11.08.2025 Ausgabe: 5/2025

5 Tipps zur Geltendmachung von Mängelrechten

Baumaßnahmen in Wohnungseigentumsanlagen zählen regelmäßig zu den größten Herausforderungen für Eigentümer, aber insbesondere auch für Immobilienverwaltungen. Die Anforderungen an ihr gutes Management steigen dabei mit dem Umfang der Baumaßnahme. Allerdings sind mit Abschluss der Baumaßnahme nicht alle Aufgaben erledigt. Die Rede ist vom Gewährleistungsmanagement.

Dabei sind drei wesentliche Konstellationen zu unterscheiden: das Gewährleistungsmanagement gegenüber dem Bauträger, die Gewährleistung bei Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum durch einzelne Eigentümer und die Gewährleistung bei Maßnahmen der Gemeinschaft.

In den ersten beiden Fällen bestehen keine unmittelbaren vertraglichen Ansprüche der Gemeinschaft gegen den Bauträger bzw. -unternehmer, da die Verträge lediglich zwischen den Eigentümern und den jeweiligen Unternehmern geschlossen werden. Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher ausschließlich auf den „Standardfall“ der Maßnahmen durch die Gemeinschaft.

1. Vertragsgestaltung und vertragliche Regelungen

Zuvorderst sollte der Blick zu jedem Zeitpunkt auf die vertraglichen Regelungen gerichtet sein. Das Werkvertragsrecht ist weitgehend vom Grundsatz der Privatautonomie bestimmt, sodass die Vertragsparteien in nahezu allen Bereichen vom Gesetz abweichende Regelungen treffen können.

An prominentester Stelle steht hierbei die Vereinbarung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B). Ihr grundsätzlicher Gedanke ist es, ein Regelungssystem „von Profis für Profis“ zu schaffen, mit den damit einhergehenden Vor- und Nachteilen bzw. besonderen Anforderungen an die Vertragsparteien.

Eine weitere Problemstellung in diesem Zusammenhang ist die Frage der Wirksamkeit vertraglicher Bestimmungen. Sollten hieran Zweifel bestehen (z. B. ist die Regelung des § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B gegenüber Verbrauchern unwirksam) oder ein Streit um die Wirksamkeit oder Bedeutung einer Vertragsklausel entstehen, ist die in aller Regel beste Vorgehensweise für die Verwaltung, Rechtsrat einzuholen.

Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte die Beauftragung auch kleiner Arbeiten immer schriftlich (Papier, Fax oder E-Mail) festgehalten werden. Bei größeren Maßnahmen ist zum Abschluss eines gesonderten Vertrages – nicht zur bloßen Annahme eines Angebots – unter Zuhilfenahme von Rechtsrat dringend zu raten.

2. Die Abnahme

Die Abnahme ist ein zentraler Aspekt des Gewährleistungsmanagements, da sie grundsätzlich Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelrechten ist. Auch wenn die Abnahme prinzipiell formfrei erfolgen kann, sollte ein Abnahmeprotokoll angefertigt werden.

Zu beachten ist, dass ein Werk gemäß § 640 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann als abgenommen gilt, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werkes eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat (sog. Abnahmefiktio ). Eine entsprechende Fristsetzung des Unternehmers sollten Verwaltungen auf keinen Fall unbedacht verstreichen lassen.

In Bezug auf die Abnahme sollten Verwaltungen, um eine Haftung zu vermeiden, ihre Kompetenz nicht fahrlässig überschätzen. Mit Urteil vom 16. Januar 2024, Az. V ZR 162/22, lässt der Bundesgerichtshof (BGH) anklingen, dass die Verwaltung sich in einem Schadensersatzprozess gegenüber der Gemeinschaft, insbesondere bei mit einem erheblichen Kostenrisiko verbundenen Maßnahmen, wohl nicht darauf berufen kann, dass sie aufgrund mangelnder Fachkunde Mängel eines Bauwerks bei der Abnahme nicht erkennen konnte. Sie müsse die Gemeinschaft insofern auf die fehlende Kompetenz hinweisen und die Hinzuziehung von Sonderfachleuten vorbereiten.

