21.01.2022 Ausgabe: 1/22

Zum Jahresbeginn 2022 - Steuerliche Hinweise für Arbeitnehmer und Unternehmer

Auch im Jahr 2021 war die Bundesregierung wieder recht aktiv, neue Regelungen zu verkünden. Viele davon im Bemühen, die Coronapandemie einzuschränken – gut gemeint für die Bürger, aber die Schuldenlast der Republik drückt uns nun alle und wird in absehbarer Zeit kaum abzubauen sein.


Termine und Fristen
Für die Steuerkanzleien ballten sich vielfach Fristen, weil die Corona-Sonderregelungen zu erheblich mehr Arbeit führten, etwa das Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer, das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz für Familien, Geringverdiener und Unternehmen sowie Stundungsersuche und Aussetzungsanträge bei den Finanzämtern. Die Steuerbürger, die ihre Steuererklärungen selbst beim Finanzamt einreichen, sollten das stets bis zum Ablauf des folgenden Juli tun. Sonst drohen Verspätungszuschläge. Steuerkanzleien erhalten längere Fristen und wegen der Pandemie auch weitere Verlängerungen. Derzeit sind Verlängerungsverfahren bei der Finanzverwaltung noch in Arbeit.


Steuerliche Entlastungen
Da viele Arbeitnehmer im Homeoffice tätig waren oder sind, ergeben sich für 120 Heimarbeitstage bei pauschalem Abzug von fünf Euro pro Tag maximal 600 Euro im Jahr. Das Corona-Steuerhilfegesetz hat die Arbeitnehmer nicht erhöht, aber bis zum 31. März 2022 verlängert, soweit sie noch  nicht ausgeschöpft sind. Die Möglichkeit der steuer- und sozialversicherungsfreien
Sonderzahlung gilt für jeden Beschäftigten zusätzlich zum üblichen Arbeitslohn, unabhängig von Branche und ausgeübter Tätigkeit – allerdings nur einmalig, also nicht jährlich. Der Grund für die Sonderzahlung ist im Lohnkonto festzuhalten.

Die Entfernungspauschale für Wege zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte in Höhe von 30 Cent pro Entfernungskilometer wurde seit 2021 ab dem 21. Kilometer auf 35 Cent erhöht. Von 2024 bis 2026 wird die sogenannte Fernpendlerpauschale ab dem 21. Kilometer auf 38 Cent angehoben. Aber ab 2027 soll wieder die ursprüngliche Pauschale von 30 Cent gelten. Die Erhöhung über die 30 Cent pro Entfernungskilometer gilt auch für Unternehmer und auch auf Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung.

Beruflich bedingte Umzugskosten können als Werbungskosten die Steuer reduzieren. Arbeitgeber können diese Kosten alternativ steuer- und sozialversicherungsfrei ersetzen. Zu den Umzugskosten gehören Transportkosten, Reisekosten, doppelte Mietzahlungen und Maklergebühren. Weitere Umzugsauslagen können mit einem Pauschbetrag geltend gemacht werden: bis 31. März 2021 mit 860 Euro, ab 1. April 2021 mit 870 Euro und ab 1. April 2022 mit 886 Euro. Für weitere Haushaltspersonen, Ehepartner und Kinder, können zusätzliche Beträge geltend gemacht werden.

Die Regelungen zum Kurzarbeitergeld (KUG) wurden optimiert und sind wegen des Anhaltens der Pandemie weiterhin gültig. Mindestens zehn Prozent der Beschäftigten eines Unternehmens müssen einen Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent haben. Zuvor mussten 30 Prozent der Arbeitnehmer betroffen sein. Das erhöhte KUG beträgt 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts bzw. für Haushalte mit Kindern 67 Prozent. Im vierten Monat erfolgt eine Erhöhung auf 70 Prozent (mit Kindern 77 Prozent) und ab dem siebenten Monat auf 80 Prozent (mit Kindern 87 Prozent). Sozialversicherungsbeiträge wurden den Betrieben bis September 2021 vollständig erstattet; von Oktober bis Dezember 2021 aber nur noch zu 50 Prozent.

Bei Dienstwagen von Arbeitnehmern wird meist die Ein-Prozent-Regelung zur privaten Nutzung angewendet und pauschal für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03 Prozent des Listenpreises des Fahrzeugs berechnet. Bei einer Homeoffice-Regel entstehen steuerliche Belastungen, ohne entsprechende Privatnutzung. Hier lässt sich für die tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 0,002 Prozent des Listenpreises rechnen. In solchen Fällen sollte die steuerliche Entlastung des Arbeitnehmers exakt geprüft werden.


