29.04.2019 Ausgabe: 2/19

Keine Panik! Die DSGVO reguliert den Umgang mit Namen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen & Co. weit weniger streng als angenommen.

Groß ist die durch die Datenschutzgrundverordnung verbreitete Unsicherheit: Darf ein Verwalter einem Handwerker die Telefonnummer eines Mieters geben, in dessen Wohnung Reparaturen auszuführen sind? Müssen Angaben zu anderen Eigentümern und Mietern geschwärzt werden, wenn ein Eigentümer Einsicht in Nebenkostenabrechnungen nehmen möchte? Dürfen E-Mail-Adressen von Eigentümern durch den Verwalter an Miteigentümer herausgegeben werden?

Dazu ein ganz alltägliches Fallbeispiel: Ein Eigentümer beschwert sich bei der Verwaltung über eine ­Miteigentümerin, die angeblich „Sperrmüll“ im Vorraum der Kellerabteile hinterlassen hat. Die Beschuldigte weist die Vorwürfe zurück und möchte vom Verwalter wissen, wer sich über sie beschwert hat. Darf der Verwalter Auskunft geben, oder riskiert er einen Verstoß gegen den Datenschutz?

Die neue europäische Regelung sorgt seit dem 25.5.2018 für den umfassenden Schutz personenbezogener Daten, also aller Daten, die sich auf natürliche Personen – Eigentümer, Mieter, Dienstleister – beziehen. Unabhängig von Umsatz- und Mitarbeiterzahlen gilt die DSGVO für alle Unternehmen, für Facebook, Google und Apple genauso wie für den einzelnen vermietenden Wohnungseigentümer, für den DAX-Konzern ebenso wie für eine Immobilienverwaltung mit drei Angestellten. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 20 Mio. Euro.

Die Datenschutzbehörden handhaben die neuen Vorschriften bislang mit Augenmaß. Das höchste in Deutschland bisher verhängte und bekannt gewordene Bußgeld belief sich auf 80.000 Euro. Die Behörden gehen allerdings jeder einzelnen Bürgerbeschwerde sorgfältig nach. Wendet sich ein Eigentümer oder Mieter mit einer Beschwerde gegen die Hausverwaltung an eine Datenschutzbehörde, muss sich die Verwaltung auf viel Korrespondenz ­einstellen – eine Menge Aufwand und Ärger.

Kontaktdaten sind keine ­Geheiminformationen

Trotz aller Unsicherheit bei der Anwendung der DSGVO sind sich die Experten einig, dass Panik fehl am Platz ist. Kontaktdaten von Eigentümern und Mietern sind keine Geheiminformationen. Und es verhält sich keineswegs so, dass Eigentümer oder Mieter immer erst gefragt werden müssen, bevor man als Verwalter ihren Namen, ihre Telefonnummer oder ihre E-Mail-Adresse einem Handwerker oder Miteigentümer gibt. Dass „wir“ immer erst gefragt werden müssen, bevor „unsere Daten“ verwendet werden, ist ein weit verbreitetes Missverständnis, das zwar gut klingt, so aber nicht stimmt.

Ohne Einwilligung erlaubte Weitergabe

Nach Artikel 6 der DSGVO ist die Einwilligung des „Betroffenen“ nur eine von sechs gleichwertigen Rechtsgrundlagen für eine Datenverarbeitung. ­Daneben sind von besonderer Bedeutung:

  • die Vertragserfüllung;
  • die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung und
  • überwiegende berechtigte Interessen („­Interessenabwägung“).

Der Verwalter, der eine Handynummer herausgibt, um dem Handwerker die Kontaktaufnahme mit dem Wohnungsnutzer zu ermöglichen, erfüllt damit seine Verpflichtung aus dem Verwaltervertrag: E-Mail-Adressen, Telefon- und Handynummern dienen dem Kontakt mit der Außenwelt. Die Weitergabe erfolgt im Interesse des Eigentümers, der die Reparatur veranlasst hat. Schutzwürdige Interessen an einer Geheimhaltung wiegen nicht schwer, sodass eine „Interessenabwägung“ im Normalfall zugunsten des Verwalters ausfallen wird.

Gesetzliche und vertragliche Pflichten

Vielfach ist der Verwalter zur Herausgabe von Kontaktdaten rechtlich verpflichtet. Verpflichtungen, die sich aus Verträgen oder aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben, werden durch die DSGVO nicht auf­gehoben.

