21.04.2017 Ausgabe: 3/2017

Verfallsdatum erreicht

Die ersten Energieausweise wurden vor zehn Jahren ausgestellt – mit zehnjähriger Gültigkeit.
Wer jetzt Immobilien vermietet oder verkauft, muss den Ausweis unter Umständen erneuern.


Der Energieausweis wurde mit der Energieeinsparverordnung EnEV 2007 schrittweise eingeführt. Zehn Jahre Energieausweis sind auch ein guter Anlass, um zu bilanzieren, ob das Dokument die Erwartungen erfüllt hat. Zudem gibt es mittlerweile neue Vorgaben und Regeln rund um ­
Energieausweise, die Eigentümer und Verwalter ­kennen und beachten sollten.

Bilanz: Hat er sich bewährt?

Der Energieausweis wurde mit dem klaren Ziel eingeführt, den Energieverbrauch von Häusern und Wohnungen vergleichbar zu machen. Er sollte Mieter und Käufer über den energetischen Zustand der Immobilie informieren und Eigentümer zur Sanierung motivieren. In dieser Hinsicht fällt die Bilanz eher nüchtern aus: Sowohl Eigentümer- als auch Mieterverbände sind der Meinung, dass der Energieausweis bisher nicht die gewünschte Transparenz und Vergleichbarkeit gebracht hat. Sie führen das auf die beiden Ausweisarten (Verbrauchs- und Bedarfsausweis) sowie auf uneinheitliche Berechnungsmethoden in der Energieeinsparverordnung (EnEV) zurück. Die Energiekennwerte im Bedarfs- und Verbrauchsausweis sind nicht direkt miteinander vergleichbar, weil sie auf ­unterschiedlichen Verfahren beruhen. In der Regel liegt der nach EnEV errechnete Energiebedarf (in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr) deutlich über dem tatsächlichen Energieverbrauch, das gleiche Haus wird also im Bedarfsausweis meist schlechter eingestuft. Vor allem beim Bedarfsausweis können die Ergebnisse für das gleiche Haus je nach Aussteller stark voneinander abweichen, wie ein Test des Eigentümerverbandes Haus & Grund zeigt. Kritisiert wird auch, dass Miet- und Kaufinteressenten aus dem Ausweis nicht die tatsächlichen Heizkosten ableiten können. Der Deutsche Mieterbund weist darauf hin, dass der Energieausweis den Mietinteressenten oft nicht vorgelegt wird und dass Behörden die Ausweispflicht zu wenig kontrollieren. Er fordert eine Reform des Ausweises. Bei aller Kritik an der aktuellen Form ist aber auch klar, dass ein Instrument wie der Energieausweis nach wie vor gebraucht wird. Deutschland muss den Energieverbrauch in Wohngebäuden senken, EU-Recht in nationales Recht umsetzen und seine Klimaziele erreichen.

Verbrauchs- oder Bedarfsausweis: Was ist besser?

Die meisten Eigentümer dürfen zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweis wählen. Nur bei Immobilien mit weniger als fünf Wohnungen und Bauantrag vor dem 1. November 1977, die seither nicht energetisch modernisiert wurden, ist der Bedarfsausweis Pflicht. Zur Frage, welcher Ausweis aussagekräftiger ist, gibt es verschiedene Meinungen. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) und Mieterverbände plädieren für den Bedarfsausweis, der nur die Bausubstanz und nicht das Verbrauchsverhalten berücksichtigt und den sie deshalb für objektiver halten. Die Wohnungswirtschaft favorisiert in der Regel den Verbrauchsausweis – nicht nur weil er günstiger ist, sondern weil er sich am tatsächlichen Verbrauch orientiert und einen realistischen Wert liefert. Schwankungen zwischen Vielverbrauchern und Extremsparern werden dadurch ausgeglichen, dass der Verbrauch von mindestens fünf Wohneinheiten über drei Jahre hinweg betrachtet wird. Als Dienstleister, der beide Ausweisarten anbietet, rät Minol Eigentümern zum Verbrauchsausweis, wenn sie das Dokument vorrangig zur Information der Käufer und Mieter benötigen, und zum Bedarfsausweis, wenn sie sich genauer über die energetischen Schwachstellen ihres Hauses informieren möchten und eine Sanierung planen.

