Verletzt ein mit der Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten beauftragter Dienstleister seine Pflichten schuldhaft, begründet dies keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen den Verband. Die Gemeinschaft ist für den Bereich der ordnungsgemäßen Verwaltung im Innenverhältnis zu den einzelnen Eigentümern generell nicht zuständig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.Dezember 2019 (Az. V ZR 43/19) klargestellt.
Der Fall
Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte im Jahr 2014 einen Dienstleister mit den verkehrssicherheitsrelevanten und baumpflegerischen Schnittmaßnahmen″. Der zur Wohnanlage gehörende Baumbestand sollte hiernach einmal jährlich kontrolliert werden. Im Januar 2016 führte die beauftragte Firma eine solche Kontrolle durch und bestätigte in einem schriftlichen Bericht den verkehrssicheren Zustand der Bäume. Im Mai 2016 brach von einer Platane auf dem Grundstück ein großer Ast ab. Er stürzte auf das auf dem Parkplatz der Wohnanlage abgestellte Fahrzeug einer Wohnungseigentümerin und beschädigte dieses. Die Eigentümerin verlangte daraufhin von der Wohnungseigentümergemeinschaft die Zahlung von rund 6.650 Euro für den ihr entstandenen Fahrzeugschaden plus Gutachterkosten. Mit ihrer Klage ist sie bei den beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Die Entscheidung
Der BGH bestätigt die Entscheidung des Berufungsgerichts und führt aus, dass ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Absatz 1 BGB nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Betracht kommt. Im vorliegenden Fall wurde die Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten übertragen, so dass der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer lediglich noch eine Kontroll- und Überwachungsfunktion zukam, ob der beauftragte Dienstleister die übernommenen Sicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat. Hier gab es zwischen der Gemeinschaft und dem für die verkehrssicherheitsrelevanten″ Schnittmaßnahmen beauftragten Unternehmen eine klare Absprache, so dass die Gemeinschaft nur überwachen musste, ob der Dienstleister seinem Auftrag nachkommt. Ein Verstoß gegen diese Überwachungspflicht war nicht festzustellen.
Die umstrittene Frage, ob der Verband bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nur gegenüber außenstehenden Dritten haftet oder auch gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern, konnte der BGH also offenlassen.
Auch besteht gegenüber dem Verband kein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Pflichtverletzung gemäß § 280 Absatz 1 BGB. Denn der Dienstleister ist nicht als Erfüllungsgehilfe der Gemeinschaft anzusehen, so dass sich diese ein Verschulden nach § 278 Satz 1 BGB nicht zurechnen lassen muss. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt nach geltendem Recht den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und bei Bestellung eines Verwaltungsbeirates auch diesem, nicht jedoch der Gemeinschaft. Infolgedessen sind Handwerker, Bauleiter oder Architekten, die der Verwalter zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der WEG beauftragt im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbands im Sinne des § 278 BGB. Für Schäden, die solche Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet die Gemeinschaft daher regelmäßig nicht. Gleiches gilt für die Erfüllung der auf dem Gemeinschaftseigentum bezogenen Verkehrssicherungspflichten, die zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehören. Der Verband ist im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern hierfür nicht zuständig.
Der Bundesgerichtshof sieht den einzelnen Eigentümer dadurch auch nicht unangemessen belastet. Der von der Eigentümergemeinschaft abgeschlossene Vertrag entfaltet eine Schutzwirkung zu seinen Gunsten. Die geschädigte Wohnungseigentümerin könnte hier also die Firma verklagen, die für das Beschneiden der Bäume zuständig war.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.Dezember 2019, Az. V ZR 43/19
Vorinstanzen:
LG Berlin, 25. Januar 2019, Az. 53 S 35/17
AG Schöneberg, 13. Juli 2017, Az. 772 C 102/16