Personengesellschaften können zur Körperschaftsteuer optieren
Eine solche Wahl kann mit Wirkung ab 2022 erfolgen. Aber die entsprechende Beantragung muss bis 30. November des Vorjahres erfolgt sein. Die Anwendung für 2022 kann also nicht geltend gemacht werden, wenn sie nicht bis 30. November 2021 beantragt wurde. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kommt dafür nicht in Betracht. Verlockend ist die Besteuerung mit 15 Prozent Körperschaftsteuer (plus Solidaritätszuschlag) und für Ausschüttungen der Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag) oder das Teileinkünfteverfahren, das 40 Prozent der Ausschüttung steuerfrei stellt. Dessen ungeachtet fallen für die Gesellschaft natürlich Gewerbe- und Umsatzsteuer an.

Eine solche Option kann sinnvoll sein, wenn Gesellschafter dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer unterliegen und keine hohen Ausschüttungen benötigen. Doch die wirtschaftlichen und steuerlichen Risiken sind recht hoch! Für die Veräußerung eines Gesellschaftsanteils gilt eine siebenjährige Sperrfrist, sonst können rückwirkende Aufdeckungen stiller Reserven mit steuerlichen Belastungen eintreten. Dieses neue Konstrukt sollte sehr wohl durchdacht werden, um beträchtliche Risiken zu umgehen.


Coronabedingte Sonderregelungen
Kleine und mittlere Unternehmen können nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) Investitionsabzugsbetrag den steuerlichen Aufwand für geplante Investitionen vorziehen. Ein gewinnmindernder Abzug war bis 2019 mit 40 Prozent, ab 2020 mit 50 Prozent der Investitionen möglich. Nachfolgend gilt dann die Verpflichtung zur Investitionsausführung für bis zu drei Jahre. Entfällt die geplante Anschaffung oder Herstellung, muss der Abzugsbetrag rückgängig gemacht werden, und es fallen nach derzeitigem Stand sechs Prozent Zinsen pro Jahr auf die Steuernachzahlung an. Ab 2020 wurde diese Frist gesetzlich auf vier Jahre verlängert und nunmehr durch die Körperschaftsteuerreform erneut geändert.

Für bestimmte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (z. B. Grundstücke, Gebäude und Anteile an Kapitalgesellschaften) können die entsprechenden Gewinne aus dem Verkauf gemäß § 6b EStG zunächst steuerfrei in eine Rücklage eingestellt werden, die binnen vier Jahren, bei einigen Vorgängen binnen sechs Jahren auf neu angeschaffte oder hergestellte Ersatzwirtschaftsgüter übertragen werden. Damit bilden sich stille Reserven, oder es kommt künftig zu einer geringeren Abschreibung. Folglich ergibt sich eine langfristige Steuerstundung.


Neue Vorgaben für Bewirtungsbelege
Bewirtungen von betriebsfremden Personen sind aus betrieblichen Gründen zu 70 Prozent steuerlich abzusetzen. Die Vorsteuer kann vollständig vom Finanzamt angerechnet werden. Neben der Rechnung sind auch Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen anzugeben.


Eindämmung von Share Deals
Statt einer Immobilie kaufen manche Investoren Anteile an einer Grundstücksgemeinschaft oder einer Gesellschaft, der die Immobilie gehört. Share Deals waren grunderwerbsteuerfrei, solange der Investor weniger als 95 Prozent der Anteile erworben hat. Zur Eindämmung solcher Steuergestaltungen wurde u. a. die 95-Prozent-Grenze auf 90 Prozent abgesenkt, die Haltefrist von fünf auf zehn Jahre und die Vorbehaltensfrist auf 15 Jahre verlängert. Entsprechend wurde das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) zum 1. Juli 2021 geändert.


Sechs Prozent Steuerzins für verfassungswidrig erklärt
In Zeiten sehr niedriger oder negativer Zinsen erscheint es fragwürdig, dass Finanzämter sechs Prozent per anno erheben. Das Bundesverfassungsgericht hat den steuerlichen Zinssatz in zwei Entscheidungen seit 2014 für verfassungswidrig erklärt. Dennoch bleibt es für Steuerschulden bis Ende 2018 dabei. Ab 2019 muss eine verfassungskonforme Neuregelung aufgestellt werden. Zinsbescheide für Festsetzungen ab 2019, die einen Vorläufigkeitsvermerk enthalten, sollen nachträglich angepasst werden. Fehlt der Vorläufigkeitsvermerk, wird der Bescheid bestandskräftig, wenn man nicht Einspruch erhebt!

Wawro, Wolfgang

Der seit 1973 selbstständig tätige Steuerberater ist geschäftsführender
Gründungsgesellschafter der Wawro Steuerberatungsgesellschaft mbH, Pressesprecher im Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg und seit 2005
ehrenamtlicher Richter beim Landgericht Berlin. www.wawro-online.de