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Keine zwingende Beeinträchtigung des Nachbarn durch Sonnenlichtreflexionen einer PV-Anlage

Ob störende Lichtreflexionen durch PV-Anlagen eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen ist laut OLG Braunschweig einzelfallabhängig. Insbesondere müssen die Dauer der Blendungen, die Intensität der Lichtreflexe und die konkreten Auswirkungen auf die Nutzung des Nachbargrundstückes bei der Bewertung einbezogen werden.

Der Fall

Auf dem Hausdach eines Grundstückseigentümers sind in Richtung des Wohnhauses des Nachbarn Paneele einer Photovoltaikanlage montiert. Ferner befinden sich auf dieser Dachfläche mehrere Dachfenster. Der Nachbar behauptete, durch die Reflexion der Sonneneinstrahlung auf die Paneele werde er in unzumutbarer Weise auf seinem Grundstück geblendet. Seiner Ansicht nach seien entsprechende Grenzwerte der technischen Normen und Regelwerke für die Bewertung von Lichtemissionen sowie -immissionen überschritten worden. Daraufhin klagte er auf Beseitigung der Reflexionen. Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab.

Die Entscheidung

Das OLG Braunschweig schloss sich der Entscheidung der Vorinstanz an. Unstreitig sei zwar, dass Grundstück samt Wohnhaus des Nachbarn in Teilen durch die Reflexionen beeinträchtigt wurden. Für die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, sei das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen. Wann die Schwelle zur Wesentlichkeit überschritten sei, komme auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an, so das OLG. Zu berücksichtigen seien dabei die Dauer der Blendungen, die Intensität der Lichtreflexe und die konkreten Auswirkungen auf die Nutzung des Nachbargrundstückes. Nach § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB handelt es sich in der Regel um eine unwesentliche Beeinträchtigung, wenn entsprechende Grenz- und Richtwerte eingehalten werden. Für Reflexionen durch Sonneneinstrahlung gebe es jedoch keine Vorschriften oder Richtlinien, die solche Werte festlegen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen seien im Wohnhaus des Nachbarn insgesamt nur an 60 Tagen und insgesamt unter 20 Stunden/Jahr durch die Paneele verursachte Reflexionen wahrnehmbar gewesen. Laut den Ausführungen sowohl des OLG als auch der Vorinstanz könne im vorliegenden Fall somit nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden. Auch bei einem vom Gericht durchgeführten Ortstermin sei lediglich eine Aufhellung, jedoch keine Blendung erkennbar gewesen.

Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 14. Juli 2022, Az. 8 U 166/21
Vorinstanz:
Landgericht Göttingen, Urteil vom 21. April 2021, Az. 5 O 236/15