Erklärt die Teilungserklärung Fußbodenheizungsleitungen zu Gemeinschaftseigentum und erlegt sie die Pflicht zur Instandhaltung dem Sondereigentümer auf, ist ein Beschluss über die Spülung der Fußbodenheizkreisläufe in allen Wohnungen durch und auf Kosten der Gemeinschaft unzulässig. Ein solcher Beschluss ist jedenfalls anfechtbar, möglicherweise sogar mangels Beschlusskompetenz nichtig.
Der Fall
Die Parteien der Anfechtungsklage sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die aus 4 Gebäuden besteht. Die Beheizung erfolgt über Fußbodenheizungen. Jede Wohnung verfügt hierbei über in sich abgeschlossene Fußbodenheizkreisläufe. In § 3 Ziffer 2 b) der Teilungserklärung ist vereinbart, dass Gegenstand des Gemeinschaftseigentums insbesondere die gesamte Heizungsversorgungsanlage einschließlich der in den Räumen des Sondereigentums angebrachten Heizkörper und Leitungen" ist. In § 5 Ziffer 2 c) heißt es, dass die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung auf die einzelnen Miteigentümer übertragen ist. Danach ist jeder Miteigentümer verpflichtet, auf seine Kosten auch diejenigen Gebäudeteile des Gemeinschaftseigentums Instand zu halten und Instand zu setzen, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden. Hiervon sind insbesondere die Heizungs- und sonstige Leitungen und Teile erfasst. Eine Ausnahme ist nur insoweit vereinbart, als es um den Anstrich von Leitungen sowie um Gebäudeteile geht, die nicht ausschließlich dem Sondereigentum zu dienen bestimmt sind.
Nachdem beim Verwalter nach und nach für 15 der rund 100 Wohnungen Beschwerden der Bewohner darüber eingetroffen waren, dass die Fußbodenheizungen nicht mehr warm werden, beschloss die Eigentümerversammlung eine einheitliche Spülung aller Fußbodenheizkreisläufe durch und auf Kosten der Gemeinschaft. Ein Eigentümer griff diesen Mehrheitsbeschluss gerichtlich an. Er ist der Meinung, dass sich die Gemeinschaft nicht durch Mehrheitsbeschluss in seine Verwaltungshoheit einmischen dürfe. Während des Anfechtungsprozesses wurde die Spülung vollständig durchgeführt und aus der Gemeinschaftskasse (Verwaltungsvermögen) bezahlt.
Die Entscheidung
Amtsgericht und Landgericht gaben der Anfechtungsklage statt. Nach Ansicht der Gerichte sei der Mehrheitsbeschluss möglicherweise mangels Beschlusskompetenz sogar nichtig, da umstritten sei, ob der Gemeinschaft bei in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) vereinbarter Instandhaltungs- und Kostentragungspflicht des Sondereigentümers für Teile des Gemeinschaftseigentums eine Restzuständigkeit" der Gemeinschaft verbliebe, um Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum doch gemeinschaftlich durchzuführen. Diese Frage ließ das Landgericht ausdrücklich offen, da seiner Meinung nach der Beschluss aus anderen Gründen zumindest rechtswidrig und daher erfolgreich anfechtbar sei.
Der gerichtlich hinzugezogene Sachverständige hatte festgestellt und in seiner Anhörung erörtert, dass es technisch möglich sei, die Fußbodenheizkreisläufe jeweils separat zu spülen, ohne dass durch Ablagerungen in nicht gespülten Wohnungen das gesamte Leitungsnetz erneut verschmutzt werden könne. Die Beklagten hatten demgegenüber dahin argumentiert, dass nur eine einheitliche Spülung sicherstelle, dass keine Verschmutzung des Gesamtsystems auftrete und dieses gesamte System insoweit als einheitliche Sache zu werten sei. Ähnlich wie beispielsweise einem Mehrheitsbeschluss, der jedem Sondereigentümer den Einbau von Aquastop-Vorrichtungen in seiner Wohnung vorschreibe, handele es sich auch bei der Spülung um eine Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 2 WEG. Da die Leitungen selbst unstreitig nicht ausgetauscht werden müssten, sondern der einzelne Sondereigentümer lediglich zum Dulden der Spülung des Leitungsinnenbereichs verpflichtet sei, könne weder von Beschlussnichtigkeit noch von Rechtswidrigkeit ausgegangen werden.
