16.04.2025 Ausgabe: vdivDIGITAL 2025/1

Kleine Gemeinschaften mit KI und ERP rentabel verwalten

Künstliche Intelligenz
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Auch kleine Gemeinschaften machen Aufwand: Wege vom Verlustgeschäft zur echten Rentabilität

Seit gut zwanzig Jahren bin ich nun im Geschäft der Immobilienbranche und insbesondere der WEG-Verwaltung unterwegs. Das zunehmende Tempo der Marktentwicklung der letzten fünf Jahre ist für viele Kollegen erschreckend, weshalb sie sich aus dem Markt verabschieden und ihre Unternehmen verkaufen oder vorzeitig an die nächste Generation übergeben. Die Entwicklung ist insbesondere technologisch geprägt. An­forderung von Kunden und der Gesetzgebung wachsen kontinuierlich, die Softwareanbieter kommen derzeit kaum mit ihren Lösungen hinterher. Einigen Kollegen fällt es mit veralteten Softwarelösungen zunehmend schwer, den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, was ihre Mitarbeiter vor große Herausforderungen stellt.

Die Forderung der Verwaltungsverbände aus den letzten Jahren nach einer selbstbewussten Anpassung der Verwaltergebühren hat sich fast flächendeckend durchgesetzt. Wo früher über 0,50 €/Einheit/Monat zäh verhandelt wurde, werden Anpassungen von 30 bis 70 Prozent oder mehr heute gebilligt und in Teilen als logisch notwendig akzeptiert.

So komme ich auch auf die kleinen Gemeinschaften, die früher zum Einheitenpreis von 20 bis 25€/Einheit verwaltet wurden (Bsp.: sechs Einheiten x 25€ = 150€/Monat). Viele Verwalter haben sich die Verwaltung der kleinen Gemeinschaften meist schöngeredet: „die machen keinen großen Aufwand“ oder „da sitzt ein Multiplikator im Beirat“. Die Wahrheit ist doch, dass der Verwalter hier über Jahre draufgezahlt hat! Wie bewältigen wir den Change zu echter Rentabilität?

Hierzu gibt es aus meiner Sicht drei Optionen:

  1. Ein klassischer Verwaltungskatalog (All-Inkl.) mit Bestands-IT-System sowie Bestandsmitarbeitern in Verbindung mit einer Preisanpassung auf ein Mindesthonorar, mit dem der Verwalter wirtschaftlich zufrieden sein kann. Dieses liegt aus meiner Sicht im Bereich von 650-750€/Monat netto bei bis zu 15 Einheiten
  2. Drastische Reduzierung der Verwaltungsleistung und mehr Verantwortung in die Gemeinschaft / dem Beirat übergeben. Klare Regelung zu Aufgaben und Zusatzkosten bei Übernahme einzelner Aufgaben durch den Verwalter
  3. Klassische Verwaltung und Konditionen wie Pos.1&2, jedoch unter dem erheblichen Einsatz von KI und Automatismen im ERP und CRM-System

Nach meiner Einschätzung haben eine Vielzahl der Leser in den letzten Jahren mehr oder minder erfolgreich Verhandlungen mit den Kunden in die Richtung der Pos. 1 geführt. Bleiben wir Verwalter weiter mutig!

In meinen Beratungen habe ich einige Verwaltungen kennenlernen dürfen, die in ihrem Unternehmen eine neues Vertragsmodell eingeführt haben. Diese „abgespeckte“ Verwaltung bekommt dann schöne Namen wie „Verwaltung-Light oder „Easy“ oder „Selection“. Was versteckt sich dahinter? Der §27 Abs.2 WEG hat uns den Gestaltungsspielraum gegeben, den diese Branche benötigt hat. Lassen Sie für einen Augenblick den Gedanken zu, dass Sie sich nicht um jeden Handwerkerauftrag kümmern müssen, nicht für jeden Eigentümer erster Ansprechpartner sind, nicht immer drei Angebote einholen müssen... Ich möchte an der Stelle kurz aus eigener und Beraterpraxis berichten, dass es durchaus Gemeinschaften gibt, die in die Eigenverantwortung gehen und den Verwalter nur noch selten in Anspruch nehmen. Dabei muss jedoch auch sichergestellt werden, dass die wesentlichen Verwalterpflichten (z.B. Einladung zur ETV, Jahresabrechnung) nicht in unzulässiger Weise delegiert werden.

Wenn wir es nun schaffen, diese o.g. Inanspruchnahme gezielt durch den Einsatz von KI und Automatismen unterstützen zu lassen, dann macht die Verwaltung von kleinen Gemeinschaften unternehmerisch wieder richtig Freude. Wenn Sie heute noch keinen Chat-GTP Business Account haben, dann ist es nun wirklich „höchste Eisenbahn“. Passen wir also auf, dass der KI-Zug nicht ohne uns losfährt – er rollt bereits...!

Für das erste, private Ausprobieren reicht die kostenfreie Version. Sobald Sie allerdings mit Echtdaten Ihrer Verwaltung arbeiten wollen, sollten Sie die kostenpflichtige Geschäftsversion einsetzen und eine AVV (Auftragsverarbeitungsvereinbarung) mit Open.ai abschließen. So stellen Sie sicher, dass Ihre Daten nicht der ganzen Welt zur Verfügung stehen.

Ich nutze KI & Chat-GTP täglich bei der (z.T. automatischen) Beantwortung eingehender Anfragen per Mail, Telefon (KI-Mailboxsystem) oder Online-Ticketsystem. Dadurch erspare ich mir jetzt bereits erhebliche Zeit und Nerven. Die Erstellung von Präsentationen für Eigentümerversammlungen über­nimmt in wesentlichen Teilen ebenfalls eine KI. Anfragende Eigentümergemeinschaften erhalten eine personalisierte Avatar-Videobotschaft, die ich durch HeyGen erstellen lasse und fast vollautomatisch an den Kunden übermitteln kann. Man will ja noch wissen, für welche WEG man ein Angebot abgibt – das entscheidet NOCH keine KI.

Nach den letzten Konsolidierungen am Softwaremarkt dürfen wir gespannt sein, welche Ökosysteme für den mittelständischen Verwaltermarkt entstehen. Es wird überall an und mit KI-Agents entwickelt. Die ersten Softwarehersteller arbeiten an einer vollständigen KI-Buchhaltung mit einer KI-generierten Abrechnung. Das Konnektivitätskonzept einzelner Branchendienstleister und das Smart-Metering geben heute schon einen Hinweis auf künftige Möglichkeiten. Wir dürfen damit rechnen, dass die Softwareentwicklungszyklen enorm an Geschwindigkeit zunehmen werden.

Wir stehen erst am Anfang einer neuen Ära der WEG-Verwaltung – diejenigen, die KI heute gezielt einsetzen, gestalten die Standards von morgen.

VDIV Aktuell Autor - Ingo Wagner
Wagner, Ingo

Geschäftsführer & Inhaber 
Derdigitale-verwalter.de GmbH