21.10.2024 Ausgabe: 7/24

Den Glasfaserausbau im Mehrfamilienhaus erleichtern

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Das Gigabitbüro des Bundes unterstützt die Immobilienwirtschaft mit Schulungen.

Bis 2023 soll jeder Haushalt in Deutschland über einen Glasfaseranschluss verfügen. Neben dem Ausbau vor der Tür geht es nun darum, Glasfaser bis in jedes Haus zu bringen. Der neue Standard für die digitale Versorgung von Immobilien heißt FTTH-Fiber to the home, also Glasfaser bis in jede Wohnung. Nur so kann sie ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten. Das Gigabitbüro des Bundes hat dazu eine kostenlose Schulung entwickelt, um insbesondere die Wohnungswirtschaft und Immobilienverwaltungen weiter für dieses wichtige Thema zu motivieren. Worum geht es dabei? Nachgefragt bei Sven Butler:

Herr Butler, was ist aus Ihrer Sicht die größte Hürde für den Ausbau von Glasfaser in Mehrparteiengebäuden?

Im Grunde gibt es nicht nur eine große Hürde. Die Komplexität und Herausforderung entsteht durch das Zusammenspiel mehrerer einzelner Faktoren. Erlauben Sie mir, drei typische Hürden aufzuzeigen: Da wäre zunächst die technische Komplexität. Die Verkabelung innerhalb eines Gebäudes kann technisch anspruchsvoll sein, insbesondere in älteren, in denen keine geeigneten Leerrohre vorhanden sind oder der Platz für neue Kabel begrenzt ist.

Es können rechtliche und regulatorische Hürden auftreten wie einzuhaltende Bauvorschriften oder die Notwendigkeit, Genehmigungen von örtlichen Behörden einzuholen. Auch die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft erweist sich oft als große Hürde, alle Eigentümer zu erreichen und mit Hausbewohnern richtig zu kommunizieren, um sie zu informieren und abzuholen. Genau hier setzen wir mit unserem Schulungsangebot an.

Ab wann geht Ihr Schulungsangebot an den Start? An wen ist es gerichtet und mit welchen Inhalten?

Unsere neue kostenlose Schulung mit dem Titel “Glasfaser-Gebäudenetze: Ausbaumodelle und Umsetzung des NE4-Ausbaus für Wohnungswirtschaft und Haus verwaltungen” ist ab sofort buchbar. Damit haben wir ein spezifisches Angebot für die Wohnungswirtschaft und Immobilienverwaltungen rund um den Ausbau der Netzebene 4 und Netzebene 5 (NE4 und NE5) entwickelt.

Die Schulung setzt thematische Schwerpunkte auf die Potenziale von Glasfaser-Gebäudenetzen, Ausbaumodelle, Kosten, Refinanzierung des NE4Ausbaus, rechtliche Rahmenbedingungen sowie die Perspektiven der Hausverwaltungen beim NE4-Ausbau. Sie vermittelt auch Tipps und Tricks aus der Praxis und bietet genug Raum zur Beantwortung von Fragen und zum Austausch zwischen den Teilnehmenden.

Interessierte können sich ganz einfach über unsere Website, per E-Mail oder telefonisch über unser Kontaktcenter für einen kostenlosen Schulungstermin anmelden. Ab einer Teilnehmerzahl von acht Personen bieten wir auf Anfrage auch individuelle Schulungen an. Neben der Schulung zur NE4 und NE5 umfasst unser Angebot ein breites Spektrum an Schulungen rund um wichtige Themen beim Glasfaser- und Mobilfunkausbau, von denen sich viele explizit an kommunale Vertreterinnen und Vertreter richten.

Das Vorgehen von Glasfaseranbietern führt häufig zu Problemen: Einige betrachte jeden Hauseingang für sich und fassen nicht alle Eingänge einer Eigentümergemeinschaft zusammen. Daher kommen sie mit ver- schiedenen Terminen auf die Verwaltungen zu, um den Leitungsverlauf festzulegen. Dieses Vorgehen ist für Immobilienver- waltungen sehr aufwendig. Wie lässt sich das aus Ihrer Sicht vereinfachen?

Immobilienverwaltungen können eine zentrale und koordinierende Rolle beim Glasfaserausbau in Mehrfamilienhäusern übernehmen und den Prozess in mehreren Bereichen maßgeblich unterstützen. Um die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft für den Ausbau zu sichern, können sie Eigentümerversammlungen organisieren und moderieren. Dabei können sie die Vorteile des Glasfaserausbaus erläutern und offene Fragen klären, um die Entscheidungsfndung zu erleichtern. Während der Bauarbeiten können Verwaltungen als Vermittler fungieren, um etwaige Probleme oder Beschwerden von Mietern sowie Eigentümern zu lösen und einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Durch diese unterstützenden Maßnahmen tragen Hausverwaltungen wesentlich dazu bei, den Glasfaserausbau zu beschleunigen und die Zusammenarbeit aller Beteiligten zu optimieren.

Ist langfristig auch ein Schulungsangebot für Glasfaseranbieter zu den Besonderheiten beim Ausbau in Mehrfamilienhäusern und Wohnungseigentümergemeinschaften  geplant? 

