Mietrecht

Vorkaufsberechtigter Mieter muss keinen höheren Kaufpreis zahlen

Eine in einem Kaufvertrag getroffene Abrede, wonach der vorkaufsberechtigte Mieter bei Ausübung seines Vorkaufsrechts stets einen höheren Kaufpreis für eine Wohnung zu zahlen als der Erstkäufer, stellt in Bezug auf den höheren Preis eine unzulässige Vereinbarung zulasten Dritter dar.

Der Fall

Die Klägerin war eine Mieterin einer 46,60 qm großen unsanierten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Berlin. Die Eigentümerin und Vermieterin des Hauses teilte dieses im Jahr 2015 in Wohnungseigentumseinheiten auf. Der Kaufvertrag mit der Erwerberin (Erstkäuferin) enthielt u.a. die Vereinbarung, dass der Kaufpreis 163.000,00 Euro betrage, sofern die Wohnung nicht vermietet übergeben werde oder der Mieter sein Vorkaufsrecht ausübe. Werde das Wohnungseigentum hingegen mit einem laufenden Mietverhältnis übertragen, mindere sich der Kaufpreis um 10 % auf 146.940,00 Euro. Der Vertrag enthielt außerdem eine "salvatorische Klausel", wonach eine etwaige Unwirksamkeit oder Undurchführbarkeit einer Vertragsbestimmung die Gültigkeit des Vertrags im Übrigen nicht berühre und in solch einem Fall eine dem wirtschaftlichen Ergebnis der unwirksamen Klausel möglichst nahekommende Regelung gelten solle.

Die Mieterin erklärte gegenüber dem empfangsbevollmächtigten Notar rechtzeitig, dass sie ihr zustehendes Vorkaufsrecht ausübe. Sie hielt jedoch die getroffene Kaufpreisregelung für unwirksam, soweit der vorkaufsberechtigte Mieter einen um 10 % höheren Kaufpreis für die Wohnung zahlen solle als der Erstkäufer. Unter dem Vorbehalt der teilweisen Rückforderung zahlte die Mieterin zwar die 163.000,00 Euro an die Verkäuferin. Sie verlangte jedoch im Klageweg die Rückzahlung des Teilbetrages von 16.300,00 Euro. Das in erster Instanz zuständige Landgericht gab der Klage statt. Auch die dagegen gerichtete Berufung der Eigentümergin und Vermieterin hatte keinen Erfolg. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die in dem Kaufvertrag enthaltene "differenzierte Preisabrede" gegenüber der Mieterin gemäß § 577 Abs. 5, § 464 Abs. 2, § 138 BGB unwirksam sei. Dies jedenfalls insoweit, als dass der Kaufpreis bei ausgeübtem Vorkaufsrecht des Mieters höher ausfalle, da die Wohnung dann als unvermietet verkauft gelte.

Die Entscheidung

Diese rechtliche Einschätzung hält der Prüfung des Bundesgerichtshofes stand. Der BGH stellt klar, dass der Mieterin nach der Umwandlung in Wohnungseigentum gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Vorkaufsrecht an der Wohnung zugestanden habe. Diese habe sie auch in rechtswirksamer Weise ausgeübt. Dadurch sei zwischen ihr und der Vermieterin ein Kaufvertrag zu denselben Bedingungen zustande gekommen, wie er zwischen der Vermieterin und der Erstkäuferin abgeschlossen worden wäre.

Auch der BGH hielt die zwischen der Vermieterin und der Erstkäuferin vereinbarte Kaufpreisabrede für unwirksam, soweit sie für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Mieter einen um 16.300,00 Euro höheren Kaufpreis vorsehe. Bei der Teilabrede habe es sich um eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter gehandelt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folge die teilweise Unwirksamkeit der Preisabrede jedoch nicht aus § 577 Abs. 5 BGB, sondern ergebe sich vielmehr aus § 577 Abs. 1 Satz 3, § 464 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Verbot, einen Vertrag zu Lasten Dritter zu schließen, so der BGH.

Dies gelte selbst dann, wenn der Erstkäufer -so wie hier- den höheren Kaufpreis nur ausnahmsweise unter bestimmten engen Voraussetzungen zu entrichten habe, während der Vorkaufsberechtigte diesen bei Ausübung des Vorkaufsrechts stets schulde. Auch hier läge eine Verkürzung der ihm gesetzlich eingeräumten Rechtsposition vor.

Schließlich führt der BGH noch aus, dass auch nicht allgemeine Aussage getroffen werden könne, für vermietete Wohnungen lasse sich nur ein niedrigerer Kaufpreis erzielen als für nicht vermietete Wohnungen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Februar 2022, Az. VIII ZR 305/20

Vorinstanzen:
Kammergericht Berlin, Urteil vom 2. Oktober 2020, Az. 17 U 18/18
Landgericht Berlin, Urteil vom 22. August 2018, Az. 84 O 214/17