Schließt eine WEG für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung ab, handelt es sich grundsätzlich um eine Versicherung auf fremde Rechnung. Reguliert der Versicherer einen Wasserschaden am Sondereigentum, muss die Gemeinschaft als Versicherungsnehmerin den Geldbetrag an den Sondereigentümer auszahlen, der zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls eingetragener Wohnungseigentümer war.
Mit Urteil vom 16.09.2016 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 29/16 hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) einige grundlegende Dinge im versicherungsrechtlichen Umgang mit einer Wohnungseigentümergemeinschaft geklärt. Versicherungsrechtlich betrachtet gibt es den Unterschied zwischen Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum nicht. Das Gebäude mit seinen Bestandteilen ist insgesamt als einheitliche Sache versichert. Versicherungsnehmer ist der rechtsfähige Verband, während Versicherte die einzelnen Wohnungseigentümer sind, und zwar sowohl für ihren ideellen Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum als auch für ihr Sondereigentum, das insoweit Alleineigentum ist.
Der Fall
Die Kläger sind drei Geschwister und klagen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft (rechtsfähigen Verband) auf Zahlung einer Leistung des Gebäudeversicherers in Höhe von insgesamt EUR 946,03. Das Wohnungseigentum wurde ihnen von ihrer Mutter durch Vertrag vom 18.10.2013 zu je 1/3 zu Lebzeiten übertragen. Im Vertrag ist als Übergabezeitpunkt für Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr der 01.02.2013 vereinbart. Am 11.07.2013 erfolgte die Grundbuchumschreibung. Bereits im Dezember 2012 war es im Hobbyraum der Wohnung der Kläger zu einem Wasserschaden gekommen. Trocknungs- und Sanierungsmaßnahmen wurden erforderlich, durchgeführt und vom Gebäudeversicherer nach Grundbuchumschreibung in die WEG-Kasse (Verwaltungsvermögen) gezahlt, darunter auch ein pauschalierter Nutzungsausfall für 2 ½ Monate zwischen Schadensentstehung und Grundbuchumschreibung. Der Verwalter der Beklagten erklärte gegen den Anspruch der Mutter die Aufrechnung mit rückständigen Hausgeldansprüchen. Die Kläger meinen, das Geld stehe ihnen zu, da die Versicherungsleistung erst nach Grundbuchumschreibung dem Verbandsvermögen zugeflossen sei.
Die Entscheidung
Die Kläger gehen in allen drei Instanzen baden. Ihnen steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Der BGH bestätigt die Vorinstanzen (AG Idstein, LG Frankfurt/Main) in der Ansicht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmerin verpflichtet ist, die Versicherungsleistung an diejenige Person auszuzahlen, der sie nach den versicherungsvertraglichen Regeln zusteht. Dies ist die Mutter, da der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung bereits mit Eintritt des Versicherungsfalls im Dezember 2012 entstanden war. Zwar treffe es zu, dass dann, wenn die versicherte Sache vom Versicherungsnehmer veräußert werde, gemäß § 95 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) an dessen Stelle der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers eintrete. Allerdings führe der Eigentumswechsel nicht dazu, dass in der Person des Veräußerers entstandene Ansprüche auf den Erwerber übergingen. Die Versicherungsleistung habe daher der Mutter zugestanden. Es komme hingegen nicht darauf an, wann der Anspruch gegen die Versicherung fällig geworden sei (siehe § 14 VVG) oder wann die Versicherung die Versicherungsleistung tatsächlich erbracht habe.
Eine Besonderheit bei der Regulierungsberechnung ergebe sich bei dem Anspruch auf Nutzungsausfall wegen Unbewohnbarkeit des Sondereigentums. Dieser Anspruch entstehe für jeden Zeitraum neu, in dem die Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigt sei. Stichtag sei auch insoweit der Tag des Eigentumsübergangs (11.07.2013). Soweit es um den Nutzungsausfall bis zu diesem Zeitpunkt gehe, sei der Anspruch in der Person der Mutter entstanden. Für anschließende Nutzungsausfallzeiträume hingegen wären die Kinder (Kläger) Anspruchsinhaber geworden (Rn 15 der Urteilsgründe). Indessen wirke sich diese Differenzierung im vorliegenden Fall nicht aus, da die regulierten 2 ½ Monate vor dem 11.07.2013 gelegen hätten.
Fazit für den Verwalter
Für die Regulierung von Wasserschäden am Sondereigentum ist der WEG-Verwalter nicht verantwortlich. Er muss dem Sondereigentümer (Versicherten) lediglich die Kontaktdaten einschließlich Versicherungsnummer des Gebäudeversicherers zur Verfügung stellen. Übernimmt der WEG-Verwalter hingegen (freiwillig) die Schadensregulierung, kommt insoweit ein Auftragsverhältnis zum Sondereigentümer zustande (§§ 662 ff. BGB), aus denen sich Haftungsansprüche bei Pflichtverletzungen und Versäumnissen ergeben können.
Ist die Ursache eines Wasserschadens unklar, kann beispielsweise ein Leck im Leitungssystem sowohl gemeinschaftliches Eigentum als auch Sondereigentum betreffen, ist der WEG-Verwalter verpflichtet, die notwendige Ursachenforschung zu betreiben. Nur dann, wenn von Anfang an klar und eindeutig feststeht, dass gemeinschaftliches Eigentum nie und nimmer ursächlich bzw. mitursächlich für den Schadenseintritt sein kann (z. B. abgeplatzter Verbindungsschlauch der Waschmaschine, übergelaufene Badewanne), darf der Verwalter bezüglich der Schadens- und Ursachenfeststellung untätig bleiben.
Aus der vorliegenden Entscheidung folgt, dass der Verwalter einen ehemaligen Sondereigentümer, dem die Versicherungsleistung zusteht, ausfindig machen muss. Dogmatisch begründen lässt sich dies damit, dass der rechtfähige Verband als Versicherungsnehmer und Inhaber des Verwaltungsvermögens auch gegenüber Ex-Eigentümern nachwirkende Treuepflichten hat. Verwalter sollten im Eigentümerkreise nachfragen, wie ein Ex-Eigentümer kontaktiert werden kann. Möglicherweise kann das Notariat helfen, im äußersten Fall gegebenenfalls auch eine zu beauftragende Detektei. Ebenfalls ist die Hinterlegung des Betrages bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts in Betracht zu ziehen.
Dr. Jan-Hendrik SchmidtW·I·R Breiholdt Nierhaus SchmidtRechtsanwälte PartmbB Hamburgwww.wir-breiholdt.de