16.09.2025 Ausgabe: 6/2025

Die auf einer von einem potenziell neuen Verwalter einberufenen Versammlung gefassten Beschlüsse sind nicht nichtig.

(LG Lüneburg, Urteil vom 4.3.2025 – Az. 9 S 28/24)

Das Thema

Gemäß § 24 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist die Versammlung der Wohnungseigentümer grundsätzlich vom Verwalter einzuberufen. Fehlt ein solcher oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung einzuberufen, kann diese auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden, § 24 Abs. 3 WEG. Ist weder ein Verwaltungsbeirat noch ein durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer vorhanden und lässt man die Möglichkeit der Vollversammlung außer Betracht, bleibt einzig der Weg, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, damit eine Versammlung abgehalten werden kann. Die Praxis neigt – auch aufgrund des langen Zeitablaufes, den das gerichtliche Verfahren in Anspruch nimmt – dazu, eine Versammlung abzuhalten, die durch einen Nichtberechtigten einberufen wird. Das Landgericht (LG) Lüneburg hat mit der nachfolgenden Entscheidung festgestellt, dass die Einberufung durch den potenziell neuen, aktuell noch nicht bestellten Verwalter nur zur Anfechtbarkeit, nicht aber zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führt.

Der Fall

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und greifen mit ihrer Klage die auf einer Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse nach Ablauf der Anfechtungsfrist mit der Begründung an, die Einberufung zur Versammlung sei durch einen Nichtberechtigten erfolgt, die gefassten Beschlüsse daher allesamt nichtig. Richtig ist, dass die Versammlung von der X-Verwaltung einberufen wurde, die erst in der Versammlung als neue Verwalterin bestellt werden sollte, was nicht geschehen ist. Die Klage hat keinen Erfolg. Die Anfechtung hat bereits aufgrund der verstrichenen Anfechtungsfrist nach § 45 WEG keinen Erfolg. Weiter sind die Beschlüsse auch nicht nichtig. Zwar war die X-Verwaltung zum Zeitpunkt der Einberufung noch nicht als Verwalterin der beklagten Gemeinschaft bestellt und damit zur Einberufung im Sinne von § 24 Abs. 1 bzw. Abs. 2 WEG nicht berechtigt. Die Nichtigkeit eines Beschlusses ist jedoch nur in Ausnahmefällen anzunehmen, was auch für den Fall einer Einberufung durch eine nicht im Sinne des § 24 WEG berechtigte Person gilt. Die X-Verwaltung sollte zur neuen Verwalterin der beklagten Gemeinschaft bestellt werden und war daher zumindest potenziell zur Einberufung berechtigt, was zur Anfechtbarkeit, nicht jedoch zur Nichtigkeit der Beschlüsse führt. Dieser Fall ist vergleichbar mit der Einberufung durch einen unwirksam bestellten oder abberufenen Verwalter, der ebenfalls potenziell zur Einberufung berechtigt ist. Weitere Teilnahme- und Mitwirkungsrechte der Eigentümer wurden nicht beschnitten, sodass es auch unter dem Schutzbedürfnis der Eigentümer – diese sollen nach längerem Zeitablauf auf den Bestand der Beschlüsse vertrauen dürfen – gerechtfertigt ist, keine Nichtigkeitsgründe anzunehmen.

VERWALTERSTRATEGIE

Die Entscheidung überzeugt. Die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse ist im Sinne der Praxis aufgrund eines Ein­berufungsfehlers erst dann anzunehmen, wenn ein offensichtlich Nichtberechtigter zu einer Versammlung einlädt; in diesem Fall liegt schon keine Versammlung im Sinne des § 23 WEG vor.

Geht die Ladung hingegen von einem sog. „potenziell Berechtigten“ aus – hierzu zählen Eigentümer, aber auch ein nicht mehr oder noch nicht bestellter Verwalter – sind die Beschlüsse lediglich anfechtbar. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Es besteht ein großes Interesse der Eigentümer zugunsten von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, dass die Nichtigkeit eines Beschlusses nur in Ausnahmefällen angenommen wird. Der Schutz der Eigentümer selbst ist hinreichend durch die Möglichkeit der Anfechtbarkeit gegeben.

VDIV Aktuell Autorin - Franziska Bordt
Bordt, Franziska

Selbstständige Rechtsanwältin, 
Vorstandsmitglied, Referentin Recht 
VDIV Bayern