Die Gerichte folgten dieser Argumentation der Beklagten nicht. Das Landgericht stellte darauf ab, dass technisch die Möglichkeit bestanden hätte, die Fußbodenheizleitungen in den 15 Wohnungen, bezüglich derer es Beschwerden gegeben hatte, durchspülen zu lassen. Etwas anderes könne sich auch nicht aus der Regelung in § 10 Abs. 6 S. 3 Variante 1 und 2 WEG ergeben. Nach dieser Vorschrift könne die Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss zwar die Wahrnehmung von Pflichten der Wohnungseigentümer an sich ziehen. Voraussetzung beider Varianten dieser Vorschrift sei jedoch, dass eine Gemeinschaftsbezogenheit der Maßnahme gegeben (Variante 1) oder zumindest die gemeinschaftliche Wahrnehmung zweckmäßig (Variante 2) sei. An beidem fehle es. Schließlich handele es sich auch nicht um eine Gebrauchsregelung zum Schutz vor Schäden gemäß § 15 Abs. 2 WEG. Die Spülung sei vielmehr eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung, die nicht als Gebrauchsregelung qualifiziert werden dürfe.
Die Frage, ob die Wohnungseigentümer über die Beschlusskompetenz verfügen, die Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum wieder an sich zu ziehen und über die konkrete Ausführung zu beschließen, wenn in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) abweichend von der gesetzlichen Grundregel die Pflicht zur Instandhaltung auf die einzelnen Sondereigentümer übertragen wurde, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig und vom Bundesgerichtshof höchstrichterlich noch nicht entschieden. Nach Ansicht des Landgerichts ist sie nicht entscheidungserheblich.
Fazit für den Verwalter
Schauen Sie immer in der Teilungserklärung nach, ob möglicherweise die gesamte Heizungsanlage einschließlich aller Heizkörper und Leitungen zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt ist. Eine solche sachenrechtliche Vereinbarung ist nach § 5 Abs. 3 WEG ausdrücklich zulässig. Es kann folglich sein, dass an sich sondereigentumsfähige wesentliche Bestandteile von Räumen des Sondereigentums wie z.B. Heizkörper, Thermostatventile, Anschlussleitungen doch zum Gemeinschaftseigentum gehören. Im vorliegenden Fall war dies geschehen und es erscheint nachvollziehbar, dass auch Fußbodenheizungsleitungen zum Gemeinschaftseigentum im Sinne der Teilungserklärung gezählt werden. Insoweit stehen sie Heizkörpern und Anschlussleitungen über oder unter Putz der Wände in nichts nach.
Bitter für den Verwalter und die Gemeinschaft ist, dass nunmehr rechtskräftig feststeht, dass die Maßnahme nicht aus der Gemeinschaftskasse hätte bezahlt werden dürfen. Es besteht in solchen Fällen grundsätzlich ein Folgenbeseitigungsanspruch und man darf gespannt sein, wie die Gemeinschaft dies in der diesbezüglichen Jahresabrechnung in den Griff bekommen wird.
Spannend und leider einer höchstrichterlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof unverändert nicht zugeführt ist die Frage, ob der Gemeinschaft für Teile des Gemeinschaftseigentums eine Art Restzuständigkeit" (auch im Sinne einer Rest-Beschlusskompetenz) bleibt, um gebotene oder zweckmäßige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum einheitlich, gleichzeitig und koordiniert durch den Verwalter durchzuführen. In vielen Fällen dürfte dies im objektiven Gesamtinteresse aller Eigentümer liegen, speziell dann, wenn die einzelnen Sondereigentümer ihrer durch die Teilungserklärung auferlegten Pflicht zur Sorge um das Gemeinschaftseigentum nicht nachkommen. Sollte eine solche Restkompetenz nicht bestehen, bleibt der Gemeinschaft keine andere Wahl, als Sondereigentümer notfalls gerichtlich auf Durchführung von erforderlichen Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung in Anspruch zu nehmen. Hält man sich vor Augen, dass Teile des Gemeinschaftseigentums nach der gesetzlichen Grundregel der Verantwortung und Zuständigkeit der Gemeinschaft unterstellt waren, könnte dies für eine solche Restzuständigkeit sprechen, selbst wenn durch vom Gesetz abweichende Regelungen in der Gemeinschaftsordnung die Zuständigkeit des Sondereigentümers angeordnet ist. Denn jedenfalls im Kern handelt es sich um eine gemeinschaftliche bzw. gemeinschaftsbezogene Aufgabe.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Hamburg
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