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Verjährungsbeginn der Vergütungsforderung eines Stromversorgers erst nach Erteilung einer Abrechnung (§ 40 Abs. 4 EnWG; § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV)

Der Beginn der Verjährung einer Vergütungsforderung eines Stromlieferanten in der Grundversorgung setzt die Fälligkeit seiner Forderung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV und somit die Erteilung einer Abrechnung voraus. Dies gilt auch dann, wenn der Versorger nicht innerhalb der in § 40 Abs. 4 EnWG bestimmten Fristen abgerechnet hat.

Der Fall

Die Eigentümerin eines Hauses und ein Stromversorger streiten um Zahlungsansprüche für gelieferten Strom. Im Hause der Eigentümerin befindet sich eine mit Strom belieferte Verbrauchsstelle, für die der Stromversorger den Zeitraum vom 11. November 2010 bis zum 31. Oktober 2012 mit erstellter Jahresrechnung vom 11. April 2013 sowie Schlussrechnung vom 6. Mai 2013 abrechnet. Die Hauseigentümerin leistet hierauf keine Zahlung und erhebt die Einrede der Verjährung.

Der Stromversorger hat über die Gesamtforderung einen Mahnbescheid erwirkt, der im November 2016 der Hauseigentümerin zugestellt worden ist.

Sowohl das Amtsgericht als auch das in der Berufungsinstanz zuständige Landgericht haben die Klage wegen der erhobenen Einrede der Verjährung abgewiesen. Als Begründung wird ausgeführt, dass die Jahres- und Schlussrechnung gemäß § 40 Abs. 4 EnWG noch im Jahr 2012, nämlich spätestens 6 Wochen nach Beendigung des abzurechnenden Zeitraums hätte erfolgen müsse. Der Verjährungsbeginn trete bereits in dem Zeitpunkt ein, in dem der Stromversorger die Rechnung hätte erteilen können und müssen. Damit habe die 3-jährige Regelverjährung nach §§ 195,199 BGB am 01.01.2013 begonnen und am 31.12.2015 geendet. Das im Jahr 2016 eingeleitete Mahnverfahren habe die Verjährung nicht mehr hemmen können. Aufgrund dieser Abrechnungspflicht sei hinsichtlich der Verjährung nicht mehr ausschließlich auf den Fälligkeitszeitpunkt ab Rechnungslegung gemäß § 17 StromGVV abzustellen.

Die Entscheidung

Der BGH teilt die Auffassung der Vorinstanzen nicht und stellt klar, dass die Ansprüche des Stromlieferanten nicht verjährt sind. Es gilt bei Energieversorgungsverträgen die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB, da keine davon abweichende Verjährungsfrist mit einem konkreten Zeitraum vorgesehen ist.

Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB das Entstehen und die Fälligkeit des Anspruchs. In bestimmten Sonderfällen ist die Fälligkeit einer Forderung kraft Gesetzes von der Erteilung einer Rechnung abhängig.

Da der Stromlieferant in dem vorliegenden Fall die Hauseigentümerin im Rahmen eines Grundversorgungsverhältnisses mit Strom beliefert, ist § 17 StromGVV anzuwenden. Nach dieser Vorschrift werden Rechnungen frühestens zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. Die dreijährige Verjährungsfrist begann somit erst nach dem Zugang der Rechnungen vom 11.April 2013 und 06.05.2013, nämlich mit Ablauf des 31.12.2013 und endete nicht vor dem 31.12.2016.

Der Beginn ist auch nicht nach § 40 Abs.4 EnWG auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen, da diese Norm keine Regelung zur Fälligkeit der Forderung des Energieversorgers trifft. Diese Aufgabe kommt vielmehr § 17 StromGVV zu, wonach es für die Fälligkeit der Vergütungsforderung allein auf den Zugang der Abrechnung und nicht auf die Einhaltung einer Abrechnungsfrist ankommt.

Die Vorschrift des im Jahr 2011 neu eingeführten § 40 Abs. 4 EnWG soll lediglich sicherstellen, dass Kunden spätestens sechs Wochen nach einem Wechsel des Stromversorgers eine Abschlussrechnung erhalten. Im Falle eines Verstoßes -wie hier- kann die zuständige Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur, gemäß § 65 EnWG Sanktionen gegen den Stromlieferanten erlassen. Für die Fälligkeit eines Anspruches und den Beginn der Verjährung ist diese Norm jedoch nicht anzuwenden.

Der BGH sieht somit keinen Anlass, von seiner gefestigten Rechtsprechung hinsichtlich des Erfordernisses einer Erteilung einer Rechnung für die Fälligkeit eines Anspruches und den Beginn der Verjährungsfrist abzuweichen.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17. Juli 2019, Az. VIII ZR 224/18

Vorinstanzen:
LG Flensburg, 22.
Juni 2018, Az. 1 S 92/17
AG Husum, 20.
Oktober 2017, Az: 24 C 5/17