WEG-Recht

Teileigentum als Ferienwohnungen untervermietet – Zweckentfremdung?

Die Vielfalt neuer Lebens- und Nutzungsformen von Wohnungs- und Teileigentum führt zu Streit über die Zweckentfremdung. Geht es um die Zweckentfremdung von Wohnraum tritt neben die wohnungseigentumsrechtliche Problematik das öffentliche Recht auf den Plan, insbesondere in Form von Satzungen und Rechtsverordnungen über Wohnraumschutz und Zweckentfremdung. Wird dagegen Teileigentum zu Wohnzwecken zweckentfremdet, ist der Anwendungsbereich des öffentlichen Zweckentfremdungsrechts nicht eröffnet. Es bleibt aber der zivilrechtliche Streit. Am 27.1.2020 wurde eine Entscheidung des BGH veröffentlicht, der ein interessanter Sachverhalt zugrunde liegt.

Mit Beschluss vom 19. Dezember 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 81/19 wies der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde eines beklagten Teileigentümers zurück, der dazu verurteilt worden war, alles Erforderliche und Notwendige zu unternehmen, um die Nutzung seiner drei Ladeneinheiten als Ferienwohnungen durch seinen Mieter zu unterbinden. Da die erforderliche Rechtsmittelbeschwer von 20.000,00 EUR nicht dargelegt worden war, scheiterte sein Rechtsmittel bereits aus formellen Gründen. In der Sache selbst hatte sich der BGH nicht zu äußern, gleichwohl lohnt sich ein Blick auf die Rechtslage.

Der Fall

Der Beklagte ist Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft in Berlin-Spandau. Ihm gehören drei Teileigentumseinheiten, die in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung (TE/GO) als „Laden” bezeichnet sind. Die Einheiten sind vermietet und werden durch den Mieter als Ferienwohnungen untervermietet. Das Amtsgericht Spandau hat den Beklagten verurteilt, alles Erforderliche und Notwendige zu unternehmen, damit die Nutzung der Einheiten als Ferienwohnungen unterbunden wird. Das Landgericht Berlin hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision zum BGH nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Beklagten mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Er will nach Zulassung der Revision durch den BGH die Abweisung der Klage erreichen. Weitere Angaben zum Sachverhalt lassen sich der Entscheidung nicht entnehmen. Das Berufungsurteil des LG Berlin (14.3.2019 – 55 S 17/18 WEG) ist (bisher) nicht veröffentlicht.

Die Entscheidung

Der BGH verwirft die Nichtzulassung der Revision als unzulässig, da der Beklagte nicht dargelegt, dass seine Beschwer die erforderliche Grenze von 20.000,00 EUR übersteige. Soweit er darauf verweise, aus der Vermietung jährliche Mieteinnahmen von 38.545,47 EUR erzielt zu haben, sei diese Behauptung nicht aussagekräftig, da keine Angaben zur Differenz des Mietwerts zwischen einer Nutzung zu Ferienwohnzwecken und einer gewerblichen Nutzung der Einheiten vorgetragen seien.

Zur Sache selbst äußert sich der BGH nicht. Hier wäre erforderlich gewesen, dass die Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung hat.

Höchstrichterlich geklärt ist, dass die Vermietung von Wohnungseigentum an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung ist (BGH 15.1.2010 – V ZR 72/09), was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie in Teileigentumseinheiten unzulässig ist, sofern nicht in der TE/GO abweichende Vereinbarungen getroffen sind (vgl. BGH 27.10.2017 – V ZR 193/16). Legt man dies zugrunde, wäre die streitgegenständliche Nutzung unabhängig davon unzulässig, ob es sich bei der Bezeichnung „Laden” um eine verbindliche Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handelte oder nur eine unverbindliche Nutzungsempfehlung oder tatsächliche Nutzungsangabe im Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum: Sollte es sich um eine verbindliche Zweckbestimmung handeln, wäre die Nutzung zu Wohnzwecken unzulässig. Nichts anderes gälte, falls es sich nicht um eine Zweckbestimmung handeln sollte, wovon auszugehen wäre, wenn die Beschränkung auf eine Ladennutzung in der TE/GO nicht klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sein sollte. Dann wäre zwar jede gewerbliche Nutzung der drei Teileigentumseinheiten zulässig, eine Wohnnutzung im Umkehrschluss aber gerade nicht.

