WEG-Recht

BGH: Beschlussergebnisverkündung unter Bedingung ist unwirksam!

Im » DDIVnewsletter vom 15.09.2017 berichteten wir von einem Fall des LG Hamburg (Urteil vom 12.07.2017 zum gerichtlichen Aktenzeichen 318 S 31/16), der beim BGH in Karlsruhe landete. Es ging um eine Trittschallproblematik im Altbau und die Frage, ob ein Beschlussergebnis im Umlaufverfahren durch Schweigen oder unter einer Bedingung verkündet werden kann. Jetzt liegt die Entscheidung des BGH vor.

Mit Urteil vom 06.07.2018 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 221/17 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass ein Beschlussergebnis nicht unter der Bedingung festgestellt werden kann, dass kein Eigentümer innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht; geschieht dies dennoch, ist ein Beschluss nicht zustande gekommen. Diese Aussage gilt nicht nur für schriftliche Beschlussfassungen im Umlaufverfahren (§ 23 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz [WEG]), sondern auch für Beschlüsse, die in Eigentümerversammlungen gefasst werden. Zusätzlich stellt der BGH fest, dass ein Wohnungseigentümer berechtigt ist, in seiner Altbauwohnung den kompletten Fußboden auszutauschen und dabei auch (möglicherweise) im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Teile des Bodenaufbaus ersatzlos zu entfernen.

Der Fall

Wegen des Sachverhalts wird auf den » DDIVnewsletter vom 15.09.2017 verwiesen. Ergänzend dazu wird der genaue Wortlaut des vom Verwalter initiierten schriftlichen Beschlussantrags wie folgt mitgeteilt:

„Sehr geehrte Damen und Herren Eigentümerinnen und Eigentümer,

wir nehmen Bezug auf den mit unserem Schreiben vom 25.02.2013 versandten Zirkularbeschlussantrag. Die Frist zur Stimmabgabe lief am 09.03.2013 ab. Der Antrag wurde mit einer Nein-Stimme zunächst abgelehnt. Am 12.03.2013 wurde dann die Nein-Stimme zurückgezogen und der Eigentümer S. änderte seine Stimme in eine Ja-Stimme. Somit haben alle Eigentümer ihre Zustimmung erteilt. Formal, aufgrund des Fristablaufs, ist dieser Beschluss jedoch eigentlich abgelehnt. Um allen eine erneute Stimmabgabe zu ersparen, würden wir den Beschlussantrag trotz dieses Formfehlers als angenommen werden. Wir müssen jedoch darauf hinweisen, dass Sie als Eigentümer ein Widerspruchsrecht haben, sollten Sie dieser Verfahrensweise nicht zustimmen, bitten wir um eine schriftliche Erklärung bis zum 24.03.2013.

Mit freundlichen Grüßen

(Verwalter)“

Die Entscheidung

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann das Anschreiben des Verwalters nicht als eine – durch einen Widerspruch eines Wohnungseigentümers – auflösend bedingte Feststellung des Beschlussergebnisses angesehen werden. Wegen der konstitutiven Wirkung, die eine Beschlussergebnisfeststellung hat, ist aus Gründen der Rechtssicherheit, auf die jeder Eigentümer wegen der nur einmonatigen Anfechtungsfrist angewiesen ist (§ 46 Abs. 1 Satz WEG) eine verbindliche Feststellung erforderlich. Das schließt die Feststellung eines Beschlussergebnisses unter einer Bedingung aus.

Die auf die Einbringung einer hinreichenden Trittschalldämmung gerichtete Klage weist der BGH ab. Die Verlegung von Eichenparkett in der gesamten Dachgeschosswohnung unter ersatzloser Entfernung einer auf dem Rauspund verschraubten Holzspanplatte sei kein grundlegender Um- oder Ausbau, der die Einhaltung der im Zeitpunkt der Baumaßnahme (2013) geltenden Anforderungen an den Trittschallschutz erforderlich gemacht hätte. Weil es sich lediglich um eine typische Sanierungsmaßnahme gehandelt habe und die Anforderungen an den Schallschutz gemäß DIN 4109 Ausgabe 1962 (das Jahr der Errichtung der Dachgeschosswohnung) nach den getroffenen Feststellungen des Landgerichts (Sachverständigengutachten) weiterhin eingehalten bzw. sogar verbessert worden seien, sei ein Störungsabwehranspruch der Kläger zu verneinen. Daher könne dahinstehen, ob die eigenmächtige Entfernung der Holzspanplatten eine Sachbeschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums darstelle. Zu einer solchen Maßnahme seien die Beklagten berechtigt gewesen.

Fazit für den Verwalter

Beschlussergebnisverkündungen unter einer Bedingung sind unwirksam. Daraus folgt, dass es eine Pflichtverletzung darstellt, wenn der Verwalter als Versammlungsleiter ein auflösend bedingtes Beschlussergebnis feststellt. Alle Eigentümer müssen ab dem Moment der Verkündung (entweder in der Versammlung oder mit Zugang der Ergebnismitteilung in einem schriftlichen Umlaufverfahren) wissen, woran sie sind. Insbesondere müssen sie die einmonatige Anfechtungsfrist problemlos berechnen können. Nicht verboten ist es hingegen, in den Beschlussinhalt eine Bedingung aufzunehmen, von deren Eintritt beispielsweise die Durchführung des Beschlusses abhängig gemacht werden soll. Gängig sind etwa Regelungen, wonach der Verwalter mit der Beschlussdurchführung erst loslegen darf, wenn der Beschluss bestandskräftig ist.

Wollen Sondereigentümer ihre Wohnung instand setzen oder modernisieren, dürfen sie den Fußbodenbelag austauschen, wenn und soweit sie Trittschallschutzanforderungen, die im Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung galten, einhalten. Unter dieser Voraussetzung dürfen sie sogar Bestandteile des Fußbodenaufbaus, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, ersatzlos entfernen oder sonst baulich verändern. Dies gilt sowohl für die – wie hier – vollflächige Auswechselung des Fußbodens als auch für eine Bad-Sanierung, in deren Zuge der vorhandene Estrich entfernt und eine Fußbodenheizung eingebaut wurde (dazu BGH, Urteil vom 16.03.2018 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 276/16). Obwohl also Estrich und – wahrscheinlich – auch die Holzspanplatte gemeinschaftliches Eigentum darstellen, hatte der Eingriff durch den Sondereigentümer keine nachteiligen Folgen für ihn.

Nur grundlegende Um- oder Ausbauten, wie etwa ein erstmaliger nachträglicher Dachgeschossausbau oder eine Gebäudeaufstockung, begründen eine Pflicht zur Beachtung der aktuellen technischen Anforderungen an den Trittschallschutz im Zeitpunkt der Baumaßnahme.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt

Rechtsanwälte PartmbB Hamburg

www.wir-breiholdt.de