11.08.2025 Ausgabe: 5/2025

Aus einem Stück

Serielle Modernisierung – eine sinnvolle Lösung für Objekte in Eigentümergemeinschaften?

Wohnungseigentümergemeinschaften stehen in Deutschland immer häufiger vor der Frage, wie sie ihre Gebäude zu bezahlbaren Kosten sanieren. Die serielle Sanierung könnte hier eine Lösung sein. Aber lohnt sich das für Eigentümergemeinschaften wirklich?

Was lange blockiert war, wird jetzt möglich.

Lange Zeit verhinderten rechtliche Rahmenbedingungen sinnvolle Modernisierungen in Eigentümergemeinschaften – schon eine kleine Gruppe einzelner Verweigerer konnte Projekte stoppen. Mit der Gesetzesnovelle wurde dieser Bremsklotz gelockert. Die neue Entscheidungsfreiheit bringt allerdings auch Unsicherheit: Viele Gemeinschaften haben wegen der früheren Blockaden schlicht keine Rücklagen für größere Modernisierungen gebildet. Jetzt bremsen hohe Investitionskosten – und eine politische Großwetterlage, in der Förderbedingungen und Zinsen sich gefühlt täglich ändern – sie erneut aus.

Abwarten? Sicher keine gute Idee.

Stillhalten ist keine Lösung. Denn wer heute nicht handelt, riskiert morgen höhere Kosten. Ein Sanierungsrückstand wirkt sich über die Zeit exponentiell auf die Instandhaltungskosten aus – durch Folgeschäden an angrenzenden Bauteilen, ungeplante Reparaturen und den steigenden Energieverbrauch. Dabei wird oft übersehen: Während reine Instandsetzungen kaum förderfähig sind, gibt es für Modernisierungen finanzielle Unterstützung, und die Kosten lassen sich bei vermieteten Einheiten sogar auf die Miete umlegen.

Der erste Schritt: Bestandsaufnahme

Bevor man über konkrete Maßnahmen nachdenkt, sollte ein realistisches Bild des Gebäudezustands und des ggf. bestehenden Sanierungsbedarfs erstellt werden. Daraus lässt sich ein Fahrplan entwickeln, entweder für eine schrittweise Umsetzung oder, falls nötig, für eine ganzheitliche Modernisierung. Dieser strukturierte Ansatz hilft nicht nur, Doppelarbeiten und Schnittstellenkonflikte zu vermeiden, er macht auch die gezielte Nutzung von Fördermitteln einfacher. Beispielsweise bietet die KfW für serielle Sanierungen über das Programm Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) eine Zusatzförderung von 15 Prozent. Zusammen mit den Zuschüssen für Effizienzhäuser lassen sich so bis zu 45 Prozent der förderfähigen Kosten abdecken.

Was ist eigentlich eine serielle Sanierung?

Die Initiative kommt aus den Niederlanden und hat sich das Ziel gesetzt, Bestandsgebäude zum Net-Zero-Standard zu sanieren. Das bedeutet, dass Objekte durch die Modernisierung der Außenhülle und der technischen Ausstattung genug Energie mit Photovoltaik-Anlagen erzeugen, um den Heiz- und Strombedarf der Bewohner zu decken. Dazu werden bei der seriellen Sanierung Abläufe standardisiert und vor allem Wand- und Deckenmodule vorgefertigt, um die Baustellenzeit zu verkürzen. Positiver Nebeneffekt: Die Hausbewohner werden weniger beeinträchtigt, Mietminderungen fallen geringer aus und Vermieter können Mieterhöhungen schneller durchsetzen.

Am Anfang einer solchen Maßnahme steht eine detaillierte Gebäudeaufnahme per Laserscanner, aus der ein digitaler Zwilling des Objektes entsteht – eine präzise Planungsgrundlage, die später auch für weitere Maßnahmen nutzbar ist und somit kostensenkend wirkt. Auf dieser Basis werden komplette Fassaden- oder Dachelemente, inklusive Fenstern und z. B. Lüftungstechnik, industriell vorproduziert und auf der Baustelle nur noch montiert. Auch wenn aktuell viele dieser Fassaden in Holzoptik entstehen, ist prinzipiell jedes Fassadenfinish möglich. Auch ganze Heizzentralen können so vorgefertigt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Komplexität auf der Baustelle, schnellere Montage und geringerer Personalbedarf, was gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel ein riesiger Pluspunkt ist.

In der Produktion der Bauteile sichern standardisierte Prozesse die Qualität und mindern Mängel. Die eingesetzten Materialien sind zudem oft deutlich besser recycelbar, was seit der Verschärfung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zum 1. Januar 2024 wichtig ist, denn die Entsorgung wird teurer, Wiederverwendbarkeit zum Muss.

Und wie steht’s um die Wirtschaftlichkeit?

War die serielle Sanierung anfangs noch vergleichsweise teuer, hat sich das Blatt inzwischen gewendet: Dank Skaleneffekten, verbesserten Prozessen und gezielten Förderungen ist sie heute wirtschaftlich konkurrenzfähig, wenn man in Angeboten von Generalunternehmen die Kosten konventioneller und serieller Sanierung vergleicht.

Zwar sind serielle Maßnahmen im Vergleich zu konventionellen Lösungen mit Einzelvergabe noch etwas teurer. Dafür sind aber die geringere Komplexität, die Zeitersparnis, die gesicherte Qualität und das geringere Gewährleistungsrisiko bei Beauftragung eines Generalunternehmers mit einzurechnen. Durch stetige Weiterentwicklung erreichen Anbieter vereinzelt sogar bereits das Preisniveau konventioneller Modernisierungen.

Welche Gebäude eignen sich?

Grundsätzlich kommen Gebäude mit schlechter Energieeffizienz (Klassen E bis H) und einem erhöhten Instandhaltungsbedarf für serielle Sanierungen infrage. Standen bei den ersten Projekten noch einfache Bautypen im Fokus, sind Technik und Know-how inzwischen so weit, dass auch typische Nachkriegsbauten der 1950er- bis 1970er-Jahre mit Balkonen und Loggien oder Versprüngen problemlos seriell modernisiert werden können. Bei der hierzulande von der Deutschen Energie-Agentur (dena) unterstützten Initiative Energiesprong gibt es Leitfäden und Ansprechpartner für eine erste Einschätzung.

Fazit

Bei Sanierungsstau ist die serielle Sanierung für viele Eigentümergemeinschaften eine echte Chance mit vielfältigen Vorteilen: deutlich kürzere Bauzeiten, höhere Ausführungsqualität, geringere Folgekosten, hohe Planungs- und Kostensicherheit und eine gute Förderkulisse. Vor dem Hintergrund zunehmender Materialknappheit, steigender Anforderungen und des Fachkräftemangels wird diese Bauweise künftig an Bedeutung gewinnen. Insbesondere der Fachkräftemangel lässt erwarten, dass die serielle Modernisierung innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre deutlich günstiger sein wird. Wer heute klug plant, spart morgen nicht nur Geld, sondern sichert auch langfristig den Wert der Immobilie.

VDIV Aktuell Autor - Thomas Rolf Hermes
Hermes, Thomas Rolf

Geschäftsführer Eco-Bereich 
FRANK
www.frank.de