Es ist anzunehmen, dass der Beklagte juristisch schlechte Karten hat.

Einerseits hätte er zu beweisen, dass aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise keine Wohnnutzung vorliegt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn es eine „hotelähnliche Infra- und Organisationsstruktur” gäbe, der Mieter den Feriengästen (Untermietern) also zusätzliche Dienstleistungen anböte (z.B. Präsenz-Rezeption, tägliche/r Zimmerservice und -reinigung einschließlich Wäscheservice, zentraler Speiseraum zumindest mit Frühstück usw.) und übliche Bestandteile des Wohnens von seinem Leistungsangebot hingegen ausnehme (z.B. eigene Küche oder Kochgelegenheit in den Apartments).

Sollte eine solche hotelähnliche Infra- und Organisationsstruktur fehlen, könnte der Beklagte einwenden, dass bei typisierender Betrachtung die zweckbestimmungswidrige Nutzung (Ferienwohnungen) nicht mehr stört als eine zweckbestimmungsgemäße Nutzung des Teileigentums. Diesbezüglich dürfte eine Rolle spielen, dass eine gemischte Immobilie in Streit ist, in der es mithin Wohnungs- und Teileigentum gibt. Der BGH hat bislang nur zu einer Anlage, die ausschließlich aus Teileigentum besteht (dort: Ärztehaus mit Apotheke) entschieden, dass die Nutzung als Wohnraum unzulässig ist, jedoch ausdrücklich offen gelassen, wie es sich in Mischobjekten verhält (Urteil vom 23.3.2018 – V ZR 307/16 Rn 9, siehe » Beitrag vom 03.05.2018). In der Rechtsprechung der Landgerichte wird die Nutzung eines Teileigentums zu Wohnzwecken bei typisierender Betrachtung als zulässig erachtet, wenn sie angesichts einer bereits vorhandenen (überwiegenden) Wohnnutzung anderer Sondereigentumseinheiten nicht ins Gewicht fällt (LG Berlin 26.2.2019 – 55 S 10/18 WEG, ZMR 2019, 530 zu einem anderen Berliner Fall; LG Frankfurt/Main 14.3.2019 – 2-13 S 108/18, ZMR 2019, 714 = ZWE 2019, 279). Die höchstrichterliche Klärung dieser Frage steht nach wie vor aus.

Fazit für den Verwalter

Im hier besprochenen Fall klagte die WEG in Prozessstandschaft. Es war also wohl beschlossen worden, die gerichtliche Verfolgung der Abwehransprüche der Wohnungseigentümer auf Unterlassung zu bündeln und mittels des rechtsfähigen Verbandes durchzusetzen (sog. Ansichziehen). Sieht der Verwalter, dass die Mehrheit eine derartige Rechtsverfolgung „mit dem Schutzschild” der Gemeinschaft wünscht, sollte er eine entsprechende Beschlussfassung herbeiführen.

Vorliegend entschied sich die WEG, den vermietenden Teileigentümer zu verklagen. Ebenfalls in Betracht zu ziehen ist eine unmittelbare Klage gegen den Mieter. Der BGH hat unlängst an anderer Stelle entschieden, dass Wohnungseigentümer gegen einen Mieter, der Sondereigentum entgegen der für es getroffenen Zweckbestimmung nutzt, einen direkten Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB haben (BGH 25.10.2019 – V ZR 271/18, siehe » Beitrag vom 07.01.2020).

Dr. Jan-Hendrik Schmidt

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt

Rechtsanwälte PartmbB Hamburg

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