Die Besonderheit der Schulungen des Gigabitbüros des Bundes liegt darin, dass wir stets bestrebt sind, beide Seiten zu einem Thema zu schulen. Diese Unabhängigkeit von Einzelinteressen erlaubt es uns, den größtmög-lichen Effekt zu erzielen. Zwar wurde uns vonseiten der Glasfaseranbieter bisher kein Schulungsbedarf in diesem speziellen Bereich signalisiert, aber wir sind offen dafür und bereit, auch hier die entsprechende Zielgruppe zu schulen.

Immobilienverwaltungen stehen oft vor dem Problem, dass anbieterseitig nicht vorgesehen ist, eine Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartnerin aufzunehmen, weil häufig nur vom „Eigentümer“ die Rede ist. Welchen Lösungsansatz sehen Sie hier? Was kann die Politik tun? Was können Immobilienverwaltungen tun? 

Ungefähr die Hälfte des Mehrfamilienhausbestands in Deutschland ist privat verwaltetes Wohnungseigentum, sodass hier eine Vielzahl von Eigentümerinnen und Eigentümern, Wohnungseigentümergemeinschaften, größere Immobilienverwaltungen oder Wohnungsunternehmen involviert sein können. Diese Bandbreite möglichst homogen zu bedienen, stellt eine große Herausforderung für die ausbauenden Unternehmen dar. 

Eine möglichst transparente Sensibilisierung und Aufklärung zum Thema Glasfaser für Eigentümer, aber auch für die Mieter ist hier von enormer Bedeutung. Einige Immobilienverwaltungen setzen dies bereits um. Sie betrachten die Glasfaseranbindungen in den Wohnungen inzwischen genau wie Strom, Gas und Wasser als Basisinfrastruktur, die obligatorisch bereitgestellt werden muss.

Eine Maßnahme zur Vereinfachung wäre die Einführung von standardisierten Vertragsvorlagen, die speziell auf die Bedürfnisse von Eigentümergemeinschaften zugeschnitten sind. Diese Vorlagen könnten von zentraler Stelle entwickelt und den Anbietern zur Verfügung gestellt werden.

Wie lässt sich Ihrer Meinung nach die Akzeptanz der baulichen Maßnahmen in vermieteten Wohnungen steigern?

Ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz baulicher Maßnahmen bei Mietern ist transparente Kommunikation. Es ist essenziell, Hausbewohner auf dem ganzen Weg des Ausbaus mitzunehmen und über die einzelnen nötigen Schritte zu informieren. Dies kann sowohl über Aushänge und Informationsschreiben als auch per Einwurf oder E-Mail geschehen. Hierzu kann man auf eine Vielzahl von Vorlagen und Informationsmaterial zurückgreifen.

Wichtig dabei ist, die positiven Folgen der Baumaßnahmen überzeugend dazustellen. Ist das Verständnis für den Grund der Baumaßnahmen und die daraus resultierenden Vorteile für die Bewohnerinnen und Bewohner erst einmal gegeben, steigt die Akzeptanz, auch für etwaige Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen.

Welche Tipps und Tricks haben  Sie für den NE4-Ausbau? 

Ein perfekter Zeitpunkt, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, ist, wenn Telekommunikationsunternehmen ihre Glasfaserausbaupläne in der Region bekanntgeben. Dann ist es ratsam, aktiv auf sie zuzugehen und einen möglichen Ausbau der Netzebene 4 zu besprechen. Dabei sollte bereits im Vorfeld sichergestellt werden, dass alle Unterlagen zur Gebäudestruktur vorliegen. Zudem emp-fiehlt es sich, die notwendigen orbereitungen frühzeitig zu treffen, um gegebenenfalls erforderliche Beschlüsse für den Ausbau der Netzebene 4 zeitnah einholen zu können.

Welche Möglichkeiten gibt es, den  Glasfaseranschluss zu refinanzieren? 

Die Refinanzierung hängt davon ab, ob der Ausbau von einem Telekommunikationsunternehmen oder vom Gebäudeeigentümer direkt initiiert wird. Für beide Fälle gibt es verschiedene Modelle mit spezifischem Pro und Contra.

Gebäudeeigentümer können den Anschluss zum Beispiel durch Verpachtung oder eine Modernisierungs- umlage refinanzieren. Telekommunikationsunter- nehmen haben die Möglichkeit, die Refinanzierung durch das Glasfaserbereitstellungsentgelt oder über die Verträge mit Endkunden zu realisieren. Einige Eigentümer und Telekommunikationsunternehmen verhandeln aber auch individuelle Modelle zur Refinanzierung.

Zum technische Hintergrund: Die Glasfaseranbieter legen zwischen einer und vier Glasfaseradern in die Wohnungen. Wie viele sind aus Sicht des Gigabitbüros am zukunftsfähigsten? 

Im Idealfall wird jede Wohnung mit mehreren Fasern erschlossen. Über jede können einzelne Dienste, zum Beispiel Internet, IP-(Video-)Sprechanlage und smarte Hausmeisterdienste, übertragen werden. Zudem besteht mit mehreren Fasern grundsätzlich die Möglichkeit der Nutzung durch unterschiedliche Netzbetreiber (Open Access). Gängig sind vier Fasern. Darüber hinaus erhöht eine größere Anzahl von Fasern die Sicherheit und Nachhaltigkeit. Bei einem Defekt kann beispielsweise eine zweite Faser genutzt werden, ohne dass eine neue verlegt werden muss.

Christina, Bicking

Referentin Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
VDIV Deutschland

Butler, Sven

Leitung Gigabitbüros des Bundes
https://gigabitbuero.de/