3. Verjährung

Die Verjährung von Mängelansprüchen ist gesetzlich in § 634a BGB geregelt. Abhängig von der Art der Werkleistung verjähren Mängelrechte grundsätzlich innerhalb von zwei, bei einem Bauwerk innerhalb von fünf Jahren ab der Abnahme. Eine Maßnahme bei einem Bauwerk liegt vor, wenn die Arbeiten für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Nutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und die eingebauten Teile mit dem Bauwerk fest verbunden werden. Wann dies bei Reparatur-, Erneuerungs-, Modernisierungs- und Umbauarbeiten an einem bestehenden Gebäude der Fall ist, kann im Einzelfall höchst umstritten sein. In Zweifelsfällen ist eine rechtzeitige Prüfung vor Fristablauf dringend anzuraten. Immobilienverwaltungen sollten die Arbeiten spätestens sechs Monate vor dem frühestmöglichen Verjährungsende – ggf. unter Hinzuziehung von Sonderfachleuten – untersuchen, um eine Beschlussfassung über die (verjährungshemmende) Geltendmachung von Mängeln rechtzeitig herbeiführen zu können. Zu berücksichtigen ist, dass ggf. zwei Beschlussfassungen notwendig sind: zum einen über die Beauftragung der Prüfung der Mängel, zum anderen über die tatsächliche Durchsetzung nach Vorliegen des Prüfergebnisses.

Die Vereinbarung abweichender Verjährungsfristen ist zulässig, insbesondere enthält § 13 Abs. 4 Nr. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Bei einer Baumaßnahme eine kürzere Frist als fünf Jahre zu vereinbaren, bedarf eines Beschlusses der Gemeinschaft. Ohne einen solchen Beschluss ist die Verwaltung nicht berechtigt, eine Verkürzung der Verjährungsfrist gemäß VOB/B (auf vier Jahre) vorzunehmen.

4. Das Mangelbeseitigungsverlangen

Gemäß §§ 634 ff. BGB kann zunächst grundsätzlich nur Nacherfüllung verlangt werden, wobei der Unternehmer die Wahl hat, ob er den Mangel beseitigt oder ein neues Werk erstellt. Ein Mangelbeseitigungsverlangen sollte den Mangel daher so genau beschreiben, dass er für den Unternehmer verständlich ist, allerdings niemals die Art der Nacherfüllung beinhalten. Da für die Geltendmachung der weiteren Mängelgewährleistungsrechte zudem der Ablauf einer Frist erforderlich ist, sollte dem Unternehmer in jedem Fall eine Frist (unter Angabe des Datums) gesetzt werden. Sie sollte so bemessen werden, dass der Unternehmer den Mangel in dieser Zeit beseitigen kann. Diese Fristsetzung und ihr erfolgloses Verstreichen ist zudem die grundsätzliche Voraussetzung dafür, dass der Unternehmer die (vorgerichtlichen) Kosten eines mit der Durchsetzung von Mängelrechten beauftragten Rechtsanwaltes übernehmen muss.

5. Rechtzeitige und umfassende Beschlussvorbereitung

Bei der Geltendmachung von Mängelrechten handelt es sich regelmäßig nicht um Maßnahmen untergeordneter Bedeutung gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Zwar kann es im Einzelfall sein, dass die Geltendmachung zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich ist (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG), sodass die Verwaltung auch ohne Beschluss entscheiden darf (sog. Notgeschäftsführung). Das ist in der Regel aber nur dann erforderlich, wenn dies zuvor (pflichtwidri ) versäumt wurde. Die rechtzeitige und umfassende Beschlussvorbereitung ist ein Kernelement des Gewährleistungsmanagements. Beschlüsse sollten insbesondere gefasst werden über die Hinzuziehung von Fachleuten

  • zur Vertragsgestaltung, insbesondere Rechtsanwälte,
  • zur Abnahme, insbesondere Architekten/ Bauingenieure,
  • zur Kontrolle der Arbeiten vor Verjährungseintritt, insbesondere Architekten/Bauingenieure,
  • zur Prüfung des Bestehens von Mängelrechten nach Entdeckung von Mängeln, Rechtsanwälte,

sowie über die Durchsetzung von Mängelrechten, sofern es sich nicht nur um kleine Maßnahmen handelt oder eine entsprechende Beschlussfassung gemäß § 27 Abs. 2 WEG erfolgt ist.

VDIV Aktuell Autor - Wolfgang Mattern
Mattern, Wolfgang

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, 
Steuerrecht, Wirtschaftsmediator, 
Kanzlei Mattern & Collegen, 
geschäftsführender Vorstand VDIV SH/HH/MVP

VDIV Aktuell Autor - Dr. jur. Benjamin Mattern
Mattern, Dr. jur. Benjamin

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, 
Kanzlei Mattern & Collegen Fachanwälte für Baurecht und WEG, 
Hamburg und Kiel
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