Was ist neu bei den Neuen?

Seit 1. Mai 2014 gilt eine neue Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) mit neuen Vorgaben für die Gestaltung von Energieausweisen:

  • Der farbige Bandtacho reicht nur noch bis zu einem Wert von 250 kWh/qm a statt wie bisher 400 kWh/qm a. Das führt dazu, dass die Energieeffizienz von Gebäuden auf der Skala von Grün bis Rot strenger bewertet wird als bisher. Zum Beispiel kann ein Haus, das früher im gelben Bereich war, jetzt im roten Bereich liegen.
  • Zusätzlich zum Bandtacho gibt es als neues Element die Energieeffizienzklasse: Durch die Klassifizierung von A+ bis H sollen Käufer und Mieter die Energieeffizienz von Gebäuden so einordnen können, wie sie es von Haushaltsgeräten gewohnt sind.

Wer also Energieausweise aus verschiedenen Jahren miteinander vergleichen will, sollte den Endenergiekennwert als Maßstab nehmen. Die Farbbereiche wurden im Laufe der Jahre verändert.

Was gilt für Inserate und Besichtigungen?

Bereits in der Immobilienanzeige müssen laut EnEV 2014 bestimmte Kennwerte aus dem Energieausweis stehen.

  • Ausweisart: Verbrauchs- oder Bedarfsausweis
  • Endenergiebedarf oder -verbrauch in ­Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr
    (kWh/qm a); bei Verbrauchsausweisen vor 1. Mai 2014 gilt: Sofern der Warmwasseranteil nicht im Endenergieverbrauchswert enthalten ist, müssen Inserenten den Wert um
    20 kWh/qm a erhöhen.
  • Hauptenergieträger der Gebäudeheizung
  • Baujahr des Gebäudes
  • Energieeffizienzklasse (nur bei neuen, nach dem 1. Mai 2014 ausgestellten Ausweisen)

Spätestens bei einer Haus- oder Wohnungsbesichtigung muss das gesamte Ausweisdokument dem Interessenten ohne Aufforderung vorgelegt werden. Alternativ kann es auch bei der Begehung gut sichtbar ausgehängt werden. Bei Vertragsabschluss muss es dem Käufer oder Mieter unverzüglich ausgehändigt werden.

Wie wird kontrolliert und geahndet?

Die EnEV 2014 sieht strengere Kontrollen vor: Die Bundesländer müssen stichprobenartig überprüfen, ob Hauseigentümer die Vorgaben rund um den Energieausweis korrekt erfüllen. Auch zu diesem Zweck haben neue Energieausweise eine einmalige Registrierungsnummer. Verstöße gegen die Ausweispflichten gelten seit 1. Mai 2015 als Ordnungswidrigkeit und können mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 15.000 Euro geahndet werden. In der Praxis finden bisher allerdings kaum behördliche Kontrollen statt.

Heizkosten einfach errechnen

Die Energiewerte, die in Energieausweisen und Inseraten stehen, sind für die meisten Verbraucher zu abstrakt: Sie wollen wissen, was ein Kennwert von beispielsweise 100 kWh/qm a konkret bedeutet, also welche Heizkosten auf sie zukommen. Ein kostenloses Online-Tool von Minol hilft dabei. Nutzer tragen lediglich vier Werte ein, die in jeder Immobilienanzeige genannt werden müssen. Der Rechner kalkuliert daraus die zu erwartenden monatlichen und jährlichen Heizkosten, basierend auf der statistischen Auswertung von 1,5 Mio. Heizkostenabrechnungen und liefert so eine verlässliche Prognose.
www.kennwertrechner.de

Bestimmte Energiekennwerte dürfen in Immobilienanzeigen nicht fehlen.

Foto: © baibaz / Shutterstock.com; Minol (2)


Peters, Frank

Der Verfasser des „Handbuch zur Wärmekostenabrechnung“ ist bei Minol Messtechnik W. Lehmann GmbH & Co. KG tätig.