Mietrecht

Klage auf künftige Räumung einer Wohnung kann gerechtfertigt sein

Widerspricht ein Mieter einer ausgesprochenen Kündigung des Mietverhältnisses mit der Begründung, die Suche nach einer Ersatzwohnung sei innerhalb der Kündigungsfrist erfolglos geblieben und es drohe die Obdachlosigkeit, kann die Besorgnis des Vermieters rechtfertigen, er entziehe sich damit dem Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Der Vermieter kann dann ausnahmsweise Klage auf künftige Räumung erheben.

Der Fall

Die Vermieter einer Wohnung kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 23. Juni 2020 wegen Eigenbedarfs mit einer Frist zum 31. März 2021. Mit anwaltlichem Schreiben aus Januar 2021 widersprach der Mieter der Kündigung. Als Begründung wurde ausgeführt, die Wohnungssuche sei bisher erfolglos geblieben, so dass ihm ab Ende März die Obdachlosigkeit drohe, was eine unzumutbare Härte im Sinne des § 574 Abs. 2 BGB darstelle. In dem Schreiben wurde zugesichert, umgehend die Vermieter zu informieren, wenn er eine neue Wohnung gefunden habe. Im Februar 2021 erhoben die Vermieter Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung spätestens zu Ende März 2021. Die Rückgabe der Wohnung erfolgte dann genau am 31. März 2021, nachdem die Suche Erfolg hatte.

Beide Parteien streiten nach übereinstimmender Erledigungserklärung noch um die Kosten des Räumungsrechtsstreits. Das Amtsgericht hatte dem Mieter die Kosten auferlegt. Die Berufungsinstanz hielt hingegen die Räumungsklage für unzulässig und traf die Kostenentscheidung zugunsten des Mieters. Das Landgericht vertrat die Ansicht, bei einer Räumungsklage sei eine Klage auf zukünftige Leistung gemäß § 259 BGB nur möglich, wenn der Mieter seine Pflicht zur Räumung bestreite. Anders sei es aber, wenn er grundsätzlich dazu bereit sei, jedoch die rechtzeitige Umsetzung am noch fehlenden Ersatzwohnraum scheitere. Eine Besorgnis, der Mieter werde sich einer Räumung entziehen, besteht laut Landgericht trotz erfolgtem Widerspruch der Kündigung daher nicht.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof folgt der Entscheidung der Berufungsinstanz nicht. Das Einreichen der Klage auf künftige Räumung könne je nach den Umständen des Einzelfalls zulässig sein.

Eine auf zukünftige Leistung gerichtete Klage sei nach § 259 ZPO ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Besorgnis bestehe, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. Diese Voraussetzungen hätten laut BGH im konkreten Fall vorgelegen.

Zwar habe der Mieter nicht die Wirksamkeit der Kündigung und damit seine Pflicht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung bestritten. Jedoch wollte er mit dem Widerspruch gegen die Kündigung dem Vermieter klar machen, dass er bei einer weiterhin erfolglosen Wohnungssuche zu einem Auszug nicht bereit sei, so der BGH. Dies reiche aus, die Besorgnis der Vermieter auszulösen, er werde die Räumung der Wohnung als geschuldete Leistung nicht fristgerecht erbringen. Es gäbe bei Wohnungsmietverhältnissen auch keinen anderen Bewertungsmaßstab für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 259 BGB, führt der BGH weiter aus. Jedenfalls werde keine Böswilligkeit des Mieters als Schuldner der Leistung für das Erfüllen des Sich-Entziehens der Leistung verlangt. Maßgeblich sei allein die Besorgnis der fehlenden Bereitschaft der Umsetzung bei Fälligwerden der geschuldeten Leistung.

Sofern ein Mieter einer Kündigung widerspreche und der Vermieter auf Grundlage dessen bereits die Klage auf künftige Räumung einreiche, müsse das zuständige Gericht neben der Wirksamkeit der Kündigung auch die vom Mieter angeführten Härtegründe prüfen. Dadurch seien laut BGH die Interessen des Mieters hinreichend gewahrt.

Die im vorliegenden Fall vom Mieter vorgebrachte Begründung, es liege eine besondere Härte im Sinne des § 574 Abs. 2 BGB vor, sofern eine geeignete Ersatzwohnung nicht rechtzeitig gefunden werden kann, werde erst bei der vorzunehmenden Abwägung zu den Folgen der Kündigung relevant. Hier könne die Gewährung einer Räumungsfrist in Frage kommen. Nach den Ausführungen des BGH dürfe dem Vermieter jedenfalls nicht die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung des Bestehens seines Räumungsanspruchs bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist versperrt bleiben.

Der Rechtsstreit wurde daher zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Oktober 2022, Az. VIII ZB 58/21

Vorinstanzen:
Landgericht Lübeck, Urteil vom 23. September 2021, Az. 14 T 25/21
Amtsgericht Lübeck, Urteil vom 5. Mai 2021, Az. 27 C 398/21