Login
Bitte geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich anzumelden.
Noch kein Login? Registrieren Sie sich hier für den internen Bereich der Website. Hier können Sie Veranstaltungen buchen und Publikationen erwerben. Mitgliedsunternehmen erhalten zudem Zugang zu gesonderten Angeboten.
Jetzt RegistrierenRund 4.100 Mitglieder in zehn Landesverbänden: Erfahren Sie hier, wer der VDIV Deutschland ist, wieso sich eine Mitgliedschaft lohnt, und lernen Sie unser Netzwerk kennen.
Der VDIV Deutschland beschäftigt sich mit einer Vielzahl an politischen, immobilienwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragestellungen. Hier finden Sie eine Auswahl an aktuellen Themen, die Immobilienverwaltungen derzeit bewegen.
Welche Aufgaben übernehmen Immobilienverwaltungen? Hier finden Sie Hintergründe zu Tätigkeiten und Qualifizierung.
Weiterbilden - Netzwerken - Erleben: Unsere vielseitigen Veranstaltungsformate bieten Ihnen ideale Möglichkeiten zur fachlichen Weiterbildung, inhaltlichen Qualifizierung und zum brancheninternen Austausch.
Gut zu wissenSie wollen mehr? Finden Sie hier Magazine, Broschüren, Checklisten, Musterverträge, Beschlussvorlagen und weitere Publikationen zu branchenrelevanten Themen.
ÜbersichtSie sind am aktuellen Geschehen der Branche interessiert? Hier sind Sie am Puls der Zeit und jederzeit top informiert
11.03.2024 Ausgabe: 1 u 2/2024
(LG München I, Beschluss vom 4.7.2023 – Az. 1 S 5214/23 WEG)
Noch vor Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmoder-nisierungsgesetzes (WEMoG) zum 1. Dezember 2020 hatte sich die Praxis an der durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) mit Urteil vom 13. Januar 2017, Az. V ZR 96/16, gefestigten Rechtsprechung zu orientieren, dass ein Beschluss über bauliche Veränderungen, der zu einem faktischen Sondernutzungsrecht führen würde, nicht wirksam beschlossen werden kann. Das Landgericht (LG) München I hatte zu entscheiden, ob diese Rechtsprechung auf das nach Inkrafttreten des WEMoG nunmehr geltende Recht übertragbar ist.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) fasste auf der Eigentümerversammlung vom 15. September 2022 den Beschluss unter TOP 2, dass den Eigentümern der Wohnungen mit den Nummern 4, 7, 8 und 9 genehmigt wird, im Gebäude einen Plattformlift als Innenaufzug einbauen zu lassen. Der Innenaufzug soll auch nur von den Eigentümern dieser Wohnungen benutzt werden dürfen.
Die Kläger begehren, den genehmigenden Beschluss unter TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 15. September 2022 für ungültig erklären zu lassen. Sie wenden sich mit der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts, mit dem ihre Klage abgelehnt worden war. Die Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg.
Vor Inkrafttreten der Reform des Wohnungseigentumsrechts am 1. Dezember 2020 konnten Sondernutzungsrechte nur durch Vereinbarung und zusätzliche Eintragung in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher, nicht hingegen durch Beschluss wirksam begründet werden. Nur so konnte eine Bindungswirkung gegenüber Sondernachfolgern geschaffen werden. Nach alter Rechtslage war demnach ein Beschluss über die Begründung eines Sondernutzungsrechts schon mangels Beschlusskompetenz nichtig. Dies hat – zur Vermeidung einer Umgehung – auch für die Begründung eines faktischen Sondernutzungsrechts gegolten.
Auf das seit 1. Dezember 2020 nunmehr geltende Recht kann Vorstehendes nicht übertragen werden. Denn das Gesetz selbst sieht nunmehr das Entstehen faktischer Sondernutzungsrechte durch Beschluss vor: Die durch die §§ 20, 21 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) vorgesehene Beschlusskompetenz ermöglicht ein faktisches Sondernutzungsrecht unter den dort genannten – austarierten – Rahmenbedingungen. Entsprechend der Begründung setzt der Gesetzesentwurf den Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe um, die festgestellten Defizite im Bereich der Beschlussfassung über bauliche Maßnahmen auszugleichen. Ein im Übrigen den Vorschriften über die baulichen Veränderungen entsprechender und damit rechtmäßiger Beschluss soll nicht mehr daran scheitern, dass die bauliche Veränderung ein „faktisches“ Sondernutzungsrecht zugunsten einzelner Wohnungseigentümer schafft. Die Neuregelung der §§ 20, 21 WEG setzt weiter gesamtgesellschaftliche Interessen um, indem das neue System der baulichen Veränderungen bestimmte bauliche Veränderungen privilegiert. Jeder Eigentümer hat – unabhängig vom Willen der Mehrheit – einen Individualanspruch auf Maßnahmen der Barrierereduzierung, der Elektromobilität, des Einbruchsschutzes und des Glasfaserausbaus. Die Befugnis zur Nutzungsziehung läuft hierbei parallel zur Kostentragungspflicht: Die Nutzung des baulich veränderten gemeinschaftlichen Eigentums kommt nur denjenigen Wohnungseigentümern zugute, die auch die Kostenlast tragen.
Der Einbau des Plattformlifts ist eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG, da sie dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient. Folglich besteht der Anspruch der Eigentümer auf die Genehmigung der baulichen Maßnahme, soweit sie angemessen ist, § 20 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Sinn und Zweck der Angemessenheits-prüfung ist es, im Einzelfall unangemessene Forderungen zurückweisen zu können. Was unangemessen ist, ist nach der Gesetzesbegründung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden. Es handelt sich um einen unbestimmten, aber voll justiziablen Rechtsbegriff, sodass den Wohnungseigentümern kein Entscheidungsermessen und kein Einschätzungsspielraum zukommt. Wichtig ist, streng zwischen der Angemessenheit und dem Durchführungsermessen zu unterscheiden. Zwar können beide Instrumente zur Beschränkung von Bauvorhaben führen, haben jedoch dogmatisch nichts gemein: Das Angemessenheitskriterium beschränkt den Anspruch auf die bauliche Veränderung, das Durchführungsermessen eröffnet einen Entscheidungsspielraum im Hinblick auf das „Wie“ der Durchführung. Stichhaltige Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit wurden im konkreten Fall nicht vorgetragen.
VERWALTERSTRATEGIE
Eines der Hauptziele der Gesetzesreform und insbesondere der Neufassung der §§ 20, 21 WEG war es, bauliche Veränderungen nunmehr nur noch durch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließen zu können und den Wohnungseigentümern im Fall einer privilegierten Maßnahme die Möglichkeit zu eröffnen, diese sogar gegen den Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer durchzusetzen. Die zum früheren Recht ergangene Rechtsprechung ist mit der geltenden Gesetzeslage nicht vereinbar.
Soweit die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 S. 1 WEG erfüllt sind, hat ein einzelner Wohnungseigentümer – auch gegen den Willen der Mehrheit – einen Anspruch auf Fassung eines Vornahme- oder Gestattungs-beschlusses. Die Zurückweisung wegen Unangemessenheit ist nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände möglich. Bejaht wurde die Unangemessenheit beispielsweise bei einer extensiven Erweiterung einer Terrasse, die in diesem Maße nicht zur Barrierereduzierung notwendig war.
Rechtsanwältin; Unternehmensrecht
Kanzlei Bub Memminger & Partner, München
https://www.bubmemmingerpartner.de/