WEG-Recht

Der Besteller einer Werkleistung hat trotz Verjährung ein Leistungsverweigerungsrecht gegen Honorarforderungen

Mit Urteil vom 05.11.2015 zum gerichtlichen Aktenzeichen VII ZR 144/14 hat der u. a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass der Besteller wegen des Mangels der Werkleistung ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Unternehmer auch nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche gemäß § 215 BGB geltend machen kann, wenn dieser Mangel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten ist und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht bereits in nicht verjährter Zeit hätte geltend gemacht werden können. Das Leistungsverweigerungsrecht muss also nicht bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht worden sein.

Der Fall

Ein Grundstückseigentümer beauftragte einen Fachunternehmer mit Rohrbauarbeiten. Die Geltung der VOB/B (2006) war vereinbart. Die Werkleistung wurde am 16.10.2008 unter Vorbehalt verschiedener Mängel und Restarbeiten abgenommen. Zu einem späteren Zeitpunkt traten Wölbungen des Pflasters auf, die vom Grundstückseigentümer erstmals mit Schreiben vom 11.11.2013 geltend gemacht wurden. Wann diese Wölbungen erstmals in Erscheinung traten, ist unklar. Der Unternehmer klagte restlichen Werklohn ein, die Beklagte berief sich u. a. auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln, darunter die Wölbung des Pflasters. Das Berufungsgericht hielt das Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten trotz der Regelung in § 215 BGB für ausgeschlossen, da die Beklagte dieses Recht nicht vor Verjährung, die mit dem Ablauf des 16.10.2013 eingetreten sei, geltend gemacht habe. Bezüglich dieser Rechtsfrage legte die Beklagte Revision ein.

Die Entscheidung

Der BGH bewertet die Rechtslage anders. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sei die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts aus § 215 BGB nicht ausgeschlossen. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung schließt die Verjährung die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals die Leistung hätte verweigert werden können. Danach sei es ausreichend, wenn der fragliche Mangel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten sei und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht in nicht verjährter Zeit hätte geltend gemacht werden können. Nicht erforderlich sei es, dass der Besteller bereits vor Eintritt der Verjährung seiner Mängelansprüche ein Leistungsverweigerungsrecht, gestützt auf diesen Mangel (Wölbung der Pflasterung), tatsächlich geltend gemacht habe. Sollte also die Wölbung des Pflasters bereits vor dem 17.10.2013 in Erscheinung getreten sein, könne die Beklagtenseite nunmehr noch erfolgreich ein Leistungsverweigerungsrecht gegen den Zahlungsanspruch einwenden. Da das Berufungsgericht diesen Sachverhalt nicht ermittelt habe, wurde die Sache an das OLG Düsseldorf zurückverwiesen.

Fazit für den Verwalter

Die Beklagte war keine Wohnungseigentümergemeinschaft. Dennoch sind die Rechtsgrundsätze, die der BGH aufstellt, uneingeschränkt übertragbar, wenn die WEG einen Unternehmer mit der Durchführung von Werkleistungen am gemeinschaftlichen Eigentum beauftragt. Professionelle Wohnungseigentumsverwalter haben im Rahmen des von ihnen geschuldeten Mängelmanagements laufende Verjährungsfristen zu notieren und rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten. Es ist empfehlenswert, notwendige Beschlüsse als Tagesordnungspunkt in die Versammlung zu bringen, insbesondere dann, wenn gerichtliche Schritte einzuleiten sind, wie etwa die Erhebung einer Klage oder ein Antrag im selbständigen Beweisverfahren.

Da manche versteckten Mängel erst in der späteren Phase der Verjährungsfrist auftreten, ist es unumgänglich, dass regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden. Später in Erscheinung tretende Mängel sind beim Unternehmer oder einem bereits für die WEG tätigen Rechtsanwalt oder Sachverständigen anzuzeigen, damit sie in nicht rechtsverjährter Zeit ebenfalls geltend gemacht werden können.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt Rechtsanwälte
PartG mbB Hamburg
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