Mietrecht

Zugang des Mieterhöhungsschreiben für Ermittlung der Vergleichsmiete maßgeblich

Der Zeitpunkt, zu dem ein Mieterhöhungsschreiben dem Mieter zugeht, ist für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete in einem Rechtsstreit maßgeblich, nicht hingegen der Zeitpunkt, ab dem die Mieter die erhöhte Miete geschuldet hätten. Von diesem Zeitpunkt wird der Betrachtungszeitraum von vier Jahren (bis 2019) bzw. sechs Jahren (ab 2020) zurückgerechnet.

Der Fall

Die Beklagten sind Mieter einer 80,85 qm großen Wohnung in Berlin. Die zuletzt zu entrichtende Nettokaltmiete betrug 587,78 Euro. Die Vermieterin verlangt von den Mietern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung ab 1. Oktober 2017. Mit Schreiben vom 20. Juli 2017 werden die Mieter aufgefordert, einer Erhöhung der Nettokaltmiete von 7,27 Euro/qm auf 8,10 Euro/qm zuzustimmen. Als Begründungsmittel diente der Berliner Mietspiegel 2017. Die Wohnung war nach Alter, Wohnlage, Ausstattung und Wohnfläche in das Feld I 2 der Mietspiegeltabelle einzuordnen. Dieses wies eine Nettokaltmietenspanne von 5,52 Euro/qm bis 9,20 Euro/qm aus. Die Mieter stimmten der Mieterhöhung nicht zu. Das Amtsgericht hatte die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung abgewiesen. Das Landgericht hingegen gab der Klage statt. Grundlage dieser Entscheidung war ein Sachverständigengutachten, das eine ortsübliche Vergleichsmiete von 8,28 Euro/qm auswies. Der Sachverständige betrachtete dafür 14 Vergleichswohnungen, in denen die Miete zwischen dem 1.10.2013 und dem 1.10.2017 neu vereinbart worden war. Bei zwei der Wohnungen war die Miete im Jahr 2017 neu vereinbart worden. Ob dies jedoch vor oder nach dem im Juli 2017 erstellten Miethöhungsschreiben geschehen war, blieb unklar.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof schließt sich der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht an und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück, da mit der gegebenen Begründung ein Anspruch der Vermieterin auf Zustimmung zu der geltend gemachten Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB nicht bejaht werden könne. Zwar sei es laut BGH nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens anstatt unter Heranziehung des Berliner Mietspiegels 2017 bestimmt habe. Dennoch hätten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete die beiden Wohnungen, deren Miete im Jahr 2017 neu vereinbart worden war, nicht berücksichtigt werden dürfen.

Bei der Bestimmung des maßgeblichen Stichtages für die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete habe das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft auf den Zeitpunkt abgestellt, ab dem die Mieter die erhöhte Miete geschuldet hätten, nämlich den 1. Oktober 2017. Der richtige Stichtag wäre aber das Datum des Zugangs des Mieterhöhungsschreiben vom 20. Juli 2017 gewesen. Daraus folge laut BGH, dass die getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausreichen war, um zu beurteilen, ob die von der Vermieterin ab Oktober 2017 verlangte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteige. Denn nach § 558 Abs. 2 BGB wird die diese aus den Mieten vergleichbarer Wohnungen gebildet, die in den vergangenen vier bzw. sechs Jahren vereinbart oder geändert worden sind.

Der BGH führt weiter aus, dass im vorliegenden Fall daher der Vier-Jahres-Zeitraum ausgehend von Juli 2017 zu bemessen sei, so dass Mieten, die zwischen Juli 2013 und Juli 2017 vereinbart wurden, zu berücksichtigen waren. Später im Jahr 2017 vereinbarte Mieten müssten bei der Betrachtung außen vor bleiben.

Ohne Berücksichtigung der beiden Wohnungen, bei denen die Miete im Jahr 2017 neu vereinbart wurde, ergäbe sich aus dem Gutachten eine ortsübliche Vergleichsmiete von 8,06 Euro/qm. Damit läge die von der Vermieterin verlangte Erhöhung auf 8,10 Euro/qm darüber. Dies führe im Ergebnis dazu, dass die Vergleichsmiete ohne die Mieten der beiden Wohnungen unterhalb der von der Vermieterin verlangten Miete liege. Aus dem Grund hob der BGH das Urteil des Landgerichts mangels Entscheidungsreife auf und verwies zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. April 2021 - VIII ZR 22/20
Vorinstanzen:
LG Berlin, Urteil vom 10. Dezember 2019, Az. 63 S 348/18
AG Schöneberg, Urteil vom 14. August 2018, Az. 19 C 470/17