufgaben auch von zu Hause aus zu erledigen, erhalten die Mitarbeiter eine größere Flexibilität – und gleichzeitig eine größere Eigenverantwortung. Ausschlaggebend für eine erfolg-reiche Kundenbetreuung ist dabei nicht nur eine zentrale und ortsunabhängig erreichbare Datengrundlage für alle zuständigen Mitarbeiter. Auch regelmäßige Meetings der unterschiedlichen Projektgruppen sind für eine agile Unternehmensführung unentbehrlich. Selbstverständlich ist auch die Etablierung geeigneter Controlling-Maßnahmen wichtig, dennoch sind Geschäftsführer agiler Unternehmen nicht mehr als Kontrollinstanz ihrer Mitarbeiter tätig. Zur Erfolgskontrolle der einzelnen Mitarbeiter werden vielmehr individuelle Ziele für einen bestimmten Arbeitszeitraum vereinbart, die eigenverantwortlich erreicht werden sollten. In regelmäßigen Intervallen werden die erbrachten Leistungen analysiert, mit dem Mit 
arbeiter besprochen und gegebenenfalls angepasst. Für den optimalen Einsatz eines jeden Mitarbeiters empfiehlt sich eine regelmäßige Analyse des Teams – sei es hinsichtlich individueller Stärken und Schwächen der einzelnen Mitarbeiter sowie auch der Teamdynamik im Allgemeinen.


Begeisterung für Digitalisierung als Schlüssel zum Erfolg
Der Weg in ein wirklich digitalisiertes Unternehmen ist weit und nie wirklich abgeschlossen. Die Etablierung gewisser technischer Standards bildet dabei jeweils die Grundlage zur Nutzung der technischen Möglichkeiten von morgen. Doch diese technischen Lösungen tragen zu weit mehr bei als zu bloßen Arbeitserleichterungen – sie verändern das Verwaltergeschäft von morgen. Und dabei sind sie keineswegs ein „notwendiges Übel,“ das man nutzen muss, weil es alle tun. Es schlummern unzählige Möglichkeiten in den Software-Lösungen von heute und morgen. Um den ersten Schritt in eine erfolgreiche digitale Zukunft ihres Unternehmens zu gehen, müssen Geschäftsführer und Teamleiter die Vorzüge dieser Anwendungen auch gegenüber ihrer Belegschaft aktiv kommunizieren. Um diesen Weg erfolgreich weiterzugehen, muss der „Funke der Digitalisierung“ auf das ganze Unternehmen überspringen.
 

Kreuzpaintner, Stephanie

Vorstand der DOMUS Software AG, Ottobrunn
www.domus-software.de