Derartige Rechtsbeziehungen bestehen nur noch zwischen Wohnungseigentümer und Verband bzw. Verband und Verwalter. Individualprozesse „am Verband vorbei“ sind aussichtslos. Eine Wohnungseigentümerin aus Hessen musste dies bezüglich ihrer Auskunftsklage gegen den Ex-Verwalter schmerzlich hinnehmen.
Mit Beschluss vom 21.10.2022 zum gerichtlichen Aktenzeichen 2-13 S 59/22 wies das Landgericht Frankfurt/Main durch einstimmigen Beschluss die Berufung der Wohnungseigentümerin wegen offenkundiger Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels, das auf Informationsansprüche gegen den Ex-Verwalter gerichtet war, zurück. Die Kosten des Rechtsstreits hatte die Berufungsklägerin zu tragen.
Der Fall
Die Klägerin ist Wohnungseigentümerin, die Beklagte war bis 31.12.2020 zum Verwalter der GdWE bestellt. Mit ihrer im Januar 2022 erhobenen Klage begehrte die Klägerin Einsicht in Kontoauszüge für die Jahre 2018 – 2020. Das Amtsgericht Wetzlar hatte die Klage mangels Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen, wogegen die Wohnungseigentümerin Berufung einlegte. Sie ist der Meinung, ihr stünde ein Anspruch auf Einsichtnahme zumindest aus dem Verwaltervertrag zu, zumal die weiteren Miteigentümer an einer Auseinandersetzung mit dem Ex-Verwalter kein Interesse hätten.
Die Entscheidung
Das Landgericht bestätigt das amtsgerichtliche Urteil im Ergebnis und in seiner Begründung. Der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch zu, also weder auf Einsichtnahme noch auf Auskunft oder Rechenschaft noch auf Herausgabe von Unterlagen. Derartige Leistungsansprüche stünden nicht einem einzelnen Wohnungseigentümer zu, sondern jedenfalls seit dem 1.12.2020 (Inkrafttreten des WEMoG) ausschließlich der GdWE (Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) als rechtsfähigem Verband. Übergangsrechtliche Probleme ergäben sich im Fall nicht, da die Klage erst im Januar 2022 erhoben worden sei.
Das von der Klägerin bemühte Rechtsinstitut des (Verwalter-)Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (d.h. der Wohnungseigentümer) sei nach neuer Gesetzeslage nicht mehr anwendbar, schon gar nicht im Hinblick auf Leistungsansprüche, sondern wenn überhaupt nur im Hinblick auf Schadensersatzansprüche, um die es hier indessen nicht gehe. Ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen richte sich ebenfalls nicht gegen den Verwalter, sondern wiederum gegen die GdWE (§ 18 Abs. 4 WEG). Eine solche Klage müsse daher gegen die GdWE erhoben werden, die ihrerseits auf den amtierenden oder ehemaligen Verwalter einwirken müsse, um das Anspruchsziel zu erfüllen. Dem Ex-Verwalter fehle die Passivlegitimation. Soweit die Klägerin argumentierte, die anderen Eigentümer hätten kein Interesse an einer Rechtsverfolgung, müsse sie gleichwohl das gesetzlich vorgesehene Verfahren einhalten und also eine Beschlussersetzungsklage gegen die GdWE erheben. Eine Möglichkeit des Wohnungseigentümers, anstelle des Verbandes zu klagen, sehe das neue Recht nicht vor.
Fazit für den Verwalter
Verwalter, die von einzelnen Sondereigentümern auf Gewährung der Einsichtnahme, Erstellung von Wirtschaftsplänen oder Jahresabrechnungen, Erhebung von Sonderumlagen, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rechenschaft oder sonstige Leistungen in Anspruch genommen werden, können sich zurücklehnen. Direktklagen sind unbegründet. Dies gilt sowohl für den amtierenden Verwalter als auch den Ex-Verwalter nach seinem Ausscheiden aus dem Amt. Anders kann es sich verhalten, wenn der klagende Wohnungseigentümer durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer oder eines Gerichts dazu ermächtigt wurde, die GdWE dem Verwalter gegenüber zu vertreten (vgl. § 9b Abs. 2 WEG). Allerdings wird der ermächtigte Eigentümer auch insoweit im Namen der GdWE klagen müssen. Es handelt sich um einen Fall der Vertretungsmacht.
Soll die GdWE Ansprüche gegen den Ex-Verwalter gerichtlich geltend machen, kann und darf der neue Verwalter grundsätzlich ohne Beschluss der Eigentümer die notwendigen Maßnahmen ergreifen, etwa einen Rechtsanwalt namens und auf Kosten der GdWE beauftragen. Der Ex-Verwalter kann das Fehlen eines Ermächtigungsbeschlusses nicht erfolgreich einwenden.
Der alte § 28 Abs. 4 WEG regelte, dass die Wohnungseigentümer von dem Verwalter jederzeit Rechnungslegung verlangen konnten. Die Vorschrift wurde im neuen § 28 WEG (also in der Fassung des WEMoG) gestrichen. Dennoch ist anerkannt, dass der GdWE ein solcher Anspruch sowie ein Anspruch auf Rechenschaft (§ 259 BGB) aufgrund des (ehemaligen) Amtsverhältnisses und des Verwaltervertrages zusteht.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Die Klägerin hatte vorgetragen, der neue Verwalter habe die zur Einsicht begehrten Unterlagen vom Vorverwalter nicht bekommen. Hätte die Klägerin statt des Ex-Verwalters die GdWE auf Einsicht in die Kontoauszüge verklagt, wäre ein solcher Sachvortrag ungeschickt gewesen, da er zu der Frage führt, ob der GdWE die Erfüllung unmöglich ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die GdWE aus der vormaligen Rechtsbeziehung zum Ex-Verwalter wiederum verpflichtet wäre, auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen zu klagen, um gegenüber der Wohnungseigentümerin den Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu ermöglichen.
Fazit für die Gemeinschaft
Dem Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, ob es sich um ein Girokonto der GdWE handelte oder ein auf den Namen des Ex-Verwalters geführtes Treuhandkonto. In beiden Fällen werden Leistungsansprüche und Prozessführungsbefugnis der GdWE zustehen. Sollten über ein (unzulässiges) Treuhandkonto fremde Gelder geflossen sein, z.B. aus anderen GdWE oder Sondereigentumsverwaltung, ändert dies an der Anspruchslage nichts. Diese fremden Daten müssen ggf. geschwärzt und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten vom Ex-Verwalter wenn nötig an Eides statt versichert werden.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
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