12.04.2024 Ausgabe: vdivDIGITAL 2024/1

Glasfaser & Co

Foto-Ruhrgebiet©adobe.stock.com

Medienversorgung

Glasfaserhausanschluss, Glasfaser bis in die Wohnung, Gestattungsvertrag, Wegfall des Nebenkostenprivilegs, Versorgungsverein­barung, Vollausbau, bedarfsorientierter Aus­bau – diese Begriffe begegnen den Verwalterinnen und Ver­waltern derzeit nahezu jeden Tag. Was hat es damit auf sich und was ist aktuell zu tun? Wenn es um „Glasfaserausbau und Medienversorgung“ geht, kommen mehrere technische und juristi­sche Themen zusam­men, die es manchmal schwierig machen, den Überblick zu behalten.

Gigabitstrategie: Glasfaser bis 2030

Nach der Gigabitstrategie der Bundesregierung soll bis 2030 jedes Gebäude über einen Glasfaserhausanschluss verfügen. Mittlerweile gibt es viele Unternehmen, die Glasfaser ausbauen. Diese sind zum Teil nur regional tätig (wie zum Beispiel einige Stadtwerke), andere aber auch überregional (wie zum Beispiel die Telekom oder Deut­sche Glasfaser).

Schritt 1: Kontaktaufnahme durch den Verwalter

An dieser Stelle ist der erste Schritt für die Verwalter sehr wichtig: Wenn über die örtlichen Medien bekannt wird, dass ein Anbieter beabsichtigt, einen Glasfaser-ausbau vorzunehmen, sollte der Verwalter von sich aus Kontakt zum Anbieter aufnehmen. In der Regel bitten die Glasfaseranbieter dann um eine Objektliste, mit der geprüft wird, welche Häuser im Ausbaugebiet liegen. Ohne das Engagement des Verwalters geht es gerade bei Eigentümergemeinschaften nicht, da es kein zentrales Register gibt, in dem hinterlegt ist, wer Verwalter einer WEG ist. Das heißt: Ohne die Meldung durch den Verwalter weiß der Anbieter nicht, an wen er sich wenden muss.

Schritt 2: Gestattungsvertrag

Die Glasfaseranbieter bitten dann im nächsten Schritt in der Regel um den Abschluss eines Gestattungsver-trags über die Errichtung eines Glasfaserhausanschlus-ses. Dies ist unproblematisch, da der Anbieter die Kosten hierfür trägt. Daher ist die bereits erwähnte frühzei­tige Kontaktaufnahme wichtig: Wenn die Errichtung der Glasfaserhausanschlüsse in einem Gebiet erst ein­mal abgeschlossen ist, gibt es das kostenfreie Angebot nicht mehr. Für die WEG-Verwalter stellt sich die Frage, ob für den Glasfaserhausanschluss ein Beschluss der Eigentümerversammlung notwendig ist. Dies ist in der Regel sicherlich der Fall. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass für den Hausanschluss hierauf häufig verzichtet wird. Da keine Kosten entstehen und der Anbieter auch für eventuelle Schäden aufkommt, ist der Verzicht auf einen Beschluss vertretbar, insbesondere wenn der Aus­bau zeitlich kurzfristig bevorsteht. Die Eigentümer hätten wahrscheinlich kein Verständnis, wenn der kostenfreie Hausanschluss nicht errichtet wird und dieses später kostenpflichtig nachgeholt werden müsste.

Eigentümergemeinschaften bitte mitdenken!

An dieser Stelle fällt bei manchen Anbietern auf, dass diese Eigentümergemeinschaften nicht mitgedacht haben: Die Formulare sehen vielfach gar nicht den Abschluss eines Vertrags mit einer Eigentümergemeinschaft vor. Hier muss der WEG-Verwalter darauf achten, die Angaben trotz­dem richtig zu machen: Vertragspartner ist die Eigen­tümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter. Vom Abschluss von Rahmenverträgen mit Objektlisten wird abgeraten: Jede Eigentümergemeinschaft ist ein einzel­ner Vertragspartner.

