Der VDIV Deutschland hatte den Mitgliedern der Landesverbände für den auf das Jahr 2022 verschobenen Zensus 2021 einen Musterbeschluss für die Mehrvergütung der beim Verwalter entstehenden Pflichten zur Verfügung gestellt, der bereits vielfach vorsorglich umgesetzt wurde. Auch ein Verwalter aus Baden-Württemberg hat von dem Musterbeschluss (in leicht abgewandelter Fassung) in einer Wohnungseigentümerversammlung im Juli 2020 Gebrauch gemacht. Dagegen richtete sich eine Beschlussanfechtungsklage eines Wohnungseigentümers. Daraufhin hat der VDIV Deutschland nun erfolgreich einen Musterprozess durchgeführt, um Rechtssicherheit zu erlangen.
Bereits mit dem Einberufungsschreiben wurde den Wohnungseigentümern der vorformulierte Beschluss, der wie folgt lautet, bekannt gegeben:
„Zur Abgeltung des Aufwandes zur Erfüllung der Auskunftspflichten für die Gebäude- und Wohnungszählung gem. Zensusgesetz 2021 (Zusammenstellung der Gebäudedaten, Übermittlung der Gebäudedaten an alle Wohnungseigentümer zum Zensusstichtag zwecks Übernahme in die Befragung durch das Statistische Landesamt, Bearbeitung der Bestandslisten, Übermittlung der Eigentümerlisten und deren Aktualisierung gegenüber dem Statistischen Landesamt, allgemeine Eigentümerinformation und Datenschutzinformation nach Artikel 13 DSGV) wird dem Verwalter der entstandene Zeitaufwand, mit der im Verwaltervertrag vereinbarten Stundenvergütung sowie seine Kostenauslagen erstattet. Diese Vergütung wird mit Erbringung der Leistung und deren Rechnungsstellung fällig. Die Verteilung der Vergütung erfolgt im Verhältnis der Wohnungseinheiten.“
In derselben Eigentümerversammlung wurde der Beschluss mit folgendem Zusatz versehen:
„Die Kosten hierfür, die der Verwalter abrechnen darf, werden auf maximal 3 Stunden begrenzt. Sollte der Zeitaufwand geringer ausfallen, ist weniger abzurechnen.“
Der klagende Wohnungseigentümer vertrat die Auffassung, der Beschluss sei nichtig, da er eine Kostenpflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründe, die nicht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern die Verwaltung des Sondereigentums beträfe.
Das Amtsgericht Göppingen bestätigt die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung für die jeweiligen Beschlussinhalte. Der Verwalter sei bei der Durchführung des Zensus 21 zum Tätigwerden verpflichtet. Er habe gem. §§ 24 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 2 ZensusG Angaben nicht nur bezüglich der sogenannten Gebäudedaten, vielmehr auch im Hinblick auf die sogenannten Hilfsmerkmale, d.h. die sogenannten Wohnungs- und Bewohnerdaten zu machen. Jedenfalls seien Gebäudedaten betroffen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen. Insoweit bedürfe es keiner Vereinbarung zwischen den jeweiligen Wohnungseigentümern und dem Verwalter, weitere Angaben machen zu dürfen. Ferner verpflichte § 24 Abs. 2 ZensusG den Verwalter, Angaben zu Namen und Anschrift der Wohnungseigentümer zu machen.
Im Ergebnis entstehe dadurch ohne Zweifel beim Verwalter ein Mehraufwand, der separat vergütet werden kann, was auch im Wege einer pauschalen „Entschädigung“ erfolgen könne. Erfreulicherweise bestätigt das Amtsgericht, dass die Tätigkeit beim Zensus 2021 ein sachlicher Grund für die Berechnung des beim Verwalter entstehenden Mehraufwandes darstellt. Die Vergütung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden soweit sie Bezug auf eine Kostenregelung in einem bestehenden Verwaltervertrag nimmt und eine Deckelung der Kosten vorgesehen ist. Damit seien die Maximalkosten für die Eigentümer kalkulierbar.
Die Verwalter werden das Urteil des Amtsgerichts Göppingen begrüßen. Zum einen trifft das Gericht mit überzeugender Begründung die Aussage, dass auch Tätigkeiten des Verwalters im Rahmen des Zensus, die funktional dem Sondereigentum zuzuordnen sind, Gegenstand der Beschlussfassung und Grundlage für eine Sondervergütung sein können. Zum anderen bestätigen die Ausführungen zur Angemessenheit der Vergütung die Überlegungen, die bei der Formulierung des Musterbeschlusses prägend waren.
Die Deckelung (hier begrenzt auf einen Zeitaufwand von 3 Stunden) mag für die meisten Verwalter eine erste Orientierungshilfe sein, um die Grenze der Angemessenheit nicht zu überschreiten. In Einzelfällen sollte aber ein höherer Zeitaufwand angesetzt werden, der der Größe des Wohnungseigentumsobjektes und der Komplexität der Struktur des Sondereigentums Rechnung trägt.
Das Urteil dürfte für die eine oder andere Wohnungseigentümergemeinschaft auch eine wertvolle und belastbare Argumentationsgrundlage für die Beschlussfassung über den Sonderaufwand sein.