Als Hauptursache für die Wachstumsschwäche nennt der IWF die zunehmende Unsicherheit in der globalen Handelspolitik. Besonders die neue Zollpolitik der US-Regierung unter Präsident Donald Trump belastet den Export. Die Ausfuhren nach Amerika seien stark rückläufig, während höhere Staatsausgaben und steigende Löhne den Effekt nur teilweise kompensieren könnten. Hinzu kommt eine wachsende Haushaltsbelastung: Das deutsche Defizit soll sich laut IWF um 0,8 Prozentpunkte erhöhen – vor allem wegen gestiegener Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung.
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) nutzte die IWF-Herbsttagung in Washington, um die neue Wachstumsagenda Deutschlands vorzustellen. Die Bundesregierung hat mit einem Infrastruktur-Sondervermögen von 500 Milliarden Euro und gelockerten Schuldenregeln den finanzpolitischen Spielraum stark ausgeweitet. Die Investitionsoffensive soll langfristig die Wettbewerbsfähigkeit stärken und private Investitionen anstoßen.
Kurzfristig zeigen sich diese Effekte jedoch noch nicht. Während die Staatsausgaben steigen, bleiben private Investitionen schwach. Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums wird die Konjunktur erst im weiteren Jahresverlauf allmählich anziehen. Der IWF mahnt Deutschland, die Wachstumsstrategie durch strukturelle Reformen zu ergänzen. Dazu zählen steuerliche Entlastungen für mittlere Einkommen, der Abbau umweltschädlicher Subventionen, eine Rentenreform mit Anpassung an die Lebenserwartung sowie eine Modernisierung des Sozialstaats.
Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland hinter Ländern wie Spanien zurück, das 2025 mit einem Wachstum von zwei Prozent rechnet. Insgesamt prognostiziert der IWF ein weltweites Wachstum von 3,1 Prozent für 2026, warnt jedoch vor anhaltend hoher Unsicherheit infolge protektionistischer Tendenzen. Die globale Wirtschaft befinde sich, so der IWF, in einer „neuen, fragmentierten Phase“, in der Handelskonflikte und Lieferkettenanpassungen die Stabilität weiter belasten.