Mit Urteil vom 26.09.2025 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 206/24 entschied der BGH mit folgenden amtlichen Leitsätzen:
1.Zur Erstellung von Jahresabrechnungen ist die GdWE verpflichtet; als ausführendes Organ muss der bestellte Verwalter auch ausstehende Abrechnungen für Vorjahre erstellen.
2.Daneben kann auch der frühere Verwalter aus dem Verwaltervertrag weiterhin verpflichtet sein, die Jahresabrechnung zu erstellen, sofern die Pflicht der GdWE bereits während seiner Amtszeit entstanden ist.
3.Die Pflicht der GdWE zur Erstellung der Jahresabrechnung entsteht am 1. Januar des folgenden Kalenderjahres; der frühere Verwalter, dessen Amtszeit zum 31. Dezember des Vorjahres geendet hat, ist nicht zur Erstellung der Jahresabrechnung für das Vorjahr verpflichtet.
Der Fall
Die beklagte Ex-Verwalterin war bis 31.12.2022 zum Verwalter der klagenden GdWE bestellt. In der Eigentümerversammlung vom 08.12.2022 wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2023 eine neue Verwalterin bestellt. Die Klägerin nahm die Beklagte u.a. auf Rechnungslegung einschließlich der Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit an Eides statt sowie auf Erstellung der Jahresabrechnung 2022 in Anspruch. Zur Rechnungslegung und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wurde die Beklagte rechtskräftig verurteilt. Die Klage auf Erstellung der Jahresabrechnung scheiterte in allen drei Instanzen.
Die Entscheidung
Die Klage wurde abgewiesen. Der Ex-Verwalter war nicht zur Jahresabrechnung verpflichtet, da er am 1.1.2023 nicht mehr bestellt war und es zwischen ihm und der Klägerin auch keine vertraglichen Sondervereinbarungen gab. Der BGH entschied, dass die Pflicht zur Erstellung von Jahresabrechnungen nicht am 31.12. entsteht, sondern erst nach Ablauf des Kalenderjahres und folglich am 01.01. Da die Beklagte Silvester noch im Amt war, aber nicht Neujahr, muss sie die Jahresabrechnung 2022 nicht mehr erstellen. Denn anders als zur vorherigen Rechtslage sei die GdWE als rechtsfähige Person zur Erstellung von Jahresabrechnungen verpflichtet. Die GdWE handele durch den jeweils bestellten Verwalter als organschaftlichen Vertreter und intern zuständiges Verwaltungsorgan. Bei Entstehung der Abrechnungspflicht der GdWE am 01.01.2023 sei aber der neue Verwalter im Amt gewesen.
Zwar könne daneben, also zusätzlich, auch der frühere Verwalter aus dem Verwaltervertrag verpflichtet sein, die Jahresabrechnung zu erstellen. Dies habe aber zwei Voraussetzungen, und zwar zum einen, dass die Pflicht der GdWE bereits während seiner Amtszeit entstanden ist und zweitens, dass es eine entsprechende Verpflichtung im Verwaltervertrag gibt. An beiden Voraussetzungen fehlte es im Fall.
Fazit für den Verwalter
Nicht der Verwalter schuldet die Jahresabrechnung, sondern die GdWE. Diese handelt durch den bestellten (amtierenden) Verwalter. Da das Verwalteramt immer nur mit einem Amtsträger besetzt werden kann, ist ein früherer Verwalter nicht zum organschaftlichen Handeln für die GdWE in der Lage. Die Abrechnungspflicht der GdWE für das abgeschlossene Kalenderjahr beginnt am 01.01. des Folgejahres. Ein Verwalter, der das Amt zum 01.01. übernimmt, sollte sich erkundigen, ob weitere Vorjahre noch nicht abgerechnet sind. Falls dies der Fall sein sollte, kann er an die Vereinbarung einer Sondervergütung denken.
Der zum 31.12. aus dem Amt ausscheidende Verwalter schuldet die Jahresabrechnung für sein letztes Verwaltungsjahr nicht mehr, da die Pflicht der GdWE zur Abrechnung erst einen Tag nach seinem Amtszeitende entsteht. Entsprechendes wird für die Erstellung des Vermögensberichts (§ 28 Abs. 4 WEG) zu gelten haben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Ex-Verwalter entweder im Verwaltervertrag oder in einer sonstigen vertraglichen Vereinbarung die Erstellung trotz seines vorherigen Ausscheidens übernommen haben sollte. Wegen der aus der Privatautonomie folgenden Vertragsfreiheit ist eine derartige vertragliche Übernahme zulässig. Das bedarf jedoch einer klaren und eindeutigen vertraglichen Regelung. In der Praxis kommt es in Einzelfällen vor, dass der neue Verwalter sich ausdrücklich bereit erklärt, alle offenen Jahre abzurechnen, z.B., weil sein Vorgänger dies versäumte oder die GdWE aus einer Phase der mehrjährigen Verwalterlosigkeit kommt.
