Beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe liegt zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 221/17 ein WEG-Verfahren, in dem es neben einer Trittschallproblematik in einem Altbau um die rechtliche Frage geht, wie im schriftlichen Beschlussverfahren gemäß § 23 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eine Beschlussergebnismitteilung vollzogen werden kann und darf. Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 12.07.2017 zum gerichtlichen Aktenzeichen 318 S 31/16) als Berufungsinstanz hatte wegen zweier grundsätzlicher Fragen die Revision zugelassen.
Der Fall
Kläger und Beklagten jeweils Eheleute sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Hamburg-Altona. Das Gebäude wurde 1909 errichtet (Altbau mit Holzbalkendecken), die streitgegenständliche Dachgeschosswohnung der Beklagten nachträglich im Jahr 1962. Im Jahr 2013 tauschten die Beklagten den Fußbodenbelag in ihrer Dachgeschosswohnung aus (Eichendielen rein, PVC und Laminat raus) und rissen eine auf der Holzbalkendecke mit Rauspund verschraubte Schicht aus Pressspanplatten ersatzlos heraus. Eine Trittschalldämmung wurde nicht eingebracht. Ferner errichteten die Beklagten eine straßenseitige Gaube mit vorgelagerter Loggia.
Regelungen bezüglich der durchgeführten baulichen Maßnahmen finden sich in der Gemeinschaftsordnung nicht, so dass die gesetzlichen Regelungen des § 22 Abs. 1 WEG in unabgeändeter Form gelten. Zwischen den Eigentümern ist streitig, ob die Zustimmung zu den baulichen Maßnahmen in einem schriftlichen Beschlussverfahren (Umlaufverfahren) gemäß § 23 Abs. 3 WEG wirksam zustande gekommen ist. Der Verwalter hatte allen Eigentümern unter dem 25.02.2013 den Beschlussantrag schriftlich zukommen lassen. Mit weiterem Schreiben des Verwalters vom 15.03.2013 wurde mitgeteilt, der Beschluss im schriftlichen Verfahren sei nicht zustande gekommen, weil ein Miteigentümer eine Nein-Stimme abgegeben habe. Im Schreiben teilte der Verwalter gleichwohl mit, er würde diesen Beschlussantrag trotzdem als angenommen werten, da der besagte Miteigentümer wenn auch erst nach Fristablauf seine Nein-Stimme zurückgezogen und dem Beschlussantrag zugestimmt habe. Gleichzeitig räumte der Verwalter in dem Schreiben allen Eigentümern ein Widerspruchsrecht zu dieser Verfahrensweise durch schriftliche Erklärung bis zum 24.03.2013 ein. Ein Widerspruch erfolgte nicht. Eine Mitteilung des Verwalters ob Widersprüche eingegangen seien und wie das Beschlussergebnis laute, erfolgte ebenfalls nicht mehr.
Die Entscheidung
Das Landgericht Hamburg wertet den schriftlichen Beschluss als wirksam zustande gekommen. Das Schreiben des Verwalters vom 15.03.2013 sei trotz der Formulierung im Konjunktiv ( würden wir diesen Beschlussantrag trotz dieses Formfehlers als angenommen werten.) als Verkündung des Beschlussergebnisses anzusehen. In der Sache habe der Verwalter damit den Beschlussantrag als angenommen festgestellt und dies den Wohnungseigentümern mitgeteilt, diese Feststellung aber unter die auflösende Bedingung (§158 Abs. 2 BGB) gestellt, dass ein Wohnungseigentümer innerhalb der gesetzten Frist dieser Verfahrensweise widerspreche.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Frage hat das Landgericht die Revision zugelassen. Das Rechtsmittel wurde eingelegt. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH den Fall beurteilen wird. Spannend neben der Beschlussproblematik ist auch die eingangs geschilderte Trittschallproblematik. Soweit ersichtlich hat sich der BGH bisher nur zu Geschossdecken aus Stahlbeton in einem 1970er-Jahre-Bau geäußert (BGH vom 01.06.2012 V ZR 195/11), aber noch nicht zu Eigentumsverhältnissen und Eingriffsbefugnissen des Sondereigentümers bei Holzbalkendecken in Altbauten.
Fazit für den Verwalter
Wohnungseigentümer können Beschlüsse entweder in der Eigentümerversammlung fassen oder durch schriftliches Umlaufverfahren gemäß § 23 Abs. 3 WEG. In beiden Fällen kommen Beschlüsse erst und nur dann wirksam zustande, wenn der Verwalter bzw. Initiator das Beschlussergebnis (Annahme oder Ablehnung oder Offenlassen des Beschlussantrages) den Eigentümern förmlich mitteilt. In der Versammlung spricht man von einer Verkündung des Beschlussergebnisses. Im schriftlichen Umlaufverfahren fordert der BGH eine Mitteilung, also ebenfalls einen förmlichen Akt. Sinn und Zweck in beiden Fällen ist der Schutz von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sowohl für die Wohnungseigentümer (aktuelle und künftige) als auch für den Verwalter, der den Beschluss durchzuführen hat.
Auch im schriftlichen Beschlussverfahren gefasste Beschlüsse können mit der Anfechtungsklage gerichtlich angegriffen werden. Auch hier gilt die einmonatige Anfechtungsfrist ab Zustandekommen des Beschlusses.
Beschlussergebnisverkündungen unter Bedingungen oder Vorbehalten sind grundsätzlich unzulässig. Lediglich der Beschlussinhalt als solcher kann gegebenenfalls Bedingungen enthalten. Beispiele sind etwa die Erhebung einer Klage gegen einen Miteigentümer oder Dritten, wenn dieser nicht innerhalb einer gesetzten Frist auf eine Aufforderung der Gemeinschaft reagieren sollte oder die Weisung an den Verwalter im Beschluss, diesen erst durchzuführen, wenn er bestandskräftig ist. In solchen Fällen ist für den Verwalter bzw. objektiven Betrachter ohne weiteres festzustellen, ob der Bedingungseintritt erfolgt ist. Bei einer bedingten Beschlussergebnisverkündung bzw. mitteilung dagegen stünde nicht fest, ob und mit welchem Inhalt ein Beschluss ab welchem Zeitpunkt zustande gekommen ist.
Dr. Jan-Hendrik SchmidtW·I·R Breiholdt Nierhaus SchmidtRechtsanwälte PartmbB Hamburgwww.wir-breiholdt.de