Schritt 3: Das Signal in die Wohnung bringen

Wenn der Glasfaserhausanschluss errichtet ist, geht es um die Frage, wie das Signal in die Wohnung kommt. Manche Anbieter verwenden vorhandene Leitungen z.B. des alten Telefonanschlusses – dies ist aber die Aus­nahme. Die meisten Anbieter wollen die Glasfaser bis in die Wohnung legen. Folgende Varianten gibt es in der Regel: Beim Glasfaservollausbau wird in alle Wohnungen ein Glasfaseranschluss gelegt - üblicherweise vom Keller, wo sich der Hausanschluss befindet, über das Treppenhaus bis in den Flur der Wohnung. Der Anschluss wird für die Bewohner freigeschaltet, für die ein Einzelnutzervertrag abgeschlossen wurde, was auch später noch unproble­matisch möglich ist. Andere Anbieter führen den Aus­bau „bedarfsgetrieben“ durch: Nur dann, wenn in einem Haus ein Bewohner einen Vertrag abschließt, werden in diesem Hauseingang Glasfaserleitungen für alle Wohnun­gen vorgesehen. Eine Leitungsführung in die Wohnung erfolgt aber nur bei Vorliegen eines Einzelnutzervertrags. Andere Wohnungen können so später ohne großen Auf­wand nachträglich angeschlossen werden.

Aufgaben der WEG-Verwalter

In Zusammenhang mit der Errichtung des Glasfaserhaus-netzes kommen auf die WEG-Verwalter wieder vielfältige Aufgaben zu:

  • Für den Glasfaserausbau im Haus ist ein Vertrag not­wendig, in dem auch die Art des Ausbaus vereinbart wird. Bei einer Kabelverlegung durch gemeinschaft­liches Eigentum ist davon auszugehen, dass es sich um eine bauliche Veränderung handelt. Damit gilt eigentlich: Für den Vertrag und die Festlegung der Leitungsführung ist ein Beschluss der Eigentümer­versammlung notwendig. Das Vorgehen der Glas-faseranbieter stellt die Verwalter aber immer wieder vor Probleme: Die Anbieter betrachten häufig jeden Hauseingang für sich und fassen nicht alle Eingänge einer Eigentümergemeinschaft zusammen. Daher kommen die Anbieter mit verschiedenen Terminen für die „Auskundung“ des Leitungsverlaufs auf den Verwalter zu, was zu einem großen Arbeitsaufwand führt. Darüber hinaus wird häufig verlangt, dass der Verwalter bei der Auskundung gleich die rechtsver­bindliche Zustimmung zum Kabelverlauf erteilt, was ihm im Fall der baulichen Veränderung aber eigentlich verwehrt ist, wenn es (noch) keinen Beschluss gibt.
  • Die Verträge unterscheiden sich bei den Anbietern im Detail. So ist unterschiedlich geregelt, welche Mitbewerber das Glasfasernetz mitbenutzen dür­fen. Darüber hinaus gibt es Fallstricke: Kann sich die Eigentümergemeinschaft im Vertrag über den Voll­ausbau dazu verpflichten, den Zutritt in alle Woh­nungen sicherzustellen? Dies dürfte schwierig sein, wenn der Eigentümer den Zutritt in die Wohnung nicht gestattet.

Handlungsbedarf bei Gemeinschaftsverträgen über Breitbandkabelanschlüssse

Nicht nur beim Glasfaserausbau gibt es einiges zu beachten – auch bei den vielfach vorhandenen Gemeinschaftsver­trägen über Breitbandkabelanschlüsse gibt es Handlungs­bedarf:

Durch den Wegfall des „Nebenkostenprivilegs“ und das gesetzliche Sonderkündigungsrecht gem. § 230 Abs. 5 TGK ab dem 1. Juli 2024 stehen die Eigentümergemein­schaften vor der Entscheidung, ob der Gemeinschaftsver­trag fortgeführt oder ob dieser gekündigt werden soll. Im Falle einer Kündigung haben die Bewohner die Möglich­keit, einen Einzelnutzervertrag über die TV-Grundversor­gung abzuschließen. Voraussetzung hierfür ist aber der Abschluss eines Gestattungsvertrags (Versorgungsverein­barung) mit dem Kabelanschlussanbieter. Sowohl für die Kündigung als auch für den Abschluss eines Gestattungs-vertrags sollte ein Beschluss der Eigentümerversammlung herbeigeführt werden.

Jahns, Andre

Geschäftsführer der Hausverwaltung Harte GmbH & Co. KG, Wolfenbüttel/Gifhorn