Unberührt bleibt die Pflicht zur Rechnungslegung auf den Stichtag. Der Ex-Verwalter, der mit Ablauf des Jahres aus dem Amt scheidet, muss auf den 31. Dezember die Gesamtabrechnung mit allen Einnahmen und Ausgaben und dazugehörigen Belegen liefern und außerdem die Forderungen und Verbindlichkeiten auflisten.
Bei einem unterjährigen Verwalterwechsel, also nach dem 01.01., bleibt der ausgeschiedene Verwalter zwar nicht organschaftlich, bei einer Vereinbarung im Verwaltervertrag aber infolge seiner vertraglichen Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung verpflichtet. Die organschaftliche Pflicht trifft den neuen Verwalter. In solchen Fällen kann und darf die GdWE beide Verwalter in Anspruch nehmen. Intern zuständiges Organ ist der neue Verwalter, der darüber entscheiden kann, ob er den Ex-Verwalter auf Leistung (Erstellung), Schadensersatz neben der Leistung oder Schadensersatz statt der Leistung in Anspruch nimmt. Zweckmäßig ist es, dass der Amtsinhaber hierzu eine Weisung der Wohnungseigentümer einholt.
Vorformulierte Verwalterverträge, die der gewerbsmäßige Verwalter verwendet und der GdWE vorgibt, unterliegen der AGB-Kontrolle. Vereinbarungen, wonach der Verwalter Jahresabrechnungen für Zeiträume vor dem Beginn seiner Tätigkeit nicht zu erstellen hat, dürften unwirksam sein.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan richtet sich gegen die GdWE, also weder gegen den amtierenden noch gegen den ausgeschiedenen Verwalter. Wird der Verwalter aufgefordert, eine ordnungsmäßige Jahresabrechnung vorzulegen, wird also in Wahrheit die GdWE aufgefordert. Vor Gericht ist darauf zu achten, nicht den Falschen zu verklagen.
Hat ein Wohnungseigentümer einen Beschluss über die Jahresabrechnung erfolgreich angefochten, wurde der Beschluss also rechtskräftig für ungültig erklärt, muss die GdWE eine korrigierte Jahresabrechnung erstellen. Intern zuständiges Organ ist der bestellte Verwalter. War die falsche Jahresabrechnung von einem Amtsvorgänger erstellt worden, hat er aus dem damaligen Verwaltervertrag die Jahresabrechnung nachzubessern bzw. neu zu erstellen, wenn die Pflicht der GdWE zur Abrechnung während seiner Amtszeit entstanden war.
Fazit für die Gemeinschaft
Zur Erstellung von Jahresabrechnungen ist die GdWE verpflichtet. Die Pflicht entsteht am 1. Januar des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Kalenderjahres. Der am 01.01. amtierende Verwalter muss ggf. die ausstehenden Abrechnungen für alle Vorjahre erstellen. Für zurückliegende Vorjahre bleibt der damals bestellte Ex-Verwalter ebenfalls zur Erstellung verpflichtet, sofern es eine dahingehende vertragliche Regelung im Verwaltervertrag gibt. Dies ist Auslegungsfrage.
Die neue Rechtslage gilt seit dem 1.12.2020, wirkte sich also erstmals am 1.1.2021 aus für die Erstellung der Jahresabrechnung 2020. Für ältere Jahresabrechnungen dürfte weiterhin die alte Rechtslage maßgeblich bleiben, was relevant werden kann, wenn beispielsweise infolge von früheren Gerichtsverfahren ein ganzer Schwung alter Jahresabrechnungen heute neu erstellt und beschlossen werden muss.
Von der Entstehung der Abrechnungspflicht ist deren Fälligkeit zu unterscheiden. Nach überwiegender, höchstrichterlich indes nach wie vor nicht geklärter Rechtsauffassung wird die Pflicht der GdWE zur Erstellung der Jahresabrechnung in der Regel am 30. Juni des dem Abrechnungszeitraum folgenden Jahres fällig. In seinem Urteil zur alten Rechtslage entschied der BGH ausdrücklich, dass die Fälligkeit nicht maßgeblich war für die Frage, welcher Verwalter die Jahresabrechnung schuldete. In dem neuen Urteil musste der BGH hierauf mit keiner Silbe eingehen, da sich die Frage seit dem mit dem WEMoG vollzogenen Paradigmenwechsel nicht mehr stellt. Schuldnerin ist die GdWE.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
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