WEG-Recht

Einsichtnahme in Wohnungsgrundbücher anderer Miteigentümer nur beschränkt zulässig

 In der letzten Zeit haben zwei oberlandesgerichtliche Entscheidungen noch einmal wichtige Rechtsgrundsätze zur Einsichtnahme in Wohnungsgrundbücher bestätigt. Namentlich das OLG München mit Beschluss vom 09.10.2015 – 34 Wx 184/15 und das Kammergericht (das OLG von Berlin) mit Beschluss vom 03.04.2014 – 1 W 83/14 stellen klar, dass Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft kein unbeschränktes Einsichtsrecht in die Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuchblätter ihrer Miteigentümer besitzen und auch kein uneingeschränktes Recht zur Einsichtnahme in die Grundakte, die zumeist beim Grundbuchamt geführt wird.

Die beiden Fälle

Im Münchener Fall hatte eine Eigentümerin Streit über die Begründung und die Grenzen von Sondernutzungsrechten. Sie war der Meinung, dass durch eine Bewilligung aus 1989 unklare Verhältnisse geschaffen worden seien, so dass sie nunmehr einen Anspruch darauf habe, die Wohnungsgrundbücher ihrer Miteigentümer zu überprüfen.

In dem Berliner Fall machte die Antragstellerin geltend, in Erfahrung bringen zu müssen, wer laut Grundbucheintragung Miteigentümer in ihrer Gemeinschaft ist, da sie gegen diese Ansprüche geltend machen wollte und die Eigentumsverhältnisse in Streit seien.

Das Grundbuchamt gab in beiden Fällen den Anträgen nur bedingt statt.

Die Entscheidungen

Beide Oberlandesgerichte weisen darauf hin, dass gemäß § 12 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO) die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet ist, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse sei gegeben, wenn der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolge; er müsse sachliche Gründe vortragen, welche die Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lasse. Entsprechendes habe gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 3 GBO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 GBV für die Einsicht der Grundakten zu gelten.

Da es im Fall des OLG München nicht um die Klärung streitiger Eigentumsverhältnisse gehe, sondern um den Umfang streitiger Sondernutzungsrechte, stehe der Antragstellerin nur ein beglaubigter Teilausdruck des Wohnungsgrundbuchs (ohne Abteilungen II und III) betreffend die Sondereigentumseinheit Nr. 1 zu, für das zwischen den Beteiligten streitige und zweifelhafte Sondernutzungsrecht eingetragen sein soll. Da Sondernutzungsrechte durch Vereinbarungen der Eigentümer nach § 10 WEG begründet, aufgehoben und verändert werden und diese als Inhalt des Sondereigentums in den Bestandsverzeichnissen zu verbuchen seien, genüge die Überlassung beschränkter Grundbuchauszüge. Weitergehende Erkenntnisse seien durch das Grundbuch nicht zu erlangen, zumal die Antragstellerin selbst im Besitz der Urkunden (Eintragungsbewilligungen) sei, die laut Bestandsverzeichnis zur Änderung der Sondernutzungsrechte geführt haben sollen.

Das Kammergericht wies das Grundbuchamt an, dem Antragsteller einen Auszug aus dem Wohnungsgrundbuch des fraglichen Sondereigentums des Miteigentümers im Umfang von Bestandsverzeichnis und Abteilung I zu erteilen. Ein weitergehender Ausdruck auch für die Abteilungen II und III sei hingegen nicht zu erteilen, da die Eigentumsverhältnisse in Abteilung I verbucht seien. Bezüglich der Eigentumsverhältnisse – hierauf weist das KG ausdrücklich hin – bestehe hingegen immer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der im Grundbuch eingetragenen Eigentümer, und zwar im Hinblick darauf, dass alle Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft in dieser personenrechtlich verbunden seien und sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis Rechte und Pflichten gegenseitiger Natur ergäben.

Anderes habe jedoch für die Eintragungen in Abteilungen II und III des Grundbuchs zu gelten. Etwaige Belastungen der fremden Sondereigentumseinheiten gingen die Antragsteller grundsätzlich nichts an.

Fazit für den Verwalter

Verwalter müssen aus vielerlei Gründen Grundbücher einsehen oder Grundbuchauszüge beschaffen, insbesondere wenn es um die Eigentumsverhältnisse geht. Für Gewöhnlich genügt die Beschaffung unbeglaubigter Grundbuchauszüge, beschränkt auf Bestandsverzeichnis und Abteilung I. Auf weitergehende Auskünfte wird zumeist kein berechtigtes Interesse bestehen. Um die Angelegenheit zu beschleunigen, ist es daher empfehlenswert, sogleich im Antrag eine entsprechende Beschränkung auf Teilausdrucke auszusprechen.


Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt Rechtsanwälte
PartG mbB Hamburg
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