Wenn Ermittlungsbehörden Auskünfte verlangen, besteht meist eine gesetzliche Auskunftspflicht. Der Verwalter darf sich nicht auf „den Datenschutz“ berufen und Auskünfte verweigern. Ebenso wenig können Mieter und Eigentümer die Löschung „ihrer Daten“ verlangen, wenn steuer- oder handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten bestehen. Und der BGH hat erst unlängst entschieden, dass Verwalter Einsichtnahme in Abrechnungsunterlagen gewähren müssen, auch wenn diese Personendaten einzelner Eigentümer und Mieter enthalten (BGH, 7.2.2018, Az. VIII 189/17).

Der WEG-Verwalter ist verpflichtet, eine Eigentümerliste mit Namen und Anschriften zu führen und aktuell zu halten. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, diese Liste vom Verwalter jederzeit anzufordern. Auch diese rechtliche Verpflichtung wird durch die DSGVO weder aufgehoben noch modifiziert. Sie bietet dem einzelnen Eigentümer keine Handhabe, eine Preisgabe seines Namens und seiner Anschrift zu verhindern.

Was ist erforderlich?

Ist der Verwalter zur Verarbeitung und Herausgabe von Personendaten rechtlich verpflichtet, so kann er sich auf diese Verpflichtung berufen, soweit die Datenverarbeitung zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben „erforderlich“ ist. Über die Reichweite einer solchen „Erforderlichkeit“ kann man sich gelegentlich streiten. So hat das LG Düsseldorf jüngst entschieden, dass es für die Erfüllung der Aufgaben eines Verwalters nicht „erforderlich“ sei, eine aktualisierte und vollständige Liste der E-Mail-Adressen aller Eigentümer zu führen und an Eigentümer herauszugeben (LG Düsseldorf, 4.10.2018, Az. 25 S 22/18). Eine solche Liste sei nicht notwendig, um den Eigentümern eine wechselseitige (schnelle und kostengünstige) ­Kommunikation zu ermöglichen, so das Gericht.

„Nicht müssen“ heißt nicht immer „nicht dürfen“.

Fragt ein Eigentümer oder Mieter nach dem Namen und den Kontaktdaten einer Miteigentümerin oder eines anderen Mieters, lässt sich nicht immer sagen, dass der Verwalter zur Preisgabe der Daten verpflichtet ist. Der Verwalter kann den Namen eines Eigentümers geheim halten, der sich über einen anderen Eigentümer beschwert („Sperrmüll im Kellervorraum“). Er muss dem Handwerker nicht die Handy­nummer oder E-Mail-Adresse des Mieters geben und kann sich damit begnügen, die Festnetznummer ­weiterzuleiten.
„Nicht müssen“ heißt jedoch nicht immer „nicht dürfen“. Auch wenn keine Verpflichtung zur Herausgabe von Namen und Kontaktdaten besteht, darf der Verwalter die gewünschten Informationen liefern, wenn er sich auf überwiegende berechtigte Interessen stützen kann. Hierbei kann es sich um eigene Interessen des Verwalters handeln oder auch um Interessen ­einzelner Eigentümer oder Mieter.
Dies führt dann auch zur Antwort auf die „Sperrmüllfrage“: Wer zu Unrecht beschuldigt wird, den Kellervorraum als Mülldeponie zu nutzen, hat ein berechtigtes Interesse zu erfahren, von wem die falschen Anschuldigungen kamen. Denunzierende haben ein eher schwaches Geheimhaltungsinteresse, sodass sich die Preisgabe des Namens aufgrund einer „Interessenabwägung“ ohne Weiteres für zulässig erklären lässt.

Keine Panik!

Die DSGVO ändert die Regeln des Umgangs mit Personendaten weit weniger drastisch, als dies vielfach behauptet wird. In vielen Fällen darf der Verwalter Namen und Kontaktdaten von Eigentümern und Mietern verarbeiten und weitergeben, ohne dass er die „Betroffenen“ jedes Mal fragen muss. Oft darf er Daten weitergeben, ohne zur Weitergabe verpflichtet zu sein. Wie der Verwalter in einem solchen Fall handelt, kann und muss er selbst entscheiden. Wer jedweden Ärger vermeiden will, wird sich mit der Weitergabe von Kontaktdaten eher zurückhalten. Aber auch beim großzügigeren Umgang damit besteht kein Grund zur Panik.

Foto: © Robert Kneschke / Shutterstock.com


Härting, Prof. Niko

Der Rechtsanwalt ist in der Berliner Kanzlei Härting Rechtsanwälte tätig und wird im Rahmen der 2. DDIV-Sommerakademie einen Vortrag zum Thema halten.
www.haerting.de