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Beschluss des Bundesarbeitsgerichts - Pflicht zur Erfassung und Aufzeichnung von Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber

Im September sorgte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einer Pressemitteilung für Aufsehen, in der bestätigt wurde, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, die geleisteten Arbeitsstunden ihrer Arbeitnehmer zu erfassen und aufzuzeichnen. Die Urteilsgründe wurden nun veröffentlicht – darunter einige Klarstellungen (der VDIV berichtete). Nachstehend die zehn wichtigsten Punkte, welche aus der neuen Rechtslage zur betrieblichen Zeiterfassung resultieren.
  1. Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsschutzgesetz nun verpflichtet Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers zu erfassen und entsprechend aufzuzeichnen.
  2. Es besteht keine Pflicht zur Erfassung von Beginn und Ende der Pausen oder privaten Arbeitsunterbrechungen der Arbeitnehmer.
  3. Es gibt keine spezifischen Vorgaben zur Form der Arbeitszeiterfassung und -aufzeichnung. Unternehmen haben einen großen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung dieses Urteils.
  4. Die Pflicht zur Überwachung der Erfassung und Aufzeichnung von geleisteten Arbeitsstunden kann vom Arbeitgeber an einzelne bzw. verschiedene Führungskräfte übergeben werden. Ein freiwilliger Verzicht der Arbeitnehmer auf die Erfassung ist nicht möglich.
  5. Verstöße gegen die neu festgelegten Aufzeichnungspflichten führen nicht direkt zu Strafen der Aufsichtsbehörde.
  6. Eine Pflicht zur Einführung eines Modells zur Betriebszeitkontenführung besteht nicht. Die Vertrauensarbeitszeit kann weiterhin als Arbeitszeitmodell genutzt werden, solange gesetzliche Arbeitszeitgrenzen eingehalten und durch entsprechende Zeiterfassungen kontrolliert werden.
  7. Führungskräfte und andere Beschäftigte außerhalb des Arbeitszeitgesetzes sind nach herrschender Literaturmeinung nicht verpflichtet, ihre Zeit zu erfassen. Weder das Arbeitszeitgesetz noch das Arbeitsschutzgesetz erfasst diese Gruppe, was zurzeit jedoch sehr umstritten ist. Erst eine Gesetzesänderung wird dies klären. Bis dahin ist es am besten, auch deren Zeiten zu protokollieren.
  8. Der Betriebsrat hat keine Befugnis, die elektronische Zeiterfassung als Pflicht im Betrieb einzuführen, ist aber bei der Ausgestaltung des Zeiterfassungssystems zwingend zu berücksichtigen.
  9. Gesetzlich festgelegte Aufbewahrungsfristen hinsichtlich der erfassten Arbeitszeitdaten bestehen lediglich im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes und nicht für die erweiterte Aufzeichnungspflicht.
  10. Durch die vom Bundesministerium für Arbeit angekündigte Änderung des Arbeitszeitgesetzes müssen sich Unternehmen in jedem Fall auf die neuen Vorgaben im Rahmen der Zeiterfassungspflicht einstellen.

Matthias Weckenmann
Diplom-Betriebswirt (DH)
Steuerberater

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