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Die virtuelle Eigentümerversammlung kommt

Der Bundestag macht den Weg frei für einen zeitnahen und verbesserten Meinungsaustausch für Wohnungseigentümergemeinschaften, die zunehmend Entscheidungen treffen müssen, bei denen eine jährliche Präsenzversammlung nicht mehr ausreichen wird. Neben der Präsenzversammlung und der hybriden Versammlung wird die virtuelle Versammlung damit eine weitere Versammlungsoption.

Zur Ausübung gelangt sie dabei jedoch nur, wenn mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen in einer Wohnungseigentümerversammlung dafür votieren. Der entsprechende Beschluss gilt dann zunächst für drei Jahre. In dem beschlossenen Änderungsantrag der Regierungskoalition kam es zu einer Ergänzung des vorliegenden Entwurfes. Danach müssen Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer, die vor dem 1. Januar 2028 einen Beschluss zur virtuellen Versammlung fassen (§ 23 Absatz 1a WEG), bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung durchführen. Darauf kann durch einstimmigen Beschluss jedoch verzichtet werden. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt allerdings nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse (§ 48 Absatz 6 WEG). Die Übergangsregelung erfasst ausdrücklich nicht solche Beschlüsse, die bereits vor der neuen Gesetzesregelung auf einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer beruhen.

Für den Änderungsantrag stimmte die Regierungskoalition und Die Linke. CDU/CSU und AfD lehnten diese ab. In einer zweiten Abstimmung über das Gesetz in der Fassung des Änderungsantrages stimmten alle Parteien mit Ausnahme der AfD zu.

Privilegierung zum Einbau von Steckersolargeräten

Ebenfalls beschloss der Deutsche Bundestag, dass künftig jeder Wohnungseigentümer und jede Wohnungseigentümerin nach § 20 Absatz 2 WEG Anspruch auf eine Stromerzeugung durch Steckersolargeräte haben kann. Die Wohnungseigentümergemeinschaft entscheidet danach über das „Wie“ der Installation wie auch über den Installationsort. Eine Regelung zur Einschränkung von Rückbauansprüchen der Vermietenden ist nicht erforderlich, da davon ausgegangen werden kann, dass bei Auszug der Mieter das Steckersolargerät mitgenommen wird oder eine einvernehmliche Regelung erzielt wird. Keine Regelung erfolgt zu Dach-Photovoltaikanlagen, da davon ausgegangen werden kann, dass die WEG eine gemeinschaftliche Gebäudeversorgung beschließen kann.

Bewertung

Der VDIV Deutschland begrüßt den Beschluss, spiegelt er doch die Realität wider. Der vereinfachte Einbau von Steckersolargeräten und die gesetzliche Normierung der virtuellen Versammlung waren überfällig. Bereits während der Corona-Pandemie wurden sehr gute Erfahrungen mit der virtuellen Versammlungsform gemacht. Gleichzeitig zeigte die Pandemie, dass dort, wo keine Versammlungen durch die Notstandsgesetzgebung des Bundes zustande kamen, keine Entscheidungen im Sinne der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer und zur Erhaltung oder energetischen Sanierung der Gebäude getroffen werden konnten. Zudem konnten etliche Förderprogramme durch WEG nicht in Anspruch genommen werden. Im Blick hat die Bundesregierung aber auch nicht nur zeitnahe Entscheidungen und die Möglichkeit, öfter unterjährig als Gemeinschaft zusammenzukommen, auch der zunehmende Fachkräftemangel wurde berücksichtigt. Zu einem modernen Berufsbild gehören eben heute auch digitale Instrumente und die Möglichkeit, flexibel aus dem Home Office zu arbeiten oder sich als Eigentümerinnen und Eigentümer virtuell innerhalb der Gemeinschaft auszutauschen. Die exorbitante Zunahme an „verwalterlosen Gemeinschaften“ ist vor allem Ausdruck des Fachkräftemangels und fehlender virtueller Instrumente.

Die Corona-Pandemie lehrte auch, dass dort wo virtuelle Versammlungen stattfanden, deutlich mehr Mitglieder der WEG anwesend waren und getroffene Beschlüsse auf breiter Basis gefasst wurden. Das ist notwendig vor dem Hintergrund der finanziellen Herausforderungen der Klimawende im Gebäudebereich.

Das von den Gegnern der virtuellen Versammlung immer wieder vorgetragene Schein-Argument, hybride Versammlungen würden ausreichen, da diese preiswert umzusetzen sind und auch Eigentümer teilhaben lässt, die nicht internetaffin sind, ist irreführend. Die Praxis zeigte, dass diese Versammlungsform unkommunikativ und zu teuer ist und daher von den Gemeinschaften nicht angenommen wurde. Mehr Personal, mehr Technik, mehr Anmietung von Räumlichkeiten. Auch das hatte der Rechtsausschuss bei seiner Entscheidung im Blick. Sofern ein Eigentümer oder eine Eigentümerin keine Möglichkeit der Internetteilnahme haben sollten, steht es Ihnen zukünftig frei, auch bei einem anderen Mitglied aus der Gemeinschaft an der virtuellen Versammlung teilzunehmen. Das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor. Sofern die Verwaltung entsprechend ausgestattete Räumlichkeiten hat, könnten diese auch genutzt werden. Unbenommen davon bleibt, dass Eigentümerinnen und Eigentümer wie bisher auch das Recht der Vollmachtübertragung ausüben können.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt dennoch: ein einzelner Eigentümer kann zumindest die kommenden drei Jahre verlangen, dass eine Präsenzversammlung abgehalten wird – ob internetaffin ist oder nicht.

„Es wurde eine zukunftsweisende und praktikable Entscheidung getroffen. Ich bin mir sicher, dass sich die virtuelle Versammlung durchsetzen wird. Viele Wohnungseigentümergemeinschaften werden diese neue optionale Versammlungsform begrüßen. Für Immobilienverwaltungen wird es den Arbeitsalltag erleichtern und das Berufsbild stärken. Und der Gesetzgeber kann darauf bauen, dass Gemeinschaften zu schnelleren Beschlüssen kommen, um die Klimawende voranzubringen“, so VDIV-Deutschland Geschäftsführer Martin Kaßler in Berlin.

Die Argumente für die Einführung der virtuellen Versammlung finden Sie hier.

Die Drs. 20/9890 können Sie hier einsehen.