20.01.2015 Ausgabe: 1/2015

Urteile zur Jahresabrechnung

Gerichtsentscheide, die man kennen sollte. Nicht alle aus dem vergangenen Jahr, aber dennoch nicht unbedingt zu jedem durchgedrungen.

WEG-Recht
Jahresabrechnung: Abweichung von kalenderjährlicher Abrechnung kann gerechtfertigt sein

Die Anfechtung einer Jahresabrechnung wegen Abweichung von der kalenderjährlichen Abrechnung ist nach Auffassung des LG München I (LG München I, Urteil v. 4.5.2009, 1 S 237/09) treuwidrig, wenn die Wahl des Abrechnungszeitraums gerade der Umstellung auf das Kalenderjahr dient und eine weniger nachteilige Umstellung für alle Eigentümer nicht ersichtlich ist.

In der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde jeweils eine Wirtschaftsperiode vom 1.12. eines Jahres bis 30.11. des Folgejahrs praktiziert. Insbesondere einem der Wohnungseigentümer war diese Praxis ein Dorn im Auge. Um nunmehr zur kalenderjährlichen Abrechnung zu gelangen, fasste die Eigentümerversammlung im März 2008 jeweils Genehmigungsbeschlüsse über die Jahresabrechnungen für den Zeitraum 1.12.2006 bis 30.11.2007 bzw. 1.12.2007 bis 31.12.2007. Diese Beschlüsse wurden gerade von diesem Wohnungseigentümer u. a. wegen Abweichung vom Kalenderjahr angefochten – mithin erfolglos.

LG Dortmund: Urteil vom 24.06.2014, 1 S 18/13

  1. Grundsätzlich bleibt § 28 II WEG nach Abschluss des Wirtschaftsjahres alleinige Anspruchsgrundlage für die Vorschusszahlungen. Der Beschluss der Jahresabrechnung hat keine Verdoppelung des Rechtsgrundes zur Folge.
  2. Es entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Jahresabrechnung die Differenz zwischen den Sollzahlungen und den tatsächlichen Ausgaben ausweist. Das ist die eigentliche sog. Abrechnungsspitze. Ein Beschluss, welcher die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlungen und den Ausgaben ausweist, wäre – zumindest wenn die tatsächlichen Zahlungen nicht den Sollzahlungen entsprechen – mangels Beschlusskompetenz nichtig.
  3. Die gem. § 28 II WEG geschuldeten Vorschüsse stehen unter dem Vorbehalt der Korrektur durch die später nach Ablauf des Wirtschaftsjahres genehmigte Jahresabrechnung. Bei der Ausweisung der Differenz zwischen Sollzahlungen und tatsächlichen Ausgaben in der Jahresabrechnung und einem Guthabenbetrag folgt dementsprechend eine Deckelung der vom Wohnungseigentümer noch zu zahlenden Wohngeldrückstände daraus, dass der Forderung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht.
LG Köln: Urteil vom 08.05.2014, 29 S 241/13

Ein vom Kalenderjahr abweichender Abrechnungszeitraum verstößt gegen § 28 I WEG. Eine Abweichung vom Gesetz ist nur dann möglich, wenn eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung vorhanden ist. Besteht eine langjährige Übung einer Abrechnung in Abweichung vom Kalenderjahr, so kann für künftige Abrechnungen die Umstellung auf das Kalenderjahr verlangt werden.

AG Hamburg-Barmbek, Beschluss vom 17.04.2014, 880 C 27/12

In die Jahresabrechnung bezüglich der Heizkosten sind alle im Abrechnungszeitraum geleisteten Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoff stehen, aufzunehmen. Für die Verteilung in den Einzelabrechnungen sind dagegen die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs maßgeblich.

Prozesskostenverteilung im ­Verbandsstreit gegen obsiegenden Wohnungseigentümer
BGH, Urteil vom 4.4.2014, V ZR 168/13
  1. Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft Beitrags- oder Schadensersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten gem. § 16 Abs. II WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen; eine Freistellung des obsiegenden Wohnungseigentümers gem. § 16 Abs. VIII WEG kommt nicht in Betracht.
  2. Der Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen; nichts anderes gilt für den Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans.
  3. Der unbeabsichtigt zu weit gefasste Wortlaut des § 16 Abs. VIII WEG, wonach die Kosten eines Rechtsstreits gem. § 43 WEG nur insoweit Kosten der Verwaltung gem. § 16 Abs. II WEG sind, als sie die durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten betreffen, bedarf einer teleologischen Reduktion.
  4. Es bleibt offen, ob der gegen den angreifenden Verband obsiegende Wohnungseigentümer auf Grund der Kostenentscheidung des Gerichts von der Finanzierung seines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Kosten ausgenommen werden muss.
Beschlussanfechtungsklage: Keine aufschiebende Wirkung für Zahlungspflichten

Die Beschlussanfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Solange Beschlüsse nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden sind, sind sie gültig und können Zahlungspflichten begründen (BGH, Urteil v. 4.4.2014, V ZR 167/13).

Darstellung der Zahlungen auf Wohngeldrückstände nebst Zinsen in der Jahresabrechnung
BGH, Urteil vom 11. 10. 2013, V ZR 271/12
  1. Die Gesamtabrechnung kann eine nähere Aufschlüsselung der in dem Abrechnungszeitraum eingegangenen Hausgeldzahlungen im Hinblick auf die Abrechnungszeiträume enthalten, für die sie geschuldet waren; weil die Jahresabrechnung eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung darstellt, sind solche Angaben aber nicht zwingend erforderlich.
  2. Nachzahlungen eines Wohnungseigentümers oder seines Erwerbers auf in Vorjahren aufgelaufene Wohngeldrückstände stellen, anders als offene Forderungen, in der Gesamtabrechnung eine Einnahme der  Wohnungseigentümergemeinschaft aus Hausgeldzahlung dar, und zwar unabhängig von der Frage der Anrechnung.
  3. Allein die (beschlossene) Gesamtabrechnung begründet keinen Anspruch eines Wohnungseigentümers auf (anteilige) Auskehrung eines Guthabens. Vielmehr darf dieses, wie sonstige Einnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft auch, statt an die Wohnungseigentümer ausgekehrt zu werden der Instandhaltungsrücklage zugeführt oder zur Deckung laufender Kosten verwendet werden (Bestätigung von Senat, NJW 2012, Seite 2797 = NZM 2012, NZM Jahr 2012 Seite 562 Rdnr. 16), was der Verwalter den Wohnungseigentümern zugleich mit der Beschlussfassung über die Abrechnung antragen darf.
Mietrecht
BGH, Urteil v. 18.5.2011, VIII ZR 240/10, WuM 2011 S. 420

Betriebskosten: Umlage nicht geschuldeter Kosten; Abrechnung pauschalierter Betriebskosten; Abrechnung nach „Soll-Vorauszahlungen“.

BGB § 556

Die (vertragswidrige) Abrechnung von Betriebskosten, für die es an einer Umlagevereinbarung fehlt oder für die eine Pauschale vereinbart ist, führt nicht zur Unwirksamkeit der Betriebskostenabrechnung aus formellen Gründen.

Das Gleiche gilt für in der Abrechnung zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen oder den Ansatz von Soll- statt Ist-Vorauszahlungen.

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Haase, Steffen

Chefredakteur VDIVaktuell
Geschäftsführer der Immobilienverwaltung Haase & Partner GmbH; Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Immobilienverwalter Bayern e.V.; Vizepräsident des Dachverbandes Deutscher Immobilienverwalter e.V.; Er ist Herausgeber verschiedener Bücher und